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# taz.de -- Brutale Praktiken bei Wiesenhof: Die Quälerei geht weiter
> Neue Aufregung um Deutschlands größten Geflügelproduzenten Wiesenhof.
> Puten wurden vor dem Schlachten misshandelt. Tierrechtler erkennen darin
> System.
Bild: Kurzes, schmerzhaftes Leben: Jungtier in einem Stall von Wiesenhof.
BERLIN taz | Wieder ist ein Fall von Tierquälerei auf einer Vertragsfarm
des größten deutschen Geflügelfleischproduzenten PHW/Wiesenhof bekannt
geworden. Das ARD-Fernsehen zeigte am Mittwochabend [1][Videoaufnahmen],
auf denen von Wiesenhof beauftragte Mitarbeiter Puten treten, durch die
Luft schleudern und in Käfige auf einem Lastwagen werfen. So bereiteten sie
die Tiere nach dem Mästen auf den Transport in den Schlachthof vor. Ein
Wiesenhof-Sprecher bestätigte der taz, dass der betroffene Mastbetrieb das
Unternehmen beliefert.
Die Bilder wurden laut ARD heimlich von der Tierrechtsorganisation Peta
aufgenommen. Sie hat in den vergangenen Jahren mehrmals ähnliche Bilder
veröffentlicht, die sich als authentisch erwiesen.
Ende 2009 filmte Peta auf einer Wiesenhof-Hühnerfarm. Damals nahm Peta
einen sogenannten Impftrupp auf, der kranke Tiere aussortiert und tötet.
Die Männer schmissen die Tiere durch den Stall, stopften sie ohne Rücksicht
auf Knochenbrüche in Käfige. "Das Schreien der Tiere werde ich nie
vergessen", sagte später Kerstin Wessels, Pächterin der Farm. Sie wollte
aus dem brutalen Geschäft aussteigen und hatte Peta über die miserablen
Zustände in der Wiesenhof-Produktion informiert.
Schon bei diesem Skandal sprach der niedersächsische Konzern von einem
bedauerlichen Einzelfall und kündigte Konsequenzen an. Doch die Mitarbeiter
des Impftrupps sind immer noch für Wiesenhof tätig. Der starke Mann bei
PHW, Paul-Heinz Wesjohann, rechtfertigt das in dem ARD-Film damit, dass
gerade diese Mitarbeiter "immer dafür gesorgt haben, dass die
Tierschutzfragen in Ordnung gehalten werden".
## Kein Einzelfall
Aber der neue Fall in einem Betrieb im niedersächsischen Emstek-Halen bei
Cloppenburg ist dem vor fast zwei Jahren sehr ähnlich. Auch dieses Mal
wurden Tiere geworfen, auch dieses Mal wurden sie brutal in Kisten
befördert.
Für Peta-Sprecher Edmund Haferbeck belegt das: "Solche Zustände sind die
Regel und nicht die Ausnahme. Das ganze System Massentierhaltung
funktioniert nur mit alltäglicher Tierquälerei." Es gebe sogar
wissenschaftliche Arbeiten, die das belegten.
Peta habe nun erneut Strafanzeige gegen Wiesenhof gestellt. Die Vorwürfe:
Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutzverordnung zum
Transport und Schlachten.
Das Unternehmen bestritt am Donnerstag nicht, dass die Puten brutal
behandelt wurden und dabei gegen Tierschutzvorgaben verstoßen wurde. "Diese
Tatsache ist für Wiesenhof absolut inakzeptabel." Verantwortlich sei eine
externe Ausstallungsfirma, die auch für andere Geflügelunternehmen Aufträge
erledige. Von ihr verlange Wiesenhof nun, die schuldigen Mitarbeiter
"sofort freizustellen".
Wiesenhof erklärt aber auch: "Dieser Vorfall ist anders, als Peta
behauptet, nicht typisch für Wiesenhof." Die Behörden hätten die
Ausstallungsfirma in der Nacht vom 25. auf den 26. August unangekündigt auf
einem Wiesenhof-Betrieb überprüft. "Bei dieser Ausstallung wurden keinerlei
Auffälligkeiten festgestellt."
## Wiesenhof wehrt sich
Im Vorfeld der ARD-Sendung hatte Wiesenhof alle Register gezogen, um die
Ausstrahlung des Films zu verhindern. So reichte das Unternehmen eine
Programmbeschwerde bei der zuständigen ARD-Anstalt, dem SWR, ein. Parallel
ging es per Öffentlichkeitsarbeit in die Offensive.
Auf der Internetplattform YouTube stellte Wiesenhof zum Beispiel ein Video
unter dem Titel [2]["ARD-exclusiv: Faire Recherche?"] ein. Dafür hatte die
Firma sogar die SWR-Journalisten filmen lassen. In dem Video wirft sie
ihnen vor, sie hätten Wiesenhof erklärt, über die Geflügelproduktion
allgemein berichten zu wollen. In Wirklichkeit drehe sich der Beitrag aber
nur um Wiesenhof und sei einseitig.
1 Sep 2011
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=uDIqiN49bmA
[2] http://www.youtube.com/watch?v=UfM2r9xU514
## AUTOREN
Jost Maurin
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