Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ergebnisse der neuen Pisa-Studie: Krass gut gelesen
> Bei der aktuellen Pisa-Studie hat sich Deutschland leicht verbessert und
> ist jetzt Mittelmaß. Zu verdanken ist das den Einwandererkindern, die
> beim Lesen stark aufgeholt haben
Bild: Im Land der Gebrüder Grimm ist die hundertprozentige Lesefähigkeit alle…
Deutsche Schüler sind nun Mittelmaß. Wie der OECD-Schülerleistungsvergleich
Pisa zeigt, sind die Leseleistungen deutscher Schüler neun Jahre nach dem
Pisa-Schock auf einem durchschnittlichen Niveau angekommen. In Mathe und
Naturwissenschaften bestätigen deutsche Schüler ihre leicht
überdurchschnittlichen Leistungen.
Die nunmehr vierte Pisa-Studie wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt. Da
der Schwerpunkt wie 2001 auf den Lesefähigkeiten 15-jähriger Schüler lag,
konnten die Wissenschaftler um den Pisa-Koordinator Eckhard Klieme vom
Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung erstmals
vergleichen, was sich seitdem bewegt hat.
Die erste Pisa-Studie weckte die Deutschen aus dem Bildungsschlaf. Damals
wurden sie mit der Tatsache konfrontiert, dass die Nachfahren der Brüder
Grimm insgesamt nicht einmal mäßig lesen konnten und jeder Vierte die
Märchenbücher intellektuell nicht erfasste - die sogenannten Risikoschüler.
Dass Deutschland neun Jahre später im Bereich Lesen das Durchschnittsniveau
erreicht hat, liegt ausschließlich daran, dass sich die Lesefähigkeiten der
schwächsten Leser verbesserten. Und unter denen machten wiederum nur jene
Fortschritte, deren Eltern beide aus dem Ausland stammen. "Man kann sagen,
dass der Schwund der Risikogruppe dem Aufstieg der Migranten zu verdanken
ist", sagte Klieme der taz. Dies sei überraschend gewesen.
Worauf die Fortschritte beruhen, können die Pisa-Forscher nicht
beantworten. Sicher ist: Das Handeln der Bildungsminister von Bund und
Ländern kann noch keinen entscheidenden Einfluss haben. Erst im vergangen
Jahr beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK) eine gemeinsame
Förderstrategie für lernschwache Schüler. Bereits 2003 einigen sich die
Länder darauf, Vorschulkinder mit von Haus aus schlechten
Deutschkenntnissen früh zu fördern. Doch waren die Kinder, die von der
Kita-Sprachförderung profitierten, für die Pisa-Tests noch zu jung.
Dennoch sparten Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und der
KMK-Vorsitzende Ludwig Spaenle (CSU) nicht an Eigenlob. Deutschland habe
seine Aufgaben gemacht und sei auf einem guten Weg in die Bildungsrepublik.
Nach wie vor bestehen aber deutliche Unterschiede in den Leseleistungen von
Deutschen ausländischer Herkunft und urdeutschen Schülern. Der Abstand
zwischen ihnen beträgt mehr als ein Jahr Lernzeit oder, in der Währung der
OECD ausgedrückt, 56 Pisapunkte.
Auch die soziale Herkunft bestimmt Lernerfolge deutscher Schüler weiterhin
stark. So haben Kinder, die eine Schule in einem günstigen Umfeld besuchen,
mehr als zwei Jahre Wissensvorsprung vor Kindern, die in einem ungünstigen
Umfeld beschult werden. Ursache ist jedoch nicht die geografische Lage der
Schule, sondern die für Deutschland spezifische Zuweisung von Kindern auf
verschiedene Schulformen. Das bedeutet für Hauptschüler etwa, dass sie nach
der Grundschule viel weniger hinzulernen als Gymnasiasten, die Hauptschulen
wiederum befinden sich meistens dort, wo ihre Schüler wohnen - im sozialen
Brennpunkt. "In Schulen, die von den 10 Prozent schwächsten Schülern
besucht werden, ist guter Unterricht schwierig", erklärte Petra Stanat,
Direktorin des Instituts für Qualitätssicherung in Berlin und Mitautorin
der deutschen Pisa-Bilanz, der taz. "Es ist richtig, dass diese sogenannten
Restschulen nun nach und nach mit anderen zusammengeführt werden."
Wie die OECD-Studie zeigt, sind integrative Schulsysteme sowohl gerechter
als auch erfolgreicher. Die OECD-Spitzenreiter Südkorea und Finnland
bringen nicht nur erfolgreiche Schüler hervor. Dort gelingt es auch, die
Abstände zwischen guten und schlechten Schülern und den Einfluss des
Elternhauses gering zu halten. Dagegen zeige sich in Schulsystemen mit
verschiedenen Bildungszweigen: "Je früher die erste Aufteilung auf die
jeweiligen Zweige erfolgt, desto größer sind bei den 15-Jährigen die
Leistungsunterschiede nach sozioökonomischem Hintergrund." Die
Gesamtleistung steige deswegen jedoch nicht.
7 Dec 2010
## AUTOREN
Anna Lehmann
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ergebnis der neuen Pisa-Studie: Migrantenkinder auf Aufholjagd
Schüler mit Migrationshintergrund haben beim Lesen einen großen Sprung nach
vorn gemacht. In den Schulen werden sie inzwischen besser gefördert.
Männer in Kitas: "Ich hätte gern mehr"
Früher hat sich niemand dafür interessiert, dass fast nur Frauen in Kitas
arbeiten. Heute wollen alle, dass es mehr Erzieher gibt. Kristina Schröder
startet jetzt ein Modellprogramm.
Asiatische Pisa-Sieger: Reflektierter Fleiß mit Kameras
Schanghai, Südkorea, Hongkong, Singapur: Vier von fünf Pisa-Siegern 2009
kommen aus Asien, sie büffeln härter und länger. Aber sie tun es auch
intelligenter.
Kommentar Pisa-Studie: Chancengleichheit lohnt sich
Die Deutschen sollten sich daran gewöhnen, Vielfalt als bereichernd zu
empfinden. Das bringt bessere Ergebnisse. Deshalb sollten alle bis zur
zehnten Klasse gemeinsam lernen.
Bremen im Jahre neun nach Pisa: "Eine Schule für alle"
Bremen fiel bei Pisa durch. Es folgten Reformen, die eine "Reparatur am
fahrenden Auto" waren. In einer Schule gelang das Kunststück. Dort wird
kein Kind nach unten durchgereicht.
Schulexpertin über neue Pisa-Studie: "Die Lesekompetenz stagniert"
Nächste Woche wird die neue Pisa-Studie veröffentlicht. Vor neun Jahren
waren die Ergebnisse miserabel. Ein Fiasko droht auch jetzt, glaubt die
GEW-Vizevorsitzende Marianne Demmer.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.