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# taz.de -- Fukushima-Betreiber Tepco: Tricksen und täuschen
> Tokyo Electric Power ist Asiens größter Stromversorger. Er betreibt 17
> Reaktorblöcke. Zuletzt ist er wegen gefälschter Unterlagen und
> verschiedener Havarien in die Kritik geraten.
Bild: Unter ärztlicher Aufsicht: Zehntausende Japaner nach den Kernschmelzen.
TOKIO taz | Störfälle prägen die Geschichte der japanischen Atomindustrie.
Vor 15 Jahren brannte es nach einem Natriumleck im experimentellen Brüter
Monju. In der Wiederaufbereitungsanlage von Tokaimura verstrahlte eine
unkontrollierte Kettenreaktion 1999 beim Umfüllen von zu viel Uran 600
Menschen, zwei Arbeiter starben.
Auch Asiens größter Stromversorger Tokyo Electric Power (Tepco), der drei
große Nuklearkomplexe mit 17 Reaktorblöcken betreibt, stand immer wieder
wegen seiner Informationspolitik am Pranger. In mindestens zwei Fällen
wurden einige für Genehmigungen notwendige Reaktordaten sowie
Schadensberichte aus den Atomkraftwerken gefälscht oder unterschlagen. 2003
musste Tepco deswegen alle 17 Reaktoren für eine Sonderprüfung abschalten.
Tepco-Reaktoren wurden auch mehrfach bei Erdbeben beschädigt.
Im westjapanischen Standort Kashiwazaki-Kariwa unterhält Tepco mit 7
Atommeilern und einer Kapazität von 8,2 Gigawatt (GW) die leistungsstärkste
Atomanlage der Welt. Bei Erdstößen der Stärke 6,8 im Juli 2007 geriet ein
Transformator in Brand. Entgegen ersten Behauptungen musste Tepco später
zugeben, dass über das Abwasser radioaktives Material nach außen gelangt
war. Das Beben hatte den Erdboden zweieinhalb Mal stärker beschleunigt als
vorgesehen, weil Tepco nach eigenem Eingeständnis eine Verwerfungslinie
direkt unter der Atomanlage übersehen hatte.
In Kenntnis dieser Erdbebenlinie hatten Anwohner gegen die
Betriebsgenehmigung geklagt, verloren jedoch vor dem Obersten Gericht, weil
die Verwerfung nach offiziellen Gutachten nicht aktiv sei. Dennoch wurden
die Reaktoren im Mai 2009 nach langen Verhandlungen mit den örtlichen
Behörden wieder hochgefahren.
Die übrigen Nuklearkomplexe von Tepco sind Fukushima I mit sechs Blöcken
und 4,7 GW Leistung sowie Fukushima II mit vier Blöcken und 4,4 GW. Sie
liegen beide knapp zwölf Kilometer voneinander entfernt am Pazifik. Die
Anlagen laufen seit 1971 bzw. 1982 und gehören zu Japans ältesten
Atommeilern. Dort schwappte nach einem Erdbeben 2008 radioaktives Wasser
aus einem Becken mit verbrauchten Brennelementen. 2006 trat radioaktiver
Dampf aus einem Rohr, 2002 wurden Risse in Wasserrohren entdeckt. Zuvor gab
es zwei weitere Fälle, bei denen Strahlung freigesetzt wurde.
Alle Blöcke sind vom Typ Siedewasserreaktor (SWR), der nur einen
Wasserkreislauf hat. Die heißen Brennelemente erzeugen Wasserdampf, der
direkt in die Turbinen geleitet wird. Deutsche SWR sind Brunsbüttel,
Krümmel und Philippsburg. Die Atomkraftwerke in Fukushima I haben offenbar
nur einen einfachen Backup für die Notstromversorgung, während in modernen
Anlagen bis zu vier voneinander unabhängige Systeme sicherstellen, dass die
Brennstäbe nach einer Schnellabschaltung weiter gekühlt werden.
Der jetzt betroffene Block 1 von Fukushima I wurde 1967 von General
Electric gebaut und ging im November 1970 ans Netz. Nach Angaben des
slowenischen Nuclear Training Centre sollte dieser Block in diesem Monat
seinen Betrieb beenden. Den anderen havarierten Reaktor mit der Nummer 3
hat Japans größter Nuklearkonzern Toshiba 1976 errichtet. Am Sonntag
mussten daher Tepco-Chef Masataka Shimizu und Toshiba-Präsident Norio
Sasaki nacheinander beide zu Premierminister Naoto Kan. Anschließend
versprachen sie, im Kampf gegen die Kernschmelze ihr Bestmögliches zu tun.
13 Mar 2011
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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