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# taz.de -- Mindestlohn in der Pflege: Nichts geht mehr unter 7,50 Euro
> Arbeitgeber und Gewerkschaften einigen sich auf Mindestlöhne in der
> Pflege. Schwarz-Gelb will die neuen Pflege-Mindestlöhne zur Pflicht
> machen, weitere Branchen sollen folgen.
Bild: Blick aus dem Fenster: Morgendämmerung im Schlafzimmer.
Für rund 750.000 Altenpflegerinnen und Pfleger gelten künftig Mindestlöhne
von 7,50 Euro in Ostdeutschland und 8,50 Euro im Westen. Darauf haben sich
am Donnerstag die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaft Ver.di geeinigt.
Das bedeutet: Kein Betreiber von Pflegeheimen und ambulanten Diensten darf
seine Beschäftigten künftig schlechter bezahlen. Heute zahlen sie auch
Stundenlöhne von 6 oder 7 Euro.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat bereits angekündigt,
die neuen Mindestlöhne für allgemein verbindlich zu erklären. Weil
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ebenfalls zustimmt, dürfte es auch
im Bundeskabinett keine Probleme geben.
Die Untergrenze wird wahrscheinlich ab 1. Juli 2010 gelten. Nicht erfasst
sind Praktikanten, Hauswirtschaftshelfer und Demenzbetreuer. Zum 1. Januar
2012 und zum 1. Juli 2013 soll der Mindestlohn in zwei Stufen auf 8 Euro im
Osten und 9 Euro im Westen steigen.
Wo das Minimum liegen sollte, war in den Verhandlungen der vergangenen
Monate umstritten. Die Gewerkschaft Ver.di, die katholische Caritas und die
Arbeitnehmerseite der evangelischen Diakonie wollten es bei etwa 10 Euro
pro Stunde festlegen. Dagegen wandte sich aber der Arbeitgeberverband
Pflege ebenso wie die Arbeitgeberseite der Diakonie. Sie votierten für die
jetzt beschlossenen Mindestlöhne.
"Das ist ein großes Ärgernis", sagte Manfred Freyermuth, der für die
Beschäftigten der Diakonie verhandelte. Das Unternehmen Diakonie versuche,
den Lohn unter das Niveau des existierenden Tarifvertrags zu drücken, der
augenblicklich minimal 8,77 Euro pro Stunde vorsehe, so Freyermuth. Mit
großer Wahrscheinlichkeit wird die Pflege nicht die letzte Branche sein,
die in dieser Legislaturperiode einen Mindestlohn bekommt. So haben sich
die Unternehmen und Gewerkschaft des Wachschutzes bereits auf eine
Untergrenze geeinigt. Von der Leyen muss sie noch für allgemein verbindlich
erklären, was sie bereits ankündigte.
Auch bei der Post herrscht Bewegung. "Eine branchenweite Untergrenze für
den Lohn können wir uns vorstellen", sagt Rico Nelte, Geschäftsführer des
Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-NBZ), in dem sich
wichtige Konkurrenten der Post AG zusammengeschlossen haben. Den bisherigen
Mindestlohn, den vor allem Post und Ver.di ausgehandelt hatten (8,40 Euro),
hat das Bundesverwaltungsgericht für ungültig erklärt. Wie das
Sicherheitsgewerbe steht auch die Briefzustellung bereits im Entsendegesetz
aus Zeiten der Koalition aus Union und SPD. Die FDP, die Mindestlöhne
kritisch betrachtet, hat also wenig Handhabe.
Etwas anders sieht es bei der Zeitarbeit aus. Diese Branche ist nicht im
Entsendegesetz erwähnt. "Es gibt keinen Bedarf, daran etwas zu ändern",
sagt Heinrich Kolb, der sozialpolitische Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion. Andererseits drängen die großen Arbeitgeberverbände
der Zeitarbeit auf einen gemeinsamen Mindestlohn. Ministerin von der Leyen
hat durchblicken lassen, dass sie diese Lösung sympathisch fände.
Der Grund ist einfach: Ab dem 1. Mai 2011 dürfen Beschäftigte aus allen
EU-Ländern problemlos in Deutschland arbeiten. Damit wird die Konkurrenz
gerade in einfachen, ohnehin schlecht bezahlten Tätigkeiten stark zunehmen.
26 Mar 2010
## AUTOREN
Hannes Koch
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