# taz.de -- Meeresströmung heizt Arktis auf: Atlantische Fernwärme | |
> Klimaforscher warnen: Das in den Arktischen Ozean strömende Wasser aus | |
> dem Nordatlantik war in den letzten 2.000 Jahren noch nie so warm wie | |
> heute. | |
Bild: Mit dem Zufluss warmen Atlantikwassers verschwindet auch das Eis auf dem … | |
BERLIN taz | Das arktische Meer war in den letzten 2.000 Jahren nie so warm | |
wie heute, warnen deutsche, norwegische und US-Wissenschaftler in einer | |
gemeinsamen Studie, die in der aktuellen Ausgabe des | |
[1][Wissenschaftsmagazins Science] veröffentlicht ist. Aufgeheizt wird der | |
Arktische Ozean durch zunehmend wärmeres Wasser aus dem Atlantik. | |
Das Forscherteam um Robert Spielhagen vom [2][Kieler Leibniz-Institut für | |
Meereswissenschaften (IFM-Geomar)] geht davon aus, dass der beobachtbare | |
"Rückgang der arktischen Meereisbedeckung und die rasche Erwärmung der | |
Arktis mit dieser deutlich verstärkten Wärmezufuhr" im Zusammenhang stehen. | |
Untersucht haben die Forscher den Temperaturverlauf der sogenannten | |
Framstraße, einer Meeresströmung zwischen Grönland und Spitzbergen. Sie ist | |
die wichtigste Verbindung zwischen dem Arktischen Ozean und den übrigen | |
Weltmeeren. Auf der östlichen Seite der Framstraße fließt warmes Wasser aus | |
dem Nordatlantik in die Arktis. Zwar schwankte die Temperatur dieser | |
Strömung in den vergangenen 2.000 Jahren "immer wieder mal um mehrere | |
Zehntel Grad", heißt es in einer Erklärung. In den letzten einhundert | |
Jahren betrug der Temperaturanstieg jedoch zwei Grad Celsius. | |
"Eine solche Erwärmung von Atlantikwasser in der Framstraße hebt sich | |
wesentlich von den Klimaschwankungen der vergangenen 2.000 Jahre ab", sagte | |
Spielhagen, der für die Mainzer Akademie der Wissenschaften als | |
Paläoozeanograph am Kieler IFM-Geomar forscht. | |
Da die vorhandenen Messdaten nur etwa 150 Jahre zurückreichen, mussten die | |
Forscher die Wassertemperaturen anhand indirekter Belege rekonstruieren. | |
Sie nutzen dazu in Sedimentkernen abgelagerte Foraminiferen. Das sind | |
winzige gehäusetragenden Einzeller, die in Wassertiefen von 50 bis 200 | |
Meter leben. Sterben die Einzeller ab, sinken ihre Kalkschalen auf den | |
Grund. | |
Anhand der Foraminiferenarten, der chemischen Zusammensetzung der | |
Kalkschalen und des Alters konnten die Forscher den Verlauf der | |
Wassertemperatur in der Framstraße rekonstruieren. | |
Sollte, wie befürchtet wird, die Temperatur weiter ansteigen, wird auch die | |
Meereisbedeckung zurückgehen. Damit wird die Klimaveränderung in der Arktis | |
noch weiter angeheizt. Denn normalerweise reflektiert das helle Eis einen | |
großen Anteil der Sonnenstrahlen ("Eis-Albedo-Effekt"). Fehlt das Eis | |
vergößert sich der Anteil der einstrahlenden Sonnenenergie drastsich, der | |
jetzt durch die dunklere Oberfläche des Meereswasser aufgenommen und | |
gespeichert wird. | |
28 Jan 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sciencemag.org/ | |
[2] http://www.ifm-geomar.de/ | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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