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> Rohrlack
Bild: Siegfried Dörge und eine Milchproduzentin.
Obwohl das Ruppiner Land menschenarm ist, wirkt das kleine Dorf Rohrlack
lebendig und gepflegt. Selbst das Kopfsteinpflaster zum Gestüt Lindenhof
ist angenehm rund und holpert kaum. Siegfried Dörge öffnet die Stalltür,
und vier Stuten mit ihren Fohlen traben auf die Weide. Dass er die letzten
Nächte kaum geschlafen hat, sieht man ihm nicht an.
"Kommen Sie mal rein, da sind die Zwillinge, die sind gestern erst geboren.
Zwillinge sind bei Pferden sehr selten und eigentlich nicht erwünscht, weil
sie zu klein und schwach sind. Gestern Abend nach dem Fernsehfilm, so um
halb elf, schaue ich noch mal in den Stall, und da ging es schon los. Ich
habe reingefasst und gemerkt, dass da zwei Köpfe sind.
Die Fohlen lagen hintereinander, im Ultraschall haben wir deshalb nicht
erkannt, dass es Zwillinge sind. Wäre ich nicht sofort da gewesen, wären
beide tot. In diesem Jahr kommen alle auf einmal. Die letzten vier Nächte
habe ich fast durchgemacht, ich komme gar nicht mehr zur Ruhe. Wir haben
jetzt neun Fohlen und erwarten noch drei. So zwei bis drei Wochen nachdem
die Fohlen gekommen sind, fange ich langsam an zu melken. Eine gute Stute
produziert 20 Liter am Tag. Aber man kann nie mehr als einen Liter auf
einmal melken. Mehr kann ein Stuteneuter nicht speichern. Eine Kuh ist ja
auf Speichern gezüchtet. Aber bei einem Pferd will man so ein großes Euter
nicht, das will man ja reiten.
Bevor ich melke, muss ich das Fohlen für ungefähr eine Stunde von der Stute
trennen. Sonst ist keine Milch da. Das Fohlen trinkt ja permanent, so 30-
bis 40-mal am Tag. Nur die Milch, die die Stute in der Zeit der Trennung
produziert, die kann ich nehmen. Dazu habe ich einen Becher, den ich direkt
unter die Zitze halte. Ein Pferd hat wie eine Kuh vier Euterteile. Aber nur
zwei Zitzen. Aus jeder Zitze kommen zwei Strahlen, die gehen in
verschiedene Richtungen. Deshalb kann ich nicht einfach einen Eimer
zwischen meine Beine stellen, da würde alles danebengehen. Es gibt in
Deutschland etwa 30 Stutenmilchbetriebe, aber ich bin der Einzige, der mit
der Hand melkt. Das geht schneller, eine bis eineinhalb Minuten brauche ich
pro Pferd.
Ich habe ja mal Melker gelernt in der DDR. Später war ich Abteilungsleiter
für Milchproduktion in der LPG Wildberg im Nachbarort. Da war ich für 300
Kühe zuständig. Nach der Wende wollte ich aber noch mal einen
Diplomabschluss machen. Man wusste ja nicht, wie es weitergeht. In Meißen
gab es ein Aufbaustudium zum Diplom-Agraringenieur. Dort las ich eine
Sonderausgabe der Zeitschrift TopAgrar zum Thema Nischenprodukte. Ziegen,
Wachteleier und eben Stutenmilch. Das hat mich interessiert. Ich musste mir
ja sowieso überlegen, was ich nach dem Studium mache. Meine Diplomarbeit
habe ich dann über den Aufbau eines Stutenmilchbetriebes geschrieben. So
gesehen ist dieser Hof hier meine Diplomarbeit.
Insgesamt habe ich 15 eigene Stuten. Wenn das Fohlen noch klein ist, melke
ich nur einmal am Tag. Wenn es später mehr frisst, kann ich zwei- bis
dreimal Milch nehmen. Im Mai ist die Milchleistung am höchsten. Am
Vormittag bin ich eigentlich pausenlos mit Melken beschäftigt. Die Milch
wird eingefroren. Die verschicke ich dann mit minus 30 Grad in
Styroporbehältern. Dann ist sie noch gefroren, wenn sie beim Kunden
ankommt.
Die meisten Menschen, die Stutenmilch kaufen, leiden unter Neurodermitis.
Da habe ich Kunden aus ganz Deutschland. Es gibt auch Babys mit
Kuhmilchallergie - von allen Milchen ist Stutenmilch der Muttermilch ja am
ähnlichsten. Dann gibt es die Kosmetikschiene. Mein Sohn hat angefangen,
unsere Milch von einem Berliner Pharmaunternehmen zu Cremes und Lotions
verarbeiten zu lassen. Das verkaufen wir in unserem Hofladen oder über das
Internet.
Auch Wellnesshotels verwenden Stutenmilch für ihre Kleopatrabäder. Einen
Viertelliter ins Badewasser, und Sie haben danach ganz weiche Haut. Fassen
Sie mal meine Hände an, weich und zart. Dabei arbeite ich hier im Stall
viel mit der Forke. Das kommt nur vom Melken."
28 Apr 2011
## AUTOREN
Kerstin Schweizer
## TAGS
Natur
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