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> Fläming Wildhandel in Bardenitz. | |
Bild: Ein Wildschwein und Jan Griebsch. | |
Das Tor zum Hof des Fläming Wildhandels steht fast immer offen. Das liegt | |
zum einen daran, dass Jäger auch an Wochenenden Wild anliefern. Zum anderen | |
wohnen zwei Generationen der Familie Griebsch direkt auf dem | |
Betriebsgelände, einem schön renovierten Backstein-Ensemble im Dorf | |
Bardenitz. Jan Griebsch zeigt den Besuchern den weiß gekachelten Kühlraum. | |
Hier hängen kopfüber mehrere Wildschweine und Rehe. | |
"Im Schnitt bekommen wir monatlich 600 Stück Wild. Da ist alles dabei, | |
Wildschwein, Reh, Damwild, Rotwild und ab und an ein Mufflon. Wir leben in | |
der glücklichen Situation, dass unsere Wälder viel Wildbret hergeben. Ich | |
verstehe gar nicht, dass es Leute gibt, die Damwild in Gehegen züchten. Das | |
muss zugefüttert werden, möglicherweise tierärztlich behandelt, da ist man | |
von der Mast nicht mehr weit. Ich sehe Wild als Naturprodukt und lege Wert | |
darauf, nur frei lebende Tiere zu verarbeiten. | |
Meist hole ich die Stücke aus den Kühlzellen, die die Förstereien | |
eingerichtet haben. Da habe ich eine feste Tour. Montags bin ich im | |
Rathenower Raum, dienstags im Fläming, mittwochs in der Dübener Heide bis | |
Dessau. | |
Gejagt wird ganzjährig, aber Hauptsaison ist im Herbst und Winter. An den | |
Wochenenden im November finden die großen Gesellschaftsjagden statt. Dann | |
klingelt nachmittags das Telefon und ich erfahre, wie viel Wild angefallen | |
ist. Wenn ich am Sammelplatz ankomme, ist die Strecke oft schon gelegt. | |
Feuer brennen, die Jäger sind müde, die Hunde frieren und wollen auch nach | |
Hause. Beim Aufkauf muss man natürlich ein gewisses Feingefühl an den Tag | |
legen. Zusammen mit den Jägern begutachte ich die Stücke vor Ort. Ist das | |
Fleisch beschädigt, muss ich Abzüge machen. Erwünscht ist der waidgerechte | |
Schuss, ein Blattschuss, der die lebenswichtigen Organe trifft. Das Tier | |
ist sofort tot, die wichtigsten Stücke bleiben unverletzt. | |
Auf dem Hof wird das Wild gewogen und in die Kühlzelle geschoben. Dort | |
hängt es für 5 bis 7 Tage ab, das gibt dem Fleisch Reife und Zartheit. Dann | |
wird es aus dem Fell geschlagen, der Tierarzt untersucht auf Trichinen oder | |
Verschmutzungen. Dem Wild wurden ja bereits im Wald vom Jäger die Organe | |
entnommen, da dürfen keine Nadeln oder Erde in den Bauchraum gelangt sein. | |
Wir richten das Fleisch dann küchenfertig her. Wir entfernen die Häute, | |
schneiden das Fett weg, zerlegen es, bis man dann etwa ein kompaktes | |
Keulenstück erhält. Von einem Wildschwein bleibt am Ende eine | |
Fleischausbeute von 50 Prozent. Der Rest ist Fell, Schwarte oder Knochen. | |
Bei Reh und Hirsch liegt der Fleischanteil bei 60 bis 70 Prozent. | |
Dass das Produkt gefragt ist, darum muss man sich immer wieder bemühen. Wir | |
suchen unsere Daseinsberechtigung in der Qualität und im Service. Wenn am | |
Sonnabend ein Koch anruft, bei ihm bricht die Welt zusammen, er hat noch | |
zwei Veranstaltungen reinbekommen, dann setzt sich jemand aus dem | |
Familienbetrieb in Bewegung und liefert. Von der Stückzahl her sind wir | |
auch in der Lage, den Großhandel zu beliefern. Die arbeiten just in time. | |
Das heißt, ich muss immer eine bestimmte Anzahl von Keulen, Rücken oder | |
Gulaschpaketen verfügbar haben. Vormittags kommt die Bestellung, | |
nachmittags hat der Händler die Produkte im Kühlhaus. Das funktioniert am | |
besten in einem Familienbetrieb. | |
Mein Vater war früher Jäger. Nach der Wende fing er dann an, sich mit der | |
Vermarktung zu beschäftigen, und hat den Betrieb gegründet. Ich war damals | |
bei einer Werbeagentur, aber im Hinterkopf war immer der Gedanke, den | |
väterlichen Betrieb mal weiterzumachen. In Unternehmerfamilien ist das ja | |
immer ein Thema, da wächst man so rein. Jetzt habe ich selber zwei Kinder. | |
Wenn die in die Welt ziehen wollen, können sie das natürlich gerne tun. | |
Aber ich würde mich freuen, sie noch eine Weile hier halten zu können." | |
2 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Kerstin Schweizer | |
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