# taz.de -- Agrarpolitiker Meyer über Protest gegen Tierfabriken: "Die Grünen… | |
> Zorn über Megamastställe beflügelt Niedersachsen-Grüne: Agrarpolitiker | |
> Christian Meyer erklärt, wie Landkreise Tierfabriken stoppen können. | |
Bild: Können laut Agrarpolitiker Christian Meyer von Kommunalverwaltung gestop… | |
taz: Herr Meyer, vermissen Sie Astrid Grotelüschen? | |
Christian Meyer: Nein, eine Lobbyistin der Geflügelindustrie als | |
Agrarministerin ist sicher das Letzte, was Niedersachsen braucht… | |
Aber die Appeasement-Politik ihres Nachfolgers Gert Lindemann (CDU) | |
erschwert den Wahlkampf. | |
Die Probleme bleiben ja bestehen: Gerade bei Kommunalwahlen zählen konkrete | |
Handlungen mehr als unverbindliche Absichtserklärungen. Und da hat sich ja | |
nicht viel geändert. | |
Ist der Tierschutzplan kein Hinweis auf einen Kurswechsel? | |
Es wird lediglich versucht, den Eindruck eines Kurswechsels zu erwecken, | |
aber die alte Lobbymaschine läuft weiter. Lindemann verschiebt fast alle | |
guten Vorschläge wie die Beendigung von Schnabelkürzen oder | |
Ferkelkastrationen um sechs bis sieben Jahre. Wir haben als grüne | |
Landtagsfraktion deshalb einen eigenen Tierschutzplan vorgelegt, mit | |
Maßnahmen, die hier und heute zu realisieren sind. | |
Und Sie wollen bei den Kommunalwahlen vom Ärger über Maststallbauten | |
profitieren - obwohl Lokalpolitik die nicht verhindern kann? | |
Der Eindruck täuscht: Kommunalverwaltungen haben durchaus Möglichkeiten, | |
unerwünschte Industrieställe zu stoppen. | |
Wie kann eine Gemeindesatzung das Bau-Privileg für Landwirtschaftsanlagen | |
aushebeln? | |
Das kann sie nicht. Deshalb wollen wir eine grundsätzliche Abschaffung des | |
Bauprivilegs für industrielle Großställe auf Bundesebene. Bis es soweit | |
ist, haben Kommunalverwaltungen mit der fehlenden Zuwegung, Brand- oder | |
Keimschutz-Auflagen wirksame Hebel. | |
Inwiefern? | |
Viele dieser Anlagen sind ja am Gesetz vorbei genehmigt worden, ohne dass | |
es die Möglichkeit gäbe, im Brandfall die Tiere zu retten, wie es die | |
Bauordnung vorschreibt, und ohne ausreichenden Immissionsschutz. Das muss | |
eine Kommunalverwaltung nicht hinnehmen. In Bad Münder und in Etelsen | |
wurden erst kürzlich wieder Agrarfabriken abgelehnt. Voraussetzung ist | |
aber, dass man als Gemeinde zusammensteht und alle Möglichkeiten | |
ausschöpft: Will man einseitig Politik für die Konzerne machen, oder will | |
man sich bürgerfreundlich verhalten. | |
Angefangen mit den Brandschutzauflagen hatte der CDU-beherrschte | |
Emslandkreis… | |
Stimmt - nach Tipps von Bürgerinitiativen. Aber die derzeit strengsten | |
Auflagen hat die rot-grüne Region Hannover, während im Emsland wieder eine | |
butterweiche Regelung gilt. Ich glaube, die Bürger wissen, wem sie da was | |
zutrauen können… | |
…nämlich Ihrer örtlichen Bürger-Ini, deren Mitglieder auf unabhängigen | |
Listen in die Gemeinderäte drängen? | |
Das gibt es auch. | |
Nervt die Konkurrenz? | |
Nein, wir freuen uns über jeden, der gegen Tierfabriken kämpft. Und | |
insgesamt profitieren Die Grünen von den Bürgerinitiativen: Wir haben viele | |
Neumitglieder in Wietze, in Etelsen hat sich gerade erst ein neuer | |
Ortsverband gegründet und in Polle wurden wir stärkste Partei bei einer | |
vorgezogenen Wahl. Die Leute wissen: Die Grünen sind das Original, wenn es | |
um die Agrarwende zu einer ökologisch-verträglichen, bäuerlichen | |
Landwirtschaft geht. Die wird von den BürgerInnen gewünscht. | |
Die Mäster sind doch auch BürgerInnen. Vergessen Sie da nicht die | |
Interessen der Profiteure? | |
Das ist eine verschwindende Minderheit! Vom Bau der Industriemastställe | |
profitiert nur eine Handvoll Konzerne. Bei Hühnern sind das drei: | |
Wiesenhof, Rothkötter, und bis vor Kurzem noch die Firma Stolle, die gerade | |
von einem niederländischen Investor übernommen wurde. Die liefern sich | |
einen Verdrängungswettbewerb um die Vormacht auf dem Weltmarkt. Vor Ort hat | |
davon niemand etwas. | |
Außer den Angestellten? | |
Um beim Geflügel zu bleiben: Pro 100.000 Hühner entsteht unter | |
industriellen Haltungsbedingungen rund ein Arbeitsplatz. Gleichzeitig | |
leidet die bäuerliche Landwirtschaft darunter, und es gehen Jobs im | |
Tourismus verloren. Die Agrarindustrie vernichtet mehr Arbeitsplätze, als | |
sie schafft. Es ist deshalb ein Irrweg, wenn die Landesregierung | |
Großprojekte wie die Schlachtfabrik von Wietze mit 6,5 Millionen Euro | |
subventioniert. | |
31 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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