# taz.de -- Folgen der Katastrophe im Golf von Mexiko: Darf's ein bisschen Öl … | |
> Sieben Monate nach der Katastrophe sind die Fischerboote wieder im Golf | |
> von Mexiko unterwegs. Eine Studie zeigt, wo ein Teil des Öls geblieben | |
> ist. Die Gefahr ist nicht vorüber. | |
Bild: Garnelenfang: Fast überall im Golf von Mexiko dürfen Fischer ihre Netze… | |
Die Deepwater Horizon verschwand vor genau sieben Monaten im Meer. Zwei | |
Tage lang brannte sie, bevor sie am 22. April in den Golf von Mexiko sank. | |
Mit ihrem Untergang strömten geschätzte 780 Millionen Liter Rohöl ins Meer. | |
Bilder von wabernden Ölteppichen und schwarz verschmierten Pelikanen gingen | |
um die Welt. | |
Mittlerweile sind die Bilder verschwunden – und die Ölteppiche an der | |
Wasseroberfläche auch. Was ist mit dem Öl passiert? Eine Antwort darauf | |
liefert eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern des Dauphin Island Sea | |
Lab in Alabama. "Jeder macht ein Riesending um die Frage, wo das Öl | |
geblieben ist", sagt William Graham, Plankton-Experte und Hauptautor der | |
Studie, die im November in einer [1][amerikanischen Fachzeitschrift] | |
veröffentlicht wurde. Sie folgten nicht-giftigen Bestandteilen des Öls auf | |
eine Reise durch das Ökosystem des Meeres. | |
"Der Kohlenstoff des Öls ist in das Nahrungsnetz übergegangen", heißt es in | |
der Veröffentlichung im Environmental Research Letters. Graham und seine | |
Kollegen untersuchten den Anteil der verschiedenen Arten von Kohlenstoff in | |
Kleinstlebewesen und Plankton, mikroskopisch kleinen Organismen, die im | |
Wasser leben. Die Ergebnisse zeigen, so Graham: "Die Mikroben eilten zur | |
Rettung." | |
Die Macher der Studie betonen, dass die Ergebnisse nichts darüber | |
aussagten, ob das Plankton, die Fische, die sich davon ernährten, oder die | |
Menschen, die Fisch essen, einem besonderen Risiko ausgesetzt seien oder | |
nicht. Die Studie zeigt lediglich den Weg des Kohlenstoffes aus der Ölpest | |
durch die Nahrungskette. | |
Ein Risiko durch das Öl für die Menschen schließt die zuständige US-Behörde | |
für Ozeanographie (NOAA) offenbar für weite Teile des ölverpesteten Gebiets | |
aus. Am vergangenen Montag öffnete sie knapp 22.000 Quadratkilometer des | |
Golf von Mexiko wieder für kommerzielle und private Fischerei. Die | |
Ergebnisse der chemischen Analysen verschiedener Meerestiere, darunter | |
Garnelen und Thunfisch, lägen "deutlich unterhalb der Schwelle der | |
Besorgnis", schreibt die NOAA in einem Bulletin. | |
Damit sind nur noch knapp 3.000 Quadratkilometer des Areals um die | |
gesunkene Ölplattform für die Fischindustrie gesperrt. Miyoko Sakashita | |
würde ihre Angel jedoch nicht in der Region auswerfen. "Ich wäre sehr | |
beunruhigt über die Gifte im Fisch", sagte die Leiterin der Ozeansektion | |
beim "[2][Center for Biological Diversity]" gegenüber taz.de. Das Institut | |
ist eine amerikanische Non-Profit-Umweltschutzorganisation. | |
Sakashita sorgt sich sieben Monate nach der Katastrophe weniger um den | |
Verbleib des Kohlenstoffs, als vielmehr um die giftigen Bestandteile des | |
Rohöls aus der Deepwater Horizon, die in das Ökosystems geflossen sind. Und | |
die Chemikalien, die eingesetzt wurden, um die Ölteppiche zu zersetzen. | |
"Studien zeigen, dass zersetztes Öl für Fische giftig ist. Sowohl für die | |
Eier als auch für die Larve und die ausgewachsenen Lebewesen", so | |
Sakashita. | |
Alle Lebewesen im Golf von Mexiko könnten diesem zersetzen Öl nach wie vor | |
ausgesetzt sein, warnt die Umweltschützerin und erinnert an eine andere | |
Katastrophe: Der Öltanker Exxon Valdez hatte 1989 eine Ölpest vor Alaska | |
ausgelöst, nachdem er auf ein Riff aufgelaufen war. "Das ausgelaufene Öl | |
der Exxon Valdez hat mit zum Zusammenbruch der Hering-Population geführt, | |
die dem Öl während der Laichzeit ausgesetzt waren", so Sakashita. "Die | |
Population muss sich noch heute von der Katastrophe erholen." | |
Auch deshalb drängten Umweltschutzorganisation in den USA darauf, das | |
Fangverbot im Gebiet um die Deepwater Horizon noch länger aufrecht zu | |
erhalten. Nur so hätten die verschiedenen Tierarten die Chance, robustere | |
Populationen zu bilden, um die negativen Folgen der Ölkatastrophe zu | |
überstehen. Doch an der Fischindustrie hängen viele Arbeitsplätze. | |
Und mögen die ungiftigen Bestandteile des Rohöls fast verschwunden sein, | |
das Öl selbst ist es noch nicht. Diverse Studien, etwa vom "[3][Woods Hole | |
Oceanographic Institution]", einem privaten Non-Profit-Institut zeigen, | |
dass immer noch Öl aus dem Leck der Deepwater Horizon in Schwaden unterhalb | |
der Meeresoberfläche wabern könnte. Andere Wissenschaftler entdeckten | |
wiederum sterbende Korallenriffe. Als Ursache wird auch hier das Öl | |
vermutet. | |
Doch diese Nachrichten erreichen nur noch die wenigsten Menschen. "Die | |
Öffentlichkeit, die Medien und die Politiker sind des Themas überdrüssig | |
geworden", bedauert Sakashita. Doch die Auswirkungen von 780 Millionen | |
Liter ausgelaufenem Öl werden das Ökosystem im Golf von Mexiko noch lange | |
begleiten. (Mit Material von dapd) | |
22 Nov 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://iopscience.iop.org/1748-9326/5/4/045301 | |
[2] http://www.biologicaldiversity.org/ | |
[3] http://www.whoi.edu/ | |
## AUTOREN | |
Rieke Havertz | |
## TAGS | |
Kanada | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Naturkatastrophe droht: Ölfrachter im Nordpazifik abgetrieben | |
Ein Schiff mit hunderten Tonnen Treibstoff treibt vor der kanadischen | |
Küste. Die Küstenwache will es abschleppen – doch ob das klappt, ist | |
angesichts einer Sturmwarnung unklar. | |
Deepwater Horizon: Käptn Scheer gegen den Energieriesen | |
Vor zwei Jahren explodierte die "Deepwater Horizon". Am Montag beginnt der | |
Prozess gegen BP, der klären soll wer für die Katastrophe verantwortlich | |
ist. | |
US-Regierung lässt die Tiefsee anzapfen: Es darf wieder gebohrt werden | |
Es geht rund 2.000 Meter tief: Die USA erlauben erneut riskante Ölsuche im | |
Golf von Mexiko. Die Langzeitfolgen der Ölpest sind völlig unklar. | |
"Deepwater-Horizon"-Katastrophe: Nach der Pest ist vor der Pest | |
Die Ölpest im Golf von Mexiko könnte sich jederzeit wiederholen, warnt ein | |
Bericht der US-Regierung. Die Ursache waren demnach Schlampereien und | |
Sparvorgaben | |
USA lockern Bohrverbot für Golf von Mexiko: Bohr wieder, Baby! | |
Für 13 Konzerne geht die Ölsuche im Golf von Mexiko weiter: Die | |
US-Regierung hat ihnen erlaubt, die Tiefsee-Bohrungen wieder aufzunehmen. | |
Neue Pläne zum Umweltschutz brauchen sie nicht. | |
Ölpest im Golf von Mexiko: BP erkauft sich Klageverzicht | |
Mit 5.000 Dollar Einmalzahlungen erkauft sich BP das Schweigen von | |
Geschädigten der Ölpest. Unternehmen erhalten 25.000 Dollar, wenn sie nicht | |
klagen. Kritiker warnen vor dem Angebot. | |
Bericht zur Deepwater-Horizon-Katastrophe: BP hat nicht aus Profitgier gehandelt | |
Der Bericht einer US-Regierungskommission zur Ölpest im Golf von Mexiko | |
folgt der Darstellung von BP: Die Ursache für den Unfall sei nicht | |
Proftigier gewesen. | |
Ölpest im Golf von Mexiko: Der Zement im Bohrloch war instabil | |
BP-Partner Halliburton hat zugegeben, dass die Mischung für das Bohrloch in | |
letzter Minute geändert wurde. Dieser instabile Zement könnte maßgeblich | |
zur Katastrophe beigetragen haben. | |
Nach der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko: Verschärfte Auflagen für Öl | |
Konsequenz aus der Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon: Die | |
US-Regierung will Ölsuche nur noch erlauben, wenn Umweltauswirkungen | |
untersucht sind. |