# taz.de -- Gesetzentwürfe zur PID liegen vor: Embryonen-Gentests bald geregelt | |
> Der Bundestag entscheidet in der Präimplantationsdiaknostik über drei | |
> fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe. Der Fraktionszwang wird dafür | |
> aufgehoben. | |
Bild: Fluch oder Segen? Die Präimplantationsdiagnostik (PID). | |
BERLIN taz | Die medizinethisch wie politisch umstrittene | |
Präimplantationsdiagnostik (PID) wird noch in diesem Jahr erstmals in | |
Deutschland per Gesetz geregelt. Seit Dienstag liegen alle drei | |
Gesetzesentwürfe zum künftigen Umgang mit Gentests an künstlich erzeugten | |
Embryonen vor, über die das Parlament Ende März debattieren und im | |
Frühsommer abstimmen soll. | |
Nachdem die PID-Befürworter im Dezember und Januar ihre Positionen in zwei | |
geringfügig voneinander abweichenden Anträgen vorgelegt hatten, haben jetzt | |
die Gegner ihre strikt ablehnende Position vorgestellt. Alle | |
Gesetzesentwürfe stammen von jeweils fraktionsübergreifenden | |
Parlamentariergruppen; auch bei der Abstimmung wird kein Fraktionszwang | |
gelten. | |
Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor ihrer Einpflanzung | |
in den Mutterleib auf Erbkrankheiten untersucht. Eltern mit Gendefekt | |
wollen so die Gefahr einer Totgeburt oder schweren Erkrankung ihrer Kinder | |
verringern. | |
Die Nationale Akademie der Wissenschaften, die Deutsche Akademie der | |
Technikwissenschaften und die Berlin-Brandenburgische Akademie der | |
Wissenschaften haben sich unlängst für die PID ausgesprochen. Schließlich | |
seien auch Untersuchungen auf Erbgutschäden während der Schwangerschaft und | |
bei entsprechender Diagnose sogar Abbrüche bis kurz vor der Geburt erlaubt. | |
Die Gegner bemühen das Grundgesetz, das die Tötung menschlichen Lebens | |
verbietet, und glauben, die PID ermögliche Menschenzucht nach Maß. Der | |
Bundesgerichtshof hatte im Juli nach der Selbstanzeige eines Arztes | |
entschieden, dass die PID keinen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz | |
darstelle. Ohne Neuregelung darf die PID also durchgeführt werden. | |
Schätzungen zufolge könnten in Deutschland 200 Paare jährlich die PID | |
nutzen wollen. In EU-Nachbarländern wie Frankreich, Spanien und | |
Großbritannien wird PID seit Jahren praktiziert. Im Bundestag stehen | |
folgende Anträge zur Abstimmung: | |
Befürworter I: PID soll verboten, aber in Ausnahmefällen zulässig sein. | |
Voraussetzung dafür wäre die Veranlagung der Eltern für ein gravierendes | |
vererbbares Leiden oder die Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt. | |
Ausschlaggebend sind die Schwere der Erkrankung sowie die | |
Auftretenswahrscheinlichkeit. Um Missbrauch zu vermeiden, soll Beratung | |
Pflicht sein, eine Ethikkommission zustimmen, die Frau schriftlich | |
einwilligen und die PID nur an Zentren mit Lizenz vorgenommen werden. | |
Unterstützer dieser Position sind die FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach, der | |
CDU-Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze, die SPD-Gesundheitsexpertin | |
Carola Reimann und die Linke-Fraktionsvize Petra Sitte. | |
Befürworter II: PID soll auch hier grundsätzlich verboten sein. Die | |
Ausnahmekriterien sind streng: Demnach ist PID nur für Paare zulässig, die | |
eine genetische Veranlagung dafür haben, dass Schwangerschaften "in der | |
Regel" mit einer Fehl- oder Totgeburt enden oder dem Tod des Kindes | |
innerhalb des ersten Lebensjahres. Ausschlaggebend ist also nicht die | |
Schwere der Krankheit, sondern die voraussehbare Lebensdauer des Kindes. | |
Eine humangenetische Beratung sowie die Zustimmung einer Ethikkommission | |
sind Pflicht. Unterstützer: die Abgeordneten René Röspel (SPD), Priska Hinz | |
(Grüne) und Patrick Meinhardt (FDP). | |
Gegner: Zu ihnen zählen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Unionsfraktionschef | |
Volker Kauder, die ehemalige SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und | |
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Sie warnen vor | |
"Designer-Kindern" und fordern ein komplettes Verbot. Verstöße von Ärzten | |
sollen mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren geahndet werden. | |
Die künstliche Befruchtung bekäme sonst, so die Sorge, eine neue Dimension. | |
Nicht nur über Krankheiten, auch über Merkmale wie das Geschlecht könnte | |
die PID aufklären. Auch könnte die Forschung versuchen, Nutzen aus den | |
verworfenen Embryonen zu ziehen. | |
8 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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