# taz.de -- Bundessozialgericht zu Hartz-IV: Privatversicherung muss bezahlt we… | |
> Das Bundessozialgericht hat das Jobcenter Saarbrücken verpflichtet, einem | |
> Hartz-IV-Empfänger die Kosten für die private Krankenversicherung voll zu | |
> bezahlen. | |
Bild: Hartz-IV unter die Lupe genommen: Das Bundessozialgericht bessert nach. | |
Das Urteil war mit Spannung erwartet worden: Das Bundessozialgericht in | |
Kassel verurteilte am Dienstag das Jobcenter Saarbrücken, für einen | |
Hartz-IV-Empfänger die Beiträge zur privaten Krankenversicherung (PKV) voll | |
zu übernehmen: 207,39 Euro im Monat. Das Jobcenter hatte dem Mann nur das | |
als Zuschuss zahlen wollen, was es auch für gesetzlich versicherte | |
Hartz-IV-Empfänger an die Krankenkassen überweisen muss: Rund 130 im Monat. | |
Knapp 80 Euro Schulden häufte der Kläger deshalb jeden Monat an. Aus dem | |
Regelsatz könne er diese Summe nicht begleichen, sagte seine Anwältin. Ein | |
ausreichender Krankenversicherungsschutz sei jedoch Teil des | |
verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimums. | |
Der Kläger aber kam auch vor dem Urteil noch vergleichsweise gut weg. | |
Andere privat Versicherte, die seit 1. Januar 2009 in die | |
Hilfebedürftigkeit gerutscht sind, sind noch stärker belastet. In die | |
gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dürfen sie seitdem nicht mehr | |
wechseln. Der für viele günstigste Tarif in der PKV ist der Basistarif - | |
und wirklich günstig ist der nicht. | |
Der Basistarif deckt das Leistungsniveau der GKV ab – also das, was zum | |
geschützten Existenzminimum in Deutschland zählt. Politisch gedacht war er | |
als Möglichkeit, auch solchen PKV-Kunden einen bezahlbaren Schutz zu | |
bieten, die sich wegen Krankheit oder höherem Alter andere Tarife nicht | |
leisten können. Aktuell darf er rund 576 Euro im Monat kosten. | |
Für Hilfebedürftige muss die Versicherung den Beitrag zwar halbieren. Über | |
150 Euro müssten die Hartz-IV-Empfänger dennoch selbst aufbringen. Denn | |
bislang zahlt das Jobcenter nur den Zuschuss in Höhe des GKV-Beitrags. | |
Allerdings darf die PKV den Betroffenen trotz Schulden keine Leistungen | |
verwehren. Politisch ist das Problem seit zwei Jahren bekannt. Bereits zwei | |
Bundesregierungen tun sich seitdem schwer, eine saubere Lösung zu schaffen. | |
Das Bundessozialgericht betonte gestern, es liege eine Regelungslücke vor. | |
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den | |
Krankenversicherungsschutz der Betroffenen wesentlich habe verschlechtern | |
wollen oder dass diese in großem Umfang Beitragsschulden anhäufen sollten. | |
Man habe sich nicht ausreichend mit den wirtschaftlichen Folgen für die | |
Versicherten befasst. | |
Zwar hielten die Richter dem Gesetzgeber zugute, dass er Regeln für | |
bezahlbare Beiträge in der PKV habe schaffen wollen: "Dieses hat er aber | |
nur unzureichend umgesetzt", betonte der Vorsitzende Richter. Ob nun | |
millionenschwere Belastungen auf die Jobcenter zu und der PKV zugute kommen | |
oder andere politische Schlüsse gezogen werden, muss sich zeigen. | |
18 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Katja Schmidt | |
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