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# taz.de -- Kommentar Guttenberg und die Union: Blenden ist alles
> Beliebtheit ist bei Guttenberg wichtiger als Glaubwürdigkeit. Dafür trägt
> am Ende die Kanzlerin die Verantwortung. Sie schützt einen Fälscher,
> anstatt ihn zum Rücktritt aufzufordern.
Nein, das hat keinen Applaus verdient. Auch keinerlei Hochachtung, wie es
Karl-Theodor zu Guttenberg offensichtlich zu gelingen scheint, seinen Hals
aus der Schlinge zu ziehen. Denn es geht nicht um Inszenierung, es geht
nicht um gutes Timing, es geht nicht darum, wie geschickt es der Freiherr
einmal mehr verstanden hat, sich wieder in die Macherpose zu bringen -
diesmal, indem er etwas gönnerhaft zurückgibt, was nur eine Universität ihm
verleihen oder aberkennen kann: einen Doktortitel.
Es geht darum, dass ein Politiker, der eines der ganz hohen Staatsämter
verantwortet, wiederholt gelogen und betrogen hat. Dabei spielt es keine
Rolle, ob er 50 oder 80 Textstellen abgeschrieben hat. Es geht allein
darum, dass einer, um zu blenden, bereit ist zu betrügen. Sich einen
Abschluss durch Copy-Paste zu erschleichen, ist kein Kavaliersdelikt.
Deshalb klärt die Staatsanwaltschaft gerade, ob eine strafrechtlich
relevante Verletzung des Urheberrechts vorliegt. Die Werte der bürgerlichen
Gesellschaft wurden in jedem Fall verraten - keine gute Idee für einen
Politiker, zumal wenn er vorgibt, wertkonservativ zu sein. Wie soll man
einem solchen Mann künftig glauben können, wenn er seine Einschätzung zu
kritischen Vorgängen beispielsweise in der Bundeswehr zu Protokoll gibt?
Und hier kommt die Regierungschefin ins Spiel. Dass die Bundeskanzlerin
bereit ist, einen überführten Lügner am Kabinettstisch zu halten, um ihr
Machtgefüge zu retten, ist nicht nur des Amtes unwürdig. Es ist ein
Skandal. Es ist empörend, wenn die Vorsitzende der Christdemokraten sagt,
dass es keine Rolle spiele, was ein Politiker sonst so mache, Hauptsache,
er fülle sein Ministeramt ordnungsgemäß aus.
Es sind die nahezu unheimlichen Beliebtheitswerte des
Verteidigungsministers, die es ihm bislang erlauben, ohne jede Ahndung
total gegen Übereinkünfte seiner eigenen Partei zu verstoßen.
Der Fall Guttenberg beschreibt einen Wendepunkt. Jetzt ist es amtlich:
Beliebtheit ist wichtiger als Glaubwürdigkeit. Dafür trägt am Ende die
Kanzlerin die Verantwortung. Sie schützt einen Fälscher. Deshalb muss von
Demokraten nicht nur der Rücktritt des Ministers gefordert werden. Mit
einem solchen Wertesystem hat auch Dr. Merkel nichts an der Spitze einer
Regierung zu suchen, der die Wählerinnen und Wähler nichts weniger als ihr
Vertrauen geschenkt haben.
22 Feb 2011
## AUTOREN
Ines Pohl
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