# taz.de -- Beiträge zur Krankenversicherung: Privat versicherten Joblosen feh… | |
> Ausweglos: 157 Euro Schulden häufen privat versicherte Bezieher von | |
> Arbeitslosengeld II jeden Monat an. 6.000 Menschen sind betroffen. | |
Bild: Keine Lösung in Sicht: Privatversicherte ALG II-Bezieher geraten immer w… | |
Es ist ein Problem, für das die Politik seit zwei Jahren keine Lösung hat: | |
Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II), die in der privaten | |
Krankenversicherung (PKV) sind, häufen jeden Monat 157 Euro Schulden an. | |
Eigentlich bezahlt das Jobcenter die Beiträge zur privaten wie auch zur | |
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Doch per Gesetz ist festgelegt, | |
dass pro Person und Monat nur rund 131 Euro an die Kassen fließen. Die GKV | |
begnügt sich damit, "obwohl wir monatlich für jeden Versicherten | |
durchschnittlich 278 Euro ausgeben, also eine Lücke von knapp 147 Euro | |
haben", sagt Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands. Die PKV jedoch | |
fordert mehr: Dort müssen die Versicherten die Hälfte des Basistarifs | |
zahlen: monatlich 288 Euro. | |
Das Problem ist durch eine Gesetzesänderung Anfang 2009 entstanden. Um die | |
GKV vor Belastungen zu schützen, können ALG-II-Bezieher, die unmittelbar | |
vor ihrer Arbeitslosigkeit privat versichert waren, nicht mehr in die GKV | |
wechseln. Die Folge: Bei rund 6.000 privat versicherten Arbeitslosen häuft | |
sich jeden Monat ein beträchtlicher Schuldenberg an. | |
Die PKV darf den Versicherten zwar weder kündigen noch Leistungen | |
verweigern. Doch sobald die Betroffenen nicht mehr arbeitslos sind, müssen | |
sie die Schulden zurückbezahlen. Können sie das nicht, kann die PKV | |
entscheiden, ihnen nur noch eine Notfallversicherung zu gewähren. | |
"Es darf nicht sein, dass der Gesetzgeber die Leute in die Schulden | |
treibt", sagt Dirk Lullies, Sprecher des Verbands der Privaten | |
Krankenversicherungen. "Es ist die Aufgabe des Staates, das Existenzminimum | |
zu sichern, also sollte er die Deckungslücke schließen." Sprich: Die | |
Jobcenter sollen zahlen - mit Steuergeld. | |
Dies ist eine von drei Ideen, mit denen die Politik spielt, um die für die | |
Arbeitlosen "wenig komfortable Situation", wie es aus dem | |
Arbeitsministerium (BMAS) heißt, zu lösen. Eine zweite Möglichkeit wäre es, | |
dass die privat Versicherten in die GKV zwangsumziehen. Eine dritte, dass | |
sich auch die PKV mit den niedrigen Beiträgen zufriedengeben muss. | |
Vom Zwangsumzug in die GKV hält man bei den gesetzlichen Kassen nichts. "Es | |
kann nicht sein, dass sich die PKV des Problems entledigt und nur die | |
Besserverdienenden versichert. Unsere Solidargemeinschaft der Versicherten | |
trägt die Beitragslücke, das sollte bei der PKV auch möglich sein", sagt | |
Lanz. Allerdings wäre es auch ihm lieber, wenn die Jobcenter für die 2,9 | |
Millionen Hartz-IV-Empfänger, die gesetzlich versichert sind, ausreichend | |
Geld überweisen würden. | |
Im BMAS weist man darauf hin, dass Ursula von der Leyen (CDU) noch keine | |
Präferenz für eine Lösung hat. Das Thema beschäftigt auch die | |
Hartz-IV-Vermittlungsgruppe von Bund und Ländern. Das Bundessozialgericht | |
wird in der Frage am 18. Januar eine Grundsatzentscheidung fällen. | |
7 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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