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# taz.de -- Atommüll nach Russland: Castoren nach Majak? Njet!
> Erfolg für die Anti-Atom-Bewegung: Hochradioaktive Brennelemente aus
> Ahaus werden vorerst nicht in die russische Atomanlage transportiert. Die
> Betonung liegt auf vorerst.
Bild: Ist ein Licht aufgegangen: Umweltminister Norbert Röttgen.
BOCHUM taz | Zumindest vorläufig genehmigt Bundesumweltminister Norbert
Röttgen den umstrittenen Export von 951 hochradioaktiven Brennelementen
nach Russland nicht. Der für die Atomaufsicht zuständige Christdemokrat
sagte am Montag in Bonn, das Atomkombinat Majak als Ziel der geplanten
Castor-Transporte sei eine militärische Anlage. Die Wiederaufbereitung sei
nicht in Betrieb. Die im Atomgesetz vorgeschriebene "schadlose Verwertung"
des strahlenden Materials könne deshalb nicht garantiert werden.
Offen ließ Röttgen aber, ob Majak nicht doch irgendwann zum Endlager für
deutschen Atommüll werden soll: "Zunächst endgültig" sei seine
Entscheidung, so der Minister. Definitiv ausschließen wollte er künftige
Transporte nicht. Bis sich diese Frage erneut stelle, werde es "wohl Jahre
dauern", sagte Röttgen.
Doch auch die vorläufige Absage ist ein großer Erfolg für die
Anti-Atom-Bewegung. Russische und deutsche Atomkraftgegner hatten über
Monate gewarnt, Majak habe durch eine ganze Serie von Unfällen mehr
Radioaktivität freigesetzt als die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.
Ähnlich argumentiert auch die Gesellschaft für Reaktorsicherheit in einem
von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen [1][Gutachten, das die taz am
Donnerstag veröffentlicht hatte]: Etwa 500.000 Menschen seien verstrahlt,
25.000 Quadratkilometer kontaminiert worden. Noch heute dienten Gewässer in
der Umgebung des einstigen sowjetischen Atomkombinats "de facto als
Endlager".
Grüne wie die Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl und die
nordrhein-westfälische Parteichefin Monika Düker begrüßten Röttgens
Entscheidung. "Unverständlich" bleibe, warum Röttgens Ministerium Monate
brauchte, um die "Irrsinns-Transporte" abzusagen, kritisierte der
Atom-Experte der Umweltorganisation Greenpeace, Tobias Münchmeyer.
Atommüllexporte in ein "ökologisches Katastrophengebiet" seien "nicht
verantwortbar". Als Vertretung von Anwohnern der Atomanlage hatten
russische Umweltschützer bereits Klagen vor deutschen Verwaltungsgerichten
vorbereitet.
Eine Sprecherin Röttgens bemühte sich dennoch um Gesichtswahrung: Der
internationale Protest von Umweltschützern habe keine Rolle gespielt - die
Entscheidung sei "einzig nach Recht und Gesetz getroffen" worden, hieß es
aus Berlin.
"Die Reißleine gezogen" habe Röttgen nur, weil allein für Montagabend
Proteste in über 50 deutschen Städten angekündigt sind, glaubt dagegen
Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Die 951 Brennelemente, die ursprünglich aus dem ehemaligen
DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden stammen, lagern seit 2005 im
Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen. Neben diesen 18 Castoren sind
dort derzeit 305 Behälter mit dem Atommüll des einstigen
Thorium-Hochtemperaturreaktors im westfälischen Hamm untergestellt, der
1988 nach dem Austritt von Strahlung vom Netz genommen werden musste.
Außerdem ist der Transport von 152 Castoren mit hochradioaktivem Müll aus
dem ehemaligen Kernforschungszentrum Jülich beantragt.
In Ahaus werden die Anti-Atom-Proteste deshalb weitergehen: Die für den
kommenden Sonntag geplante Demonstration wird nicht abgesagt. "Die
Atomkraftwerke müssen stillgelegt werden", sagt Matthias Eickhoff von der
Initiative Sofortiger Atomausstieg : "Wir warnen Minister Röttgen davor,
sich doch noch eine Hintertür für Atomtransporte nach Russland offen zu
halten."
6 Dec 2010
## LINKS
[1] /fileadmin/static/pdf/gutachten_grs.pdf
## AUTOREN
Andreas Wyputta
Andreas Wyputta
## TAGS
Atomenergie
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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