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# taz.de -- Lebensmittelskandal bei PHW/Wiesenhof: Fäkalien auf Hühnerfleisch
> Schimmel und Kühlprobleme: Behörden kritisieren die miserable Hygiene in
> einem Schlachthof, der zum größten deutschen Hähnchenproduzenten gehört.
Bild: Na, macht der Anblick Appetit? Dann lesen Sie jetzt lieber nicht weiter.
BERLIN taz | Nach mehreren Tierschutzskandalen hat die Agrarindustrie nun
auch einen Hygieneskandal. Deutschlands größter Hähnchenproduzent
PHW/Wiesenhof hat Aufsichtsbehörden zufolge in seinem Schlachthof im
sachsen-anhaltischen Möckern bis zu 10 Prozent der Tiere so geschlachtet,
dass Fäkalien aufs Fleisch fließen konnten.
Für die amtliche Kontrolle etwa auf Krankheiten seien nur 0,8 Sekunden pro
Tier geblieben – so schnell habe Wiesenhof das Fließband der Anlage laufen
lassen. Das Unternehmen verarbeitet nach eigenen Angaben in Möckern
jährlich 40 Millionen Hähnchen zu Tiefkühlware. Abnehmer seien "alle
internationalen und nationalen Handelsketten" inklusive der Discounter Aldi
und Lidl, sagte Sprecher Frank Schroedter.
Das Landesverwaltungsamt Halle warf Wiesenhof in einem Zulassungsbescheid
vom 26. August 2010 "erhebliche Verletzungen hygienerechtlicher
Bestimmungen" vor. "Diese Mängel stellen ein erhebliches
Gefährdungspotenzial für den Verbraucher dar", heißt es in dem Schreiben,
das die Zeitschrift Stern am Donnerstag der taz zur Verfügung stellte.
Wiesenhof-Sprecher Schroedter bestätigte, dass die Behörden ebenfalls
"Schwarzschimmelbefall an Wand und Decke" bemängelten. "Dieses Problem
haben wir aber schon im vergangenen Jahr beseitigt." Die Beamten hätten dem
Unternehmen auch vorgeworfen, die Hähnchen nach der Schlachtung nicht
sofort stark genug zu kühlen. Die Kühlung soll zum Beispiel verhindern,
dass Salmonellen entstehen – Bakterien, die Darmkrankheiten hervorrufen.
## Importverbot wegen Salmonellengefahr
"Absolut falsch", sagte Schroedter. Schließlich dürfe der Betrieb sogar
nach Skandinavien exportieren, wo besonders strenge Regeln gälten.
Allerdings räumte er ein, dass Russland wegen eines Salmonellennachweises
in einer Lieferung aus Möckern Importe aus dem Betrieb verboten hat. Die
russischen Behörden erließen aber gegen viele Firmen solche Importsperren.
Nur 0,1 Prozent der Hähnchen habe die Schlachtmaschine "in den vergangenen
Monaten" den Darm aufgeschnitten, sodass dessen Inhalt aufs Fleisch laufen
könne, ergänzte Schroeter. Doch die Quote war offenbar vor kurzem viel
höher. Denn erst nach dem Rüffel durch die Behörden habe Wiesenhof seine
Schlachtung verbessert, sagte die Sprecherin des Landesverwaltungsamts,
Denise Vopel. Vor allem wegen der Kühltemperatur und der Zeit für die
Fleischkontrolle setzte die Behörde Vopel zufolge 100.000 Euro Zwangsgeld
fest, gegen das sich Wiesenhof rechtlich zu Wehr setzt.
Hintergrund des Streits ist Geld: Eine bessere Kühlung und langsamere
Bandgeschwindigkeit würden Wiesenhof mehr kosten. Vor allem aus
finanziellen Gründen halten Wiesenhof- und andere Mäster ihre Tiere auch
auf engstem Raum und ohne Auslauf, was Tierschützer wiederholt als Quälerei
kritisierten.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch wies darauf hin, die Missstände
hätten dem Stern zufolge lange Zeit angehalten, ohne dass die Behörden
wirksam durchgriffen. Deshalb müssten "die Erkenntnisse, die
Lebensmittelkontrolleure sammeln, publik werden", sagte Sprecher Martin
Rücker. Das würde eher dazu führen, dass die Firmen, sich an die
Spielregeln halten.
Der Discounter Lidl erklärte: "Die genannten Vorwürfe nehmen wir sehr
ernst". Das Unternehmen werde die Angelegenheit prüfen. Konkurrent Aldi Süd
antwortete auf die Frage der taz nach Konsequenzen aus dem Skandal, dass
Wiesenhof die Vorwürfe zurückgewiesen habe. Die Produkte von Aldi Süd
würden "durch unabhängige Lebensmittelinstitute" überprüft. Aldi Nord ließ
eine Anfrage der taz unbeantwortet.
28 Apr 2011
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
EU-Verordnung
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