# taz.de -- Hamas und Fatah unterzeichnen Einigung: Wackliges Bündnis der Hoff… | |
> In Kairo wird nun das Abkommen zwischen Hamas und Fatah besiegelt. Offen | |
> sind Sicherheitsfragen und die Besetzung einer Einheitsregierung. | |
Bild: Bewohner von Gaza bejubeln die Annäherung von Hamas und Fatah am vergang… | |
GAZA taz | "Wir sind glücklich", sagt der 21-jährige Amjad Jaghi aus Gaza, | |
"denn endlich passiert das, worauf wir so lange gewartet haben." Die | |
Versöhnung der beiden Fraktionen Hamas und Fatah wird von den | |
Palästinensern mit großer Hoffnung, aber auch mit Skepsis verfolgt. | |
Am Mittwoch wollen sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von der Fatah | |
und Hamas-Politbürochef Chaled Meschal die Hand reichen, um einen | |
langjährigen Konflikt zu beenden. Die Unterzeichnung der Einigung über die | |
Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit ist mit Hilfe von Ägypten | |
erreicht worden und findet in Kairo statt. | |
Die Leute in Gaza hoffen auf offene Grenzen und das Ende der Spannungen | |
unter den Palästinensern. Sie seien es gewohnt, "mit der Intifada und dem | |
Kampf gegen die Besatzung" ein Modell für die gesamte arabische Welt sein, | |
doch in den vergangenen Jahren "ist unser Image immer schlechter geworden", | |
sagt Amjad Jaghi. "Inschallah", stimmt ihm eine Kommilitonin zu, "mit | |
Allahs Hilfe wird das Bündnis halten." Wenn nur die Israelis nicht wieder | |
dazwischenfunkten, sagt sie. "Israel will die Versöhnung nicht." | |
Schon liegen die Steuergelder auf Eis, die Israel entsprechend der | |
Wirtschaftsabkommen im Namen der Palästinensischen Autonomiebehörde | |
einzieht. Es geht um rund 100 Millionen US-Dollar pro Monat. Die | |
israelische Regierung will in Kürze entscheiden, was mit den Geldern | |
passieren soll. | |
Das Bündnis zwischen Hamas und Fatah ist noch wacklig. Der Vertrag lässt | |
Fragen offen, eine Regelung für die Sicherheitsdienste wird bis zu den | |
Wahlen verschoben. Bis dahin soll die Hamas weiter die Sicherheitskontrolle | |
über den Gazastreifen behalten, die Polizei der Fatah bleibt für das | |
Westjordanland verantwortlich. | |
## Bleibt Fajad Ministerpräsident? | |
Eine Fusion ist vorerst illusorisch. Machtkämpfe spielen eine Rolle und der | |
Streit darüber, ob die Sicherheitskooperation mit Israel fortgesetzt werden | |
soll, wie es die Fatah will, oder nicht. Spannend wird auch die | |
Zusammensetzung der Übergangsregierung von parteilosen Experten, die bis zu | |
den Neuwahlen, nicht vor Jahresende, die palästinensischen Geschäfte führen | |
sollen. | |
Noch hält Salam Fajad den Posten des Ministerpräsidenten. Der | |
Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Mitarbeiter der Weltbank genießt | |
das Vertrauen der USA, hat aber unter den Palästinensern nicht allzu viele | |
Freunde. Die Hamas will ihn nicht, weil er ihr Israel gegenüber zu | |
kompromissbereit ist. Bei der Fatah wiederum besteht Unmut über den | |
Alleingang des Regierungschefs im Hinblick auf die für September geplante | |
Staatsgründung. | |
Dass im Westjordanland schon heute die für einen Staat notwendigen | |
Institute mit entsprechendem Finanz- und Rechtssystem bestehen, ist Fajads | |
Verdienst. Ginge es nach Palästinenserpräsident Abbas, würde Fajad | |
mindestens bis September im Amt bleiben. | |
"Wenn Abbas die Hamas überzeugen kann, Fajad zu halten, wäre das ein großer | |
Erfolg für ihn", meint der palästinensische Politologe Mkhaimar Abusada von | |
der Al-Azhar-Universität in Gaza. Abusada räumt der Regierung der | |
Nationalen Einheit durchaus gute Chancen ein. "Beide Seiten haben die | |
schwere Lektion gelernt", sagt er. "Die Spaltung hat die Palästinenser | |
unendlich viel gekostet." Vor allem die arabische Welt habe dem | |
zerstrittenen Volk zunehmend den Rücken gekehrt. | |
## "Die Hamas hat sich nach dem Krieg verändert" | |
Abusada geht davon aus, dass die internationale Gemeinschaft die Hamas | |
heute mit anderen Augen betrachtet als noch vor fünf Jahren. "Die Hamas hat | |
sich nach dem Krieg verändert", sagt der Politologe. "Sie musste erkennen, | |
dass das Kräfteverhältnis einen Sieg über Israel derzeit nicht zulässt, und | |
will jetzt den Waffenstillstand." | |
Fünfzehn Fraktionen und parteiunabhängige palästinensische Gruppen sind | |
eingeladen, der Zeremonie in Kairo beizuwohnen. Mit dabei sein sollten auch | |
die jungen Internet-Rebellen der "Gaza-Youth breaks out", für die die | |
nationale Versöhnung ein zentrales Anliegen ist. "Wir gehen nicht hin", | |
sagt einer der Gruppengründer. Erst will er konkrete Veränderungen sehen. | |
"Wir haben das Vertrauen in unsere Politiker lange verloren." | |
4 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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