# taz.de -- Auf den Magen geschlagen: "Dieses Geflügel ist ungenießbar" | |
> Hühner aus der Massentierhaltung sind arm dran, sagt Rupert Ebner, | |
> Tierarzt und Slow-Food-Verfechter. Sie lebten auf engstem Raum und würden | |
> nach 30 bis 40 Tagen geschlachtet | |
taz: Herr Ebner, Wienerwald will in Berlin sechs Filialen wiedereröffnen. | |
Es gibt also bald mehr heiße, fettige Hähnchen in der Stadt. Eine gute | |
Nachricht? | |
Rupert Ebner: Das hängt davon ab, ob die Tiere aus artgerechter Haltung | |
kommen. | |
Sie stammen von der Wiesenhof-Kette. | |
Dann ist das eine ganz schlimme Nachricht. Die Firma Wiesenhof ist für ihre | |
Massentierhaltung bekannt. 30.000 Küken werden in einem Stall | |
zusammengepfercht. Sie leben unter kritischen Verhältnissen. | |
Inwiefern? | |
In der konventionellen Landwirtschaft werden auf einem Quadratmeter bis zu | |
25 Hühner gehalten. Wenn die Küken zwei bis drei Tage alt sind, stallt man | |
sie ein. Sie werden nur zwischen 30 und 40 Tage gemästet und dann | |
geschlachtet. Füttert ein Mäster ein Tier länger als 35 Tage, macht er | |
Verluste. Diese Tiere sind lediglich Waren, ihre Herstellung eine | |
Industrie. | |
Da vergeht einem in der Tat der Appetit. | |
Der Verbraucher hat eigentlich eine große Macht. Ich bin überzeugt: Wenn | |
die Leute vor Augen hätten, wie diese Tiere leben, würde das Massenhähnchen | |
seinen Glanz verlieren. Die Menschen mögen diese Grillhendl ja nur wegen | |
der raffinierten Aromen, die den Gewürzmischungen beigesetzt sind, und | |
nicht wegen der handwerklich guten Zubereitung. Da werden | |
Geschmacksempfindungen suggeriert, die in Wirklichkeit gar nicht da sind. | |
Wer jemals einen anderen Gockel gegessen hat und seine Sinnesnerven daran | |
schulen konnte, der wird an einem Wiesenhof-Hendl keine Freude mehr haben. | |
Ist es denn gesundheitlich bedenklich, diese armen Vögel zu verspeisen? | |
Natürlich findet man in ganz vielen dieser Hähnchen Rückstände. In | |
Niedersachsen wurde in Betrieben der Massentierhaltung kürzlich erst ein | |
Anstieg bei den Behandlungen mit Antibiotika festgestellt. Aber rein | |
rechtlich gesehen darf eine gewisse Minimalkonzentration im Lebensmittel | |
noch nachweisbar sein. Solange diese Anteile unter dem Grenzwert bleiben, | |
kann man das juristisch nicht anfechten. Was man auch wissen muss: Das | |
Eiweiß im Futter dieser Tiere stammt in vielen Fällen von genetisch | |
veränderten Pflanzen, vorwiegend aus Südamerika. Die Art und Weise, wie | |
dieses Geflügel produziert wird, ist für Menschen wie mich wirklich | |
ungenießbar. Ich will gute, saubere und faire Lebensmittel. | |
Was verstehen Sie unter fairem Essen? | |
Dass die Arbeiter, die es herstellen, auch faire Löhne bekommen. Davon sind | |
wir bei der Massentierhaltung weit entfernt. Häufig arbeiten dort schlecht | |
bezahlte Osteuropäer unter teils unmenschlichen Bedingungen. | |
Wo holen Sie Ihr Hähnchen, wenn Sie mal Lust darauf haben? | |
Ich als Landtierarzt bin in der privilegierten Position, dass ich Zugang zu | |
gutem Essen habe. Wir kriegen von den Höfen noch die klassischen | |
Mistkratzer, die schon als Küken gepflegt wurden und später schön auf der | |
grünen Wiese leben. Die Bauern schlachten sie erst mit zweieinhalb Kilo. | |
Wenn die Kinder nach Hause kommen und es gibt am Sonntag so einen Gockel, | |
das schmeckt einfach. | |
18 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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