# taz.de -- Vergabe der Fußball-WM: Neue Märkte in Russland und Katar | |
> Die Fifa vergibt ihre Weltmeisterschaft 2018 nach Russland, für 2022 an | |
> das Emirat Katar. Eine turbulente Woche endet für den Weltverband in fast | |
> vollendeter Glückseligkeit. | |
Bild: Der Gastgeber für die Fußball-WM 2022 steht fest und in Katar wird geju… | |
BERLIN taz | "Lassen Sie uns gemeinsam Geschichte schreiben!" Russlands | |
stellvertretender Ministerpräsident Igor Schuwalow bekam den Weltpokal von | |
Sepp Blatter, dem Präsidenten des Internationalen Fußballverbands, | |
überreicht und freute sich einfach nur. 2018 wird die Fußball-WM in seinem | |
Land stattfinden. Dann flossen Tränen bei Mohammed Bin Hammam, dem Chef des | |
Fußballverbandes von Katar. "Danke, dass sie uns vertrauen", hauchte er ins | |
Mikrofon. Das Emirat wird die WM 2022 beherbergen. | |
Eine halbe Stunde länger als geplant saßen die 22 Männer der Fifa-Regierung | |
zusammen. Dann verkündete ein sichtlich gut gelaunter Blatter das Ergebnis | |
der Abstimmung im Exekutiv-Komitee. "Ein großer Tag" sei das gewesen , | |
sagte der Fifa-Präsident und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass alle | |
Bewerber, auch die unterlegenen, in ihren Präsentationen festgestellt | |
hätten, dass Fußball mehr ist als als nur ein Spiel. | |
Er suhlte sich in der Bedeutung, die dem Fußball zugewiesen wurde. | |
Regierungschefs, Minister, der aktuelle und ein ehemaliger US-Präsident sie | |
alle vermittelten den Eindruck, ohne Fußball sei sozialer Fortschritt, sei | |
Frieden auf der Welt nicht zu erreichen. In der Tat, es war ein großer Tag | |
nicht nur für Russland und Katar, es war ein großer Tag für die Fifa. | |
Bei der hatte es zu Wochenbeginn noch heftig gekriselt, als bekannt wurde, | |
wie korrupt die Exekutiv-Mitglieder Ricardo Teixeira, Jack Warner, Nicolas | |
Leoz und Issa Hayatou wirklich sind. War da was? Nur einer ist gestern | |
eingegangen auf die Veröffentlichungen zum Thema Korruption. Angel Maria | |
Llona, der Präsident des spanischen Fußballverbands, der die gemeinsame | |
Bewerbung seines Landes mit Portugal bewarb, sprach von "Verleumdungen" und | |
umarmte verbal alle seine Kollegen, die mit ihm in der Fifa-Exekutive | |
sitzen. "Die Fifa ist eine saubere Organisation. Sie arbeitet ehrlich für | |
den Fußball und für die Welt", sagte er. Geholfen hat es seiner Bewerbung | |
letztlich nicht. | |
Die Exekutive war vielmehr von den russischen Versprechungen beeindruckt. | |
Vitali Mutko, Russlands Sportminister, der auch Chef des Fußballverbands | |
des Landes ist, versprach der Fifa Einnahmen in nie gekannter Höhe. 1 | |
Milliarde US-Dollar an Sponsorengeldern seien im Land für die olympischen | |
Winterspiele in Sotschi 2014 aufgetrieben worden. Die Fifa sei in dieser | |
Hinsicht ebenso gut aufgehoben in Russland. Und: "Die WM bietet der Fifa | |
den Zugang zu neuen Märkten", wie der Chef des Bewerbungskomitees Alexej | |
Sorokin sagte. Es wird sich also lohnen. | |
Das wird Sepp Blatter freuen, dessen Stimme den letztlich den Ausschlag | |
gegeben hat für den Sieg der russischen Bewerbung, die Sportminister Mutko | |
mit dem Fall der Mauer verglich. Ein großer Tag eben. | |
Nun wird der Stadionbau angegangen werden. 16 Stadien in 13 Städten | |
verteilt über den gesamten europäischen Teil Russlands sollen entstehen und | |
Gäste aus aller Welt beherbergen. Die sollen visafrei einreisen können, das | |
hat die Regierung zugesagt und damit mehr versprochen als alle anderen | |
Kandidaten. | |
Fans aus aller Welt sollen vier Jahre später dann nach Katar kommen. Der | |
Bewerber aus dem Nahen Osten hat versprochen, bis dahin genug Unterkünfte | |
für die Fußballtouristen zur Verfügung stellen zu können. Damit wurde die | |
Kritik der Fifa gekontert, die das Emirat in ihren Evaluationsbericht wegen | |
der fehlenden touristischen Infrastruktur als schwach bezeichnet hatte. Nun | |
werden klimatisierte Stadien entstehen, in denen die sommerliche Hitze | |
nicht zu spüren sein soll. Photovoltaikkraftwerke an jeder Arena sollen der | |
WM zur Klimaneutralität verhelfen. | |
Und sozial ist das ganze auch noch. Nach der WM werden die riesigen | |
Stadien, in dem Land, in dem auf 10.000 Quadratkilometern nur etwas mehr | |
als 1 Million Menschen leben, nicht mehr gebraucht. Katar will die Stadien | |
dann abreißen und in Entwicklungsländern wieder aufbauen. Die Fifa hat sich | |
schon in Südafrika als größte Entwicklungshilfeorganistation der Welt | |
geriert. Diese Show geht weiter, weil Fußball, ja genau, mehr sein soll als | |
nur ein Spiel. | |
Die unterlegenen Bewerber, Spanien/Portugal, Belgien/Niederlande, England, | |
die USA, Japan Südkorea und Australien wurden von Sepp Blatter vor dem | |
abschließenden Gruppenbild mit Weltpokal noch einmal gelobt. Sie bekamen | |
eine Urkunde und sollen die Niederlage sportlich fair nehmen. | |
Das kann Blatter nur hoffen. Denn ganz regulär war das Wahlgremium nicht | |
besetzt. In den Fifa-Statuten ist festgelegt, dass das Exekutiv-Komitee aus | |
24 Mitgliedern bestehen muss. Nach der Suspendierung der bestechlichen | |
Mitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) wählten in | |
Zürich aber nur 22 Männer. Unterlegene Kandidaten könnten nun die Wahl | |
anfechten. Sepp Blatter fände dies gewiss unfair. | |
2 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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