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# taz.de -- Bin Hammam verzichtet auf Fifa-Kandidatur: Alles ziemlich schmuddel…
> Nach Bestechungsvorwürfen tritt Mohammed bin Hammam nun doch nicht bei
> der Fifa-Präsidentenwahl an. Damit ist der Weg frei für eine weitere
> Amtszeit von Sepp Blatter.
Bild: Cold as ice: bin Hammam auf dem Weg zur Fifa-Anhörung am Sonntag.
Mohammed bin Hammam, der am Mittwoch gegen den amtierenden Fifa-Präsidenten
Joseph Blatter antreten wollte, hat gestern seine Kandidatur zurückgezogen.
"Ich kann nicht zulassen, dass das Ansehen der Fifa wegen des Wettbewerbs
zwischen zwei Einzelpersonen mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird",
sagte bin Hammam wenige Stunden vor der Anhörung durch die Ethikkommission
des Fußball-Weltverbands, bei der es unter anderem um Bestechungsvorwürfe
gegen ihn geht.
"Das Spiel und die Menschen, die es auf der ganzen Welt lieben, müssen an
erster Stelle kommen", so bin Hammam weiter, dem bei der Abstimmung am
Mittwoch in Zürich ohnehin keine reellen Chancen mehr eingeräumt worden
waren.
Dem Präsidenten des Fußballverbands von Katar wird vorgeworfen, Mitgliedern
der Karibischen Fußballunion 40.000 Dollar geboten zu haben, wenn sie bei
der Wahl für ihn votierten. Gegen zwei karibische Funktionäre sowie gegen
den nord- und zentralamerikanischen Fußball-Konföderation,
Fifa-Vizepräsident Jack Warner, sind deshalb ebenfalls Verfahren
eingeleitet worden.
Damit steht der Wiederwahl Blatters eigentlich nichts mehr im Wege. Es sei
denn, Warner macht seine Drohung gegen den 75-jährigen Blatter wahr: Die
Welt müsse sich auf pikante Enthüllungen gefasst machen, hatte er
angekündigt. "In den nächsten Tagen wird man einen Fußball-Tsunami erleben,
der die Fifa und die Welt treffen und schockieren wird", sagte er. Blatter
soll von Bestechungen innerhalb der Fifa gewusst haben.
Laut Times hat sich nun sogar der britische Premierminister David Cameron
in die Debatte eingemischt. Er soll die Geschäfte der Fifa als "ziemlich
schmuddelig" bezeichnet und die Verschiebung der Wahl gefordert haben.
Blatter gilt in England als Schurke, seit das Land im vergangenen November
bei der Vergabe der WM 2018 kläglich scheiterte: England landete mit 2 von
22 Stimmen auf den letzten Platz.
## Sepp Blatter: Persona non grata in England
Die Engländer witterten Korruption. David Triesman, der frühere Präsident
der Football Association (FA), berichtete vor einem Parlamentsausschuss von
vier konkreten Fällen, in denen Fifa-Exekutivmitglieder Gegenleistungen für
ihre Stimmen verlangt haben sollen. In England wurde Blatter schnell als
Sündenbock ausgemacht, weil er sein Versprechen gebrochen habe, sich für
die Vergabe der Weltmeisterschaft nach England starkzumachen.
Die Engländer rächten sich für Blatters Verrat – und strichen ihn von der
Gästeliste der königlichen Hochzeit von Prinz William mit Kate Middleton.
Blatter habe fest mit einer Einladung gerechnet, höhnte das Boulevardblatt
Sun, aber William sei über die Vergabe der WM an Russland tief enttäuscht
gewesen.
Die nächste Abfuhr holte sich Blatter bei Boris Johnson. Der Londoner
Bürgermeister hatte ihn und andere Fifa-Exekutivmitglieder für die
Olympischen Spielen im kommenden Jahr ins Luxushotel Dorchester eingeladen,
vor der WM-Vergabe gut Wetter für England zu machen.
Es nützte nichts. Blatter habe nach seinem Englandbesuch moniert, dass
Englands Rivalen "eine Menge schöner Frauen" vor ihm tanzen ließen, während
die Engländer ihm lediglich moderne Stadien zeigten, schrieb die Daily
Mail. Johnson lud die gesamte Fifa-Entourage wieder aus, und ein Funktionär
sagte: "Von mir aus können die in einer Pension in der Old Kent Road
übernachten und die Rechnung selber zahlen." Die Old Kent Road ist die
billigste Straße beim Monopoly-Spiel.
In der FA geht allerdings offenbar auch nicht alles mit rechten Dingen zu.
Im April ist herausgekommen, dass der Verband Agenten nach Zürich geschickt
hat, die vor der WM-Vergabe die Konkurrenz ausspionieren sollten und sich
im Hotel unter die Delegationen mischten.
Der englische Staatsekretär für Sport, Hugh Robertson, ignorierte das
geflissentlich und forderte eine Reform der Fifa, so wie auch das
Internationale Olympische Komitee nach dem Bestechungsskandal um die
Vergabe der Winterolympiade an Salt Lake City reformiert worden sei. Die
Sun meldete sogar, dass Robertson angedroht habe, aus der Fifa auszutreten,
falls das nicht geschehe.
Sowohl Blatter als auch bin Hammam hatten Reformen zugesagt. Dem einen
glauben die Engländer nicht, der andere tritt nun gar nicht erst an.
England wird sich am Mittwoch der Stimme enthalten, falls der von Warner
angekündigte "Tsunami" die Wahl nicht ohnehin wegfegt.
29 May 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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