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# taz.de -- Wahl des Fifa-Präsidenten: Blatter bleibt
> Noch einmal vier Jahre Joseph Blatter: Der 75-Jährige ist als Präsident
> des Fußball-Weltverbandes Fifa wiedergewählt worden. Daran konnten auch
> hartnäckige Korruptionsvorwürfe nichts ändern.
Bild: Ohne Gegenkandidat, ohne Gegenwehr: Joseph Blatter bleibt Fifa-Präsident.
ZÜRICH dpa | Trotz der schwersten Krise während seines Regiments hat sich
Präsident Joseph Blatter die Macht im Fußball-Weltverband erhalten und
radikale Reformen zur Rettung der taumelnden Fifa präsentiert. Bei der
geheimen Abstimmung auf dem Kongress am Mittwoch stimmte eine
überwältigende Mehrheit von 186 der 203 abstimmenden Delegierten für eine
weitere Amtszeit des 75 Jahre alten Fifa-Präsidenten aus der Schweiz.
Der hatte zuvor längst überfällige Veränderungen angekündigt, um die Fifa
vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. So soll in Zukunft nicht mehr das
skandalumtoste Exekutivkomitee über die WM-Vergaben abstimmen, sondern alle
Mitgliedsverbände beim Kongress. Zudem dürfen bei Korruptions- und
Bestechungsvorwürfen erstmals auch externe Experten dabei helfen, in der
Fifa aufzuräumen.
Dass das dringend nötig ist, sieht auch der neue und alte Präsident
mittlerweile ein. "Ich bin ein Kapitän in turbulenten Zeiten. Wir haben
Schläge eingesteckt und ich persönlich einige Ohrfeigen, die Verwarnung hat
gut getan", sagte Blatter in seiner mit Spannung erwarteten Grundsatzrede.
Der Antrag seiner englischen Kritiker, die Wahl des Präsidenten zu
verschieben, war zuvor mit klarer Mehrheit abgeschmettert worden. Der
erneuten Inthronisierung des angeschlagenen Königs stand nichts mehr im
Weg.
## Schiff in Schieflage
Um 18.03 Uhr verkündete Fifa-Vize Julio Grondona das Ergebnis der geheimen
Wahl durch die 206 stimmberechtigten Verbände, von denen 203 ihre Stimme
abgaben. Die Verbände aus Brunei-Darussalam sowie São Tomé und Príncipe
durften nicht mit abstimmen.
Mit einem flammenden Appell hatte Blatter das Auditorium beschworen, ihm
wieder das Vertrauen auszusprechen. "Unser Schiff ist in Schieflage
geraten, vielleicht hat es sogar etwas Wasser. Wir müssen alles daran
setzen, dass wir auf Kurs bleiben und der Präsident ist dafür bereit",
sagte er in seiner kämpferischen Ansprache. Auf dem riesigen Podium im
Hallenstadion auf dem Züricher Messegelände wirkte der kleine Walliser fast
ein wenig verloren, doch lange nicht mehr so angespannt wie noch in den
vergangenen Tagen, als er eine Pressekonferenz erbost abbrach und nach
hitzigen Diskussionen mit Journalisten aus dem Saal stürmte.
All die Vorwürfe der Korruption gegen seine Person, gegen hochrangige
Mitglieder des Exekutivkomitees, all die Gerüchte um Bestechung bei der
Vergabe der WM 2022 an Katar hatten wie Bleigewichte auf den Schultern des
kleinen Mannes gelastet. Kritik von Sponsoren, der Öffentlichkeit, einigen
Regierungen und die Rufe nach einer kompletten personellen Erneuerung in
der schlimmsten Krise der 107-jährigen Fifa-Geschichte hatten Blatter
geschwächt.
## Kein Hinterzimmer-Gemauschel
Am zweiten Kongresstag aber präsentierte sich der ehemalige Mittelstürmer
entschlossen und überraschte endlich mit dem einen oder anderen
Reformvorschlag. "Ich möchte, dass in Zukunft die Organisation der WM vom
Kongress der Fifa beschlossen wird", sagte er. Also nicht mehr im obskuren
Hinterzimmer-Gemauschel des 24-köpfigen Exekutivkomitees, das immer wieder
von Korruptionsvorwürfen erschüttert wird und deren Mitglieder Mohamed bin
Hammam und Jack Warner zuletzt vorläufig suspendiert wurden. "Es geht jetzt
darum, radikale Schritte zu unternehmen und nicht nur kleine kosmetische
Verbesserungen", sagte Blatter.
Weitere Punkte auf der Blatterschen Reformagenda: im Kampf gegen Korruption
und Bestechung eine "Lösungskommission", eine Art Rat der Weisen mit
Experten aus verschiedenen Bereichen. "Es soll ein Fifa-Komitee sein, aber
der Vorsitzende kann natürlich auch externe Berater hinzuziehen", sagte
Blatter. Das neue Gremium soll sobald wie möglich "untersuchen, was bei der
Fifa passiert ist".
Einer echten externen Untersuchungskommission, wie sie das Internationale
Olympische Komitee nach dem 1998 bekanntgewordenen Skandal um die Vergabe
der Olympischen Winterspiele an Salt Lake City 2002 ins Leben gerufen hatte
und wie sie der dänische Verbandspräsident Allan Hansen in einem
Redebeitrag forderte, versperrt sich Blatter allerdings noch.
## "Sepp verpiss dich, keiner vermisst dich"
Auch die zuletzt wegen der nicht enden wollenden Korruptionsanschuldigungen
überarbeitete Ethikkommission soll "gestärkt werden". Das Gremium wird nach
dem Willen des Fifa-Chefs zweigeteilt in eine "Art Staatsanwaltschaft, die
Untersuchungen einleiten kann" und "ein Gericht, das genauso arbeitet wie
jedes andere Gericht auf der Welt auch", erklärte Blatter. "Die
Ethikkommission hat von der Null-Toleranz gesprochen. Aber reicht es,
darüber zu sprechen? Nein, es müssen Taten folgen", rief Blatter in das
Auditorium. "Es muss ein für allemal Schluss sein mit diesen hässlichen
Kritiken, der Ruf von uns allen steht auf dem Spiel."
Die kleine Gruppe der Demonstranten vor dem Gebäude hatte sich da längst
verzogen. Im strömenden Regen hatte etwa ein Dutzend Menschen am Morgen
Transparente in die Höhe gehalten mit der Aufschrift "Play fair Fifa" oder
"Rote Karte für die Fifa". Auf einem kleinen Plakat stand: "Sepp verpiss
dich, keiner vermisst dich." Am späten Nachmittag war die Gruppe weg,
Sieger Sepp aber noch da.
1 Jun 2011
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