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# taz.de -- Taz-Serie Hamstertouren mit dem Rad (6): "Mein Bier gibt's nicht an…
> BerlinerInnen suchen Natur - Brandenburg lockt mit Landschaft und
> Leckereien. Die taz fährt mit dem Rad zu den besten Plätzen. Teil 6: die
> Uckermärker Brauerei von Mark Mangold im Golzow.
Bild: Ein Mann, ein Bier
Auf dem letzten Kilometer bis zur Brauerei in Golzow versinkt das Fahrrad
im Sand. Nach einer ausgedehnten Tour durch die Uckermark lässt man sich
gern im kleinen Braustübchen nieder. Mark Mangold schenkt hier sein
"Choriner" aus, und am Wochenende gibt es was zu essen. Am liebsten aber
führt der stämmige Westfale durch die Brauerei, die in einer weißen Halle
untergebracht ist.
"Fast wäre ich Müller geworden. Ich hatte eine Lehrstelle in einer
Großmühle in Duisburg. Aber acht Tage, bevor ich antreten sollte, machte
sich der Chef mit 30 Millionen Mark vom Acker. Das wars dann mit der Mühle.
Mein Vater hat damals in einer Mälzerei gearbeitet - so kam ich über
Kontakte zu einer Brauerlehre. Später habe ich studiert und meinen
Abschluss an der TU gemacht. Aber Anfang der 90er gab es einfach keine
Jobs. Niemand brauchte Brauer. Da habe ich gesagt: Ich mache mich
selbständig.
Über eine Anzeige in der Morgenpost hat meine Frau dieses Grundstück
gefunden. Die Landschaft in der Uckermark hat uns gefallen, Familienplanung
stand an und Berlin ist ja auch nur 60 Kilometer entfernt. Meine Idee war,
hier in der Region Bier zu verkaufen, das "Choriner". Die Eberswalder
Brauerei um die Ecke war nach der Wende in Konkurs gegangen. In der ganzen
Gegend gab es keine einzige Brauerei mehr. Ich dachte, das ist eine
Marktlücke. Es gab Fördergelder, so habe ich die Uckermärker Brauerei neu
aufbauen können.
Am Anfang muss man sich die Rezeptur für sein Bier erstmal ausdenken. Im
Prinzip gibt es da ja unbeschränkte Möglichkeiten. Man könnte jeden Tag ein
anderes Bier brauen. Es gibt verschiedene Malzsorten, Pilsener Malz,
Münchner Malz, Wiener Malz, Farbmalze, Spezialmalze wie Whiskymalz. Es gibt
unterschiedliche Hefen, unterschiedliche Hopfensorten, Sie haben also eine
riesige Bandbreite. Die schöpft man natürlich nicht aus, man ist ja auf
einen bestimmten Biergeschmack festgelegt. Am Anfang hatte ich mein Bier
ein bisschen zu wenig gehopft, die Leute hier mögen es nicht zu lieblich.
Aber zu bitter darf es auch nicht sein. Ich würde sagen, die Mitte zwischen
Warsteiner und Jever. Ob Sie richtig liegen, merken Sie ganz schnell im
Vertrieb, ob es läuft oder nicht.
Wir machen Pils, Dunkel, Schwarzbier. Und all das gibt es nochmal als
Zwickelware, das heißt naturtrüb. In der DDR war das nicht beliebt. Wenn
Hefe drin war, galt es als umgefallen. Wenn ich heute ein Naturtrübes
verkaufe, muss ich erstmal erklären, dass das nicht umgekippt, sondern
gewollt ist. Wenn man das mit der Kundschaft auf dem Hof macht, nehmen sie
das auch an.
Meine Abnehmer sind in erster Linie Gaststätten - Wirtschaften in der
Region und inzwischen auch in Berlin. Das Keyser Soze in Mitte zum Beispiel
schenkt "Choriner" aus. Inzwischen verkaufe ich nur noch Fassware. Früher
war ich auch mit Flaschen bei Real und Kaufland vertreten, aber die drücken
einen so runter, das hat sich nicht mehr rentiert. Der Preiskampf ist ja
brutal. Bei Real habe ich schon mal einen ganzen Kasten für 4,99 Euro
gesehen! Der Arbeitsaufwand, das Material, die Maschinen, der
Energieaufwand - ich kann mir nicht vorstellen, dass man für den Preis
produzieren kann. Ich kann es jedenfalls nicht. Ich bin ja kein
Massenproduzent, sondern ein Nischenanbieter. Die Menge, die ich im Jahr
braue, macht Schultheiß in acht bis zwölf Stunden.
Ich braue im Schnitt einmal die Woche. Mein Sudkessel fasst 2.000 Liter.
Darin steht der Sud acht bis zehn Stunden. Dann ist eine Woche Hauptgärung
und drei Wochen Nachreifezeit. Es braucht also vier Wochen, bis ein Bier
optimal ausgereift ist. Wenn eine Gaststätte Nachschub braucht, fülle ich
das Fass frisch aus dem Tank ab. Das Ausliefern mache ich selbst, so bleibe
ich auch in Kontakt mit der Kundschaft.
Es nimmt ja ein bisschen zu, dass man regionale Produkte sucht. Man kommt
jetzt dahinter, individueller sein zu wollen. Die ganz großen Brauereien
fusionieren, die mittleren werden aufgekauft oder verdrängt. Aber die ganz
kleinen, so wie ich, die haben einen kleinen Markt für sich. Ich bediene
die, die etwas Besonderes wollen. "Choriner" gibt es eben nicht an jeder
Ecke."
26 May 2011
## AUTOREN
Kerstin Schweizer
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