# taz.de -- "Deepwater-Horizon"-Katastrophe: Nach der Pest ist vor der Pest | |
> Die Ölpest im Golf von Mexiko könnte sich jederzeit wiederholen, warnt | |
> ein Bericht der US-Regierung. Die Ursache waren demnach Schlampereien und | |
> Sparvorgaben | |
Bild: Vom Öl leben, um jeden Preis: Der Hut eines Ölarbeiters hat sich im sch… | |
WASHINGTON taz | Jetzt ist es amtlich: Die Ölpest im Golf von Mexiko könnte | |
sich jederzeit wiederholen und beruhte auf Schlamperei der beteiligten | |
Unternehmen und Behörden. Das belegt ein Bericht, den eine | |
Expertenkommission auf Druck von US-Präsident Barack Obama erstellt hat. | |
Demnach nahmen die an der Katastrophen-Ölplattform "Deepwater Horizon" | |
beteiligten Konzerne BP, Transocean, Halliburton und andere Subunternehmen | |
bewusst Risiken in Kauf, um Zeit und Geld zu sparen und so ihre Gewinne zu | |
steigern. | |
"Hauptursache des Ausbruchs war das Versagen des Industriemanagements", so | |
der Bericht der siebenköpfigen Kommission. Die Bohrpartner hätten sich | |
untereinander nicht genügend verständigt, und in den Chefetagen der Firmen | |
habe niemand adäquat reagiert, als sich die größte Umweltkatastrophe in der | |
Geschichte der USA anbahnte. | |
Sie begann mit der Explosion der "Deepwater Horizon" am 20. April | |
vergangenen Jahres vor der Küste von Louisiana. 780 Millionen Liter Rohöl | |
traten ins Wasser aus. Erst sechs Monate später, am 19. September, konnte | |
das Loch am Meeresboden des Golfes von Mexiko endgültig versiegelt werden. | |
Zuvor gab es zahlreiche Fehlversuche. | |
Den kompletten Bericht will die Regierung erst kommende Woche | |
veröffentlichen. Lediglich ein Kapitel wurde vorab bekannt. Darin warnt die | |
Kommission davor, dass das Unglück sich wiederholen könnte, wenn sich nicht | |
einiges ändert. "Ein besseres Management bei BP, Halliburton und Transocean | |
hätte mit ziemlicher Sicherheit die Explosion verhindert, indem die | |
beteiligten Individuen besser ausgebildet gewesen wären, Risiken zu | |
erkennen und richtig einzuschätzen, sie zu kommunizieren und darauf zu | |
reagieren", heißt es. | |
BP hatte die Ölplattform von Transocean geleast, Halliburton war für das | |
Versiegeln des Bohrlochs verantwortlich. In einer in der New York Times | |
zitierten Erklärung unterstrich BP, dass in dem Expertenbericht keinem | |
einzelnen Unternehmen besondere Schuld zugewiesen wird. Der Ölmulti | |
betonte, dass er bereits Schritte unternommen habe, um die in dem Bericht | |
aufgezeigten Probleme zu beseitigen. | |
Insgesamt hebt die Expertise neun Fehltritte hervor, die den Firmen halfen, | |
Geld und Zeit zu sparen - obwohl es weniger riskante Alternativen gegeben | |
hätte. So seien etwa nicht genügend Vorrichtungen zur Stabilisierung des | |
Bohrlochs installiert worden. Auch hätten Verantwortliche nicht auf die | |
Ergebnisse von Tests des Materials zur Verschließung des Bohrlochs gewartet | |
und Resultate von Drucktests kurz vor der Katastrophe ignoriert. | |
"Diese Katastrophe wäre wahrscheinlich nicht geschehen, wenn die | |
verantwortlichen Unternehmen von dem eindeutigen Bekenntnis zu ,Sicherheit | |
geht vor' geleitet worden wären", sagte einer der Vorsitzenden der | |
Kommission, Floridas Exsenator Bob Graham. "Und es wäre vermutlich nicht | |
passiert, wenn die zuständigen Regierungsstellen die Fähigkeit und den | |
Willen gehabt hätten, Weltklasse-Sicherheitsstandards einzufordern." | |
Stattdessen hätten sie Genehmigungen durchgewunken und die Aktivitäten auf | |
der Ölbohrplattform ungenügend kontrolliert. | |
Anfang dieser Woche war bekannt geworden, dass die US-Regierung 13 | |
Unternehmen wieder im Golf von Mexiko nach Öl bohren lassen will, die ihre | |
Bohrungen im vergangenen Frühjahr wegen der Umweltkatastrophe stoppen | |
mussten. Die Firmen sollen dafür keine neuen Genehmigungsverfahren | |
durchlaufen müssen. | |
6 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deepwater Horizon: Tiefer und tiefer | |
Vor einem Jahr explodierte die Ölplattform im Golf von Mexiko. Die | |
Umweltschäden bestimmen bis heute den Alltag. Und die Ölkonzerne bohren | |
wieder. | |
US-Regierung lässt die Tiefsee anzapfen: Es darf wieder gebohrt werden | |
Es geht rund 2.000 Meter tief: Die USA erlauben erneut riskante Ölsuche im | |
Golf von Mexiko. Die Langzeitfolgen der Ölpest sind völlig unklar. | |
Öl-Lobby in den USA: Sexpartys im Ölsumpf | |
Da scheint auch Obama machtlos: Die Ölindustrie pflegt noch immer ein | |
inniges Verhältnis zur Washingtoner Politik. Trotz der Katastrophe vor der | |
Küste Louisianas. | |
Kommentar über neue Ölbohrungen: Beweis für Reformunfähigkeit | |
Das Desaster für Küstenfischerei und Umwelt nach der Ölkatastrophe ist | |
vergessen. Die US-Regierung ist eingeknickt, denn die Welt braucht Öl. | |
USA lockern Bohrverbot für Golf von Mexiko: Bohr wieder, Baby! | |
Für 13 Konzerne geht die Ölsuche im Golf von Mexiko weiter: Die | |
US-Regierung hat ihnen erlaubt, die Tiefsee-Bohrungen wieder aufzunehmen. | |
Neue Pläne zum Umweltschutz brauchen sie nicht. | |
Folgen der Katastrophe im Golf von Mexiko: Darf's ein bisschen Öl sein? | |
Sieben Monate nach der Katastrophe sind die Fischerboote wieder im Golf von | |
Mexiko unterwegs. Eine Studie zeigt, wo ein Teil des Öls geblieben ist. Die | |
Gefahr ist nicht vorüber. |