# taz.de -- Anklage gegen Verena Becker: I Ging und Orakel | |
> Verena Becker soll sich spirituell mit dem Buback-Mord beschäftigt haben. | |
> Ihre einem Orakel gestellten Fragen gehen aus schriftlichen und digitalen | |
> Aufzeichnungen hervor. | |
Bild: Suchte Hilfe bei einem Orakel: Verena Becker. | |
STUTTGART taz | Einer der zentralen Punkte in der am Donnerstag verlesenen | |
Anklage ist der spirituelle Weg, den die Angeklagte Verena Becker | |
eingeschlagen hat. Mit einem Orakel und instinktivem Schreiben hat sich die | |
Beschuldigte offenbar mit dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt | |
Siegfried Buback auseinandergesetzt. "Kann ich jetzt mit euch zusammen | |
daran arbeiten, Licht in die Schatten der Vergangenheit zu bringen?" - "Ist | |
es etwas, das ich ihnen geben kann? Ist es mein Täterwissen?" Solche Fragen | |
habe die Angeklagte in einer sogenannten "I Ging"-Befragung im März 2009 in | |
Bezug auf den Mord gestellt. | |
Ihre einem Orakel gestellten Fragen gehen aus mehreren schriftlichen und | |
digitalen Aufzeichnungen hervor, die bei einer Hausdurchsuchung | |
beschlagnahmt wurden. | |
Bereits bei ihrer Begnadigung 1989 habe sie mit dem damaligen | |
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vereinbart, nach ihrer Freilassung | |
eine Ausbildung zur Heilpraktikerin zu machen. Schon während dieser | |
Ausbildung sei sie den spirituellen Weg gegangen, sagte sie im August 2009 | |
beim Ermittlungsrichter aus. | |
Weiter heißt es in der Anklageschrift, dass Becker die Tat eingestanden und | |
dabei zum Ausdruck gebracht habe, dass sie immer noch keine Reue empfinde. | |
In einem handschriftlichen Vermerk heißt es: "Nein, ich weiß noch nicht, | |
wie ich für Herrn Buback beten soll, ich habe kein wirkliches Gefühl für | |
Schuld und Reue. Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen - aber ist | |
das nicht armselig so zu denken und zu fühlen?! Das ist nicht Heilung, das | |
scheint noch ein weiter Weg zu sein." | |
Gegenüber den Ermittlern hatte Becker betont, es habe sich um "instinktives | |
Schreiben" gehandelt und sei generell auf die gesamte RAF-Zeit bezogen. Mit | |
Buback sei Michael Buback gemeint. Der Sohn von Siegfried Buback und sie | |
hätten "spirituell" einen Kontakt, "den es zu heilen gilt". Sie habe einen | |
Brief an Buback verfasst, diesen aber nicht abgeschickt. | |
Michael Buback zeigte sich von alldem relativ unberührt. "Ich habe mich | |
auch mit Frau Becker beschäftigt", sagte er. Er habe versucht, sich in sie | |
hineinzuversetzen. "Insofern besteht schon eine gewisse Beziehung. Ich | |
würde sie aber nicht spirituell nennen." Zu einem möglichen Treffen sagte | |
Buback nach der Sitzung im Gerichtssaal: "Ich kann mir das nicht so gut | |
vorstellen. Hier ist der Platz." Würde sich Becker aber an ihn wenden, | |
werde er selbstverständlich Stellung beziehen. | |
30 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
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