# taz.de -- Kommentar Präimplantationsdiagnostik: Embryonenselektion in der Pe… | |
> Der Deutsche Ethikrat ist nicht das Ruhekissen der Nation. Wir alle sind | |
> gefragt, ob wir eine Gesellschaft wollen, in der die Embryonenauswahl zur | |
> Routine gehört. | |
Nachdem vor wenigen Tagen die [1][Bundesärztekammer einen | |
Memorandumsentwurf] zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vorlegte, hat | |
jetzt auch der [2][Deutsche Ethikrat seine Stellungnahme und Empfehlungen] | |
dazu veröffentlicht. | |
Er ist bei der Frage, ob der Embryonencheck im Reagenzglas zulässig sein | |
soll, genauso zerstritten wie die Gesellschaft. Das ist gut so, denn damit | |
wird deutlich, dass dieses Gremium nicht das ethische Ruhekissen der Nation | |
ist und auch nicht sein darf. | |
Bei den mit der PID zwangsläufig verbundenen Fragen sind wir alle | |
gefordert, Positionen zu beziehen: Wir müssen uns entscheiden, ob wir die | |
Embryonenselektion im Reagenzglas zulassen wollen, damit mit einer schweren | |
Erbkrankheit belastete Eltern - vielleicht - der Kinderwunsch erfüllt | |
werden kann. | |
Der Preis wird sein, dass für die PID zusätzliche Embryonen hergestellt | |
werden, von denen von vornherein klar ist, dass die meisten davon wieder | |
verworfen werden, selbst dann, wenn sie nicht die krankheitsauslösenden | |
Gene in sich tragen. | |
Berücksichtigt werden muss auch, dass die medizinische und technische | |
Entwicklung weitergehen wird. Schon jetzt ist abzusehen, dass demnächst | |
Gen-Chips auf den Markt kommen, mit denen in einem einzigen Arbeitsgang | |
nach rund 500 verschiedene Erbkrankheiten gefahndet werden kann. | |
Eine kleine Mehrheit im Ethikrat spricht sich in ihrem Votum für eine | |
streng begrenzte Zulassung der PID aus. Von jährlich vielleicht 200 | |
betroffenen Paaren ist die Rede. Dabei liegen jetzt schon die Forderungen | |
von einigen Humangenetikern und Politikern auf dem Tisch, dass diese | |
Eingrenzung viel zu eng sei. Einige fordern sogar eine völlige Freigabe. | |
Ist eine begrenzten Zulassung erst einmal da, werden Eltern, deren | |
Erbkrankheit nach dem Gesetz nicht schwer genug ist, um eine PID | |
durchführen zu lassen, vor Gericht ziehen. Zu befürchten ist, dass dann | |
nach und nach per Gerichtsbeschluss die Eingrenzung der PID erweitert wird. | |
Denn ein schlüssiges Konzept, wie die Embryonenauswahl begrenzt bleiben | |
kann, haben die PID-Befürworter bisher nicht vorlegt. | |
Auch bei den derzeit vorliegenden Gesetzesentwürfen im Bundestag, die sich | |
für eine PID-Zulassung aussprechen, ist nicht zu erkennen, wie verhindert | |
werden kann, dass sich die PID-Tür immer weiter öffnet. | |
8 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/PID_Memorandum.pdf | |
[2] http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-praeimplantationsdiagnost… | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
## TAGS | |
Tierversuche | |
Gentest | |
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