# taz.de -- US-Regierung lässt die Tiefsee anzapfen: Es darf wieder gebohrt we… | |
> Es geht rund 2.000 Meter tief: Die USA erlauben erneut riskante Ölsuche | |
> im Golf von Mexiko. Die Langzeitfolgen der Ölpest sind völlig unklar. | |
Bild: Die Folgen der im April 2010 untergegangenen Ölplattform Deepwater Horiz… | |
BERLIN taz | Nach der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko im vergangenen Jahr | |
hat die zuständige US-Behörde wieder eine Tiefseebohrung in der Region | |
genehmigt: Das US-Unternehmen Noble Energy darf seine Bohrungen 110 | |
Kilometer vor der Küste Louisianas fortsetzen. Im Juni 2010 hatte es die | |
Arbeiten in rund 2.000 Metern Tiefe aufgrund eines Moratoriums der | |
US-Regierung ausgesetzt. | |
Die Aufsichtsbehörde BOEMRE teilte mit, die Firma habe "erfolgreich | |
bewiesen", dass sie das Öl sicher zu Tage fördern könne. Noble Energy sei | |
in der Lage, eine Unter-Wasser-Explosion unter Kontrolle zu bekommen, | |
sollte sie eintreten. Nach der Explosion der von BP betriebenen | |
Öl-Plattform "Deepwater Horizon" hat die Behörde bereits 37 Bohrungen in | |
flacheren Gewässern genehmigt. | |
Die US-Regierung hatte Anfang Januar grundsätzlich grünes Licht für | |
Tiefseebohrungen gegeben. Die Unternehmen müssen sich an verschärfte | |
Auflagen halten. "Wir haben unablässig daran gearbeitet, den Unternehmen zu | |
helfen die neuen, strengen Sicherheitsvorkehrungen umzusetzen", erklärte | |
die US-Kontrollbehörde. | |
Die Langzeitfolgen der Ölpest vom vorigen Jahr sind unterdessen noch völlig | |
unklar. Damals setzte BP Millionen Liter des chemischen Mittels Corexit | |
ein, um das Erdöl auf der Wasseroberfläche aufzulösen - angeblich sollten | |
es Bakterien so schneller abbauen können. Die Chemikalie selbst befindet | |
sich allerdings noch im Wasser. | |
Das ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie von Forschern der University | |
of California in Santa Barbara. Die Toxizitätswerte der Chemikalie lägen | |
mindestens 1.000-mal über dem Wert dessen, was gewöhnlich als gefährlich | |
angesehen werde, teilten die Forscher mit. "Die Tiefsee ist ein sensibles | |
Ökosystem, das einen derartigen chemischen Eingriff nicht gewohnt ist. Es | |
gibt in dieser kalten, dunklen Welt eine Menge, das wir nicht verstehen", | |
sagt der Forscher David Valentine. | |
Auch über den Verbleib des restlichen Öls herrscht weiter Unklarheit. BP | |
hatte vor Kurzem in einer Facebook-Fragerunde bestätigt, dass es seine | |
Aktivitäten auf die Strände und Wasseroberfläche beschränkt. Greenpeace | |
kritisiert diese oberflächlichen Säuberungsaktionen: "Die Regierung und BP | |
möchte uns glauben machen, dass das gesamte Öl verschwunden ist. Dabei kann | |
niemand über mehr als ein Fünftel der fünf Millionen ausgelaufenen Barrel | |
sichere Angaben machen", sagt Greenpeace-Aktivist Dan Howell. Für | |
gesicherte Aussagen über die Langzeitfolgen des ausgelaufenen Öls und der | |
eingesetzten Chemikalien sei es noch zu früh, die Auswertung der | |
Untersuchungen werde noch Jahre brauchen. | |
Das Lösungsmittel sollte ursprünglich bewirken, dass das Erdöl zum | |
Meeresboden sinkt und zerkleinert wird. Es sollte so angreifbarer für | |
Mikroorganismen werden, die sich von Öl ernähren. BP hatte nach der Havarie | |
nahezu die gesamten Weltvorräte der Chemikalie Corexit 9500 aufgekauft und | |
rund drei Millionen Liter davon in eineinhalb Kilometer Tiefe direkt in die | |
Wolke aus Erdöl injiziert. Auch auf der Wasseroberfläche wurde das Mittel | |
versprüht. | |
Durch diesen in der Geschichte der Erdölkatastrophen einmalig | |
weitreichenden Einsatz eines Verdünnungsmittels gelang es dem Unternehmen, | |
das wahre Ausmaß der Katastrophe zu verschleiern. So war die Ölmenge, die | |
letztlich die Meeresoberfläche und Strände erreichte im Verhältnis zum | |
ausströmenden Öl sehr gering. | |
1 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
N. M. Bust-Bartels | |
E. Schneider | |
## TAGS | |
Rohstoffe | |
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