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# taz.de -- Proteste in Syrien: "Freitag des Trotzes"
> Tausende gehen erneut in Syrien auf die Straße, um gegen das Regime zu
> protestieren. Fünf Menschen wurden erschossen. Die EU einigt sich indes
> auf Sanktionen gegen Syrien.
Bild: Blumen fürs Image: Propagandabild der staatlichen Nachrichtenagentur San…
DAMASKUS afp/dapd | Die 27 Mitgliedsstaaten der EU haben sich am Freitag
auf Sanktionen gegen Syrien geeinigt. Neben Einreiseverboten für 13
Personen beschlossen die Vertreter nach Angaben aus Diplomatenkreisen auch
das Einfrieren deren sämtlicher Guthaben. Der syrische Präsident Baschar
Assad gehöre nicht zu den 13 von den Sanktionen betroffenen Personen, hieß
es. Über ein Waffenembargo hatte man sich den Angaben zufolge bereits
früher geeinigt.
Die Sanktionen müssen nun noch von den Regierungen der Länder abgesegnet
werden. Ist dies wie erwartet der Fall, könnten sie möglicherweise bereits
am Dienstag in Kraft treten. Die Entscheidung vom Freitag sei ein erster
Schritt, hieß es in Brüssel. Man behalte sich weitere Maßnahmen vor.
## Fünf Tote in Homs
Tausende Syrer sind am Freitag nach dem Mittagsgebet auf die Straße
gegangen, um Demokratie und einen Regimewechsel zu fordern. In Homs sind
nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens fünf Menschen getötet
worden. Mehrere weitere seien schwer verletzt worden, als die
Sicherheitskräfte das Feuer auf einen Demonstrationszug im Zentrum der
Stadt eröffneten, sagte der Aktivist Nadschati Tajara am Freitag der
Nachrichtenagentur AFP. Zwei weitere Aktivisten bestätigten die Angaben.
Tausende Menschen demonstrierten auch in der nordwestlichen Provinz Idlib
und in der Stadt Banias. Aus Dschabla im Norden Syriens, wo Frauen
demonstrierten, wurden ebenfalls Schüsse gemeldet. In der Hauptstadt
Damaskus sperrten die Sicherheitskräfte die Innenstadt ab, um ein
Übergreifen der Kundgebungen aus den Vorstädten zu verhindern.
Die Opposition hatte auf Facebook zum "Freitag des Trotzes" aufgerufen. Das
Volk wolle "die Regierung stürzen", hieß es auf einer Website mit dem Titel
"Die syrische Revolution 2011", die von jungen Regierungsgegnern
eingerichtet wurde. Die Freiheit rücke näher. In den vergangenen Wochen
waren die Regierungsgegner in Syrien vor allem nach den Freitagsgebeten auf
die Straße gegangen.
## Militär zusammengeozogen
In mehreren Städten ist zuvor Militär zusammengezogen worden. Panzer
blockierten die Zugänge zu mehreren Vororten von Damaskus sowie zu den
Städten Banias, Homs und Rastan, berichteten Aktivisten und arabische
Fernsehsender. Unter dem Motto "Tag der Ablehnung" hat die syrische
Opposition zu neuen Massenkundgebungen nach dem Freitagsgebet aufgerufen.
"Wir lehnen Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Belagerung und
Freiheitsberaubung ab", hieß es in Botschaften der Facebook-Gruppe "Syrian
Revolution 2011". Seit fast zwei Monaten verlangen in Syrien
hunderttausende Bürger politische Reformen, Demokratie und zuletzt auch
einen Regimewechsel. Die Sicherheitskräfte sollen nach Angaben von
Menschenrechtsgruppen bei der blutigen Unterdrückung dieser Protestbewegung
rund 600 Menschen getötet haben. Zudem seien mindestens 8.000 Menschen
festgenommen worden oder verschwunden.
Die syrische Armee hatte am Donnerstag ihren Rückzug aus der
Protesthochburg Daraa im Süden des Landes begonnen. Sie war am 25. April
mit tausenden Soldaten und Panzern in der Stadt eingerückt, um dortige
Proteste zu unterdrücken. Hunderte Einwohner sollen seitdem festgenommen
worden sein. In Sakba bei Damaskus nahmen Sicherheitskräfte und Soldaten
nach Angaben eines Aktivisten am Donnerstag mehr als 300 Menschen fest,
darunter religiöse Würdenträger.
## EU ist uneins über Sanktionen
Die EU-Länder sind sich Diplomatenangaben zufolge uneins, ob angesichts der
Unterdrückung von Demonstranten in Syrien auch Präsident Baschar el Assad
mit Sanktionen belegt werden soll. Eine Liste mit Vertretern der Führung in
Damaskus, die mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt werden
sollen, stand auf der Tagesordnung für ein Treffen der EU-Botschafter am
Freitagnachmittag in Brüssel, wie ein EU-Diplomat sagte. Diskutiert werden
demnach rund 15 Namen von Führungsangehörigen, die von den Strafmaßnahmen
getroffen werden könnten. "Ein Punkt ist aber noch offen: die Listung von
Baschar el Assad", fügte der Diplomat hinzu.
Die EU-Länder hatten sich am vergangenen Freitag auf Botschafterebene
grundsätzlich auf Sanktionen gegen die Führung in Damaskus geeinigt.
Geplant sind neben gezielten Strafmaßnahmen gegen die Verantwortlichen für
das gewaltsame Vorgehen gegen die Protestbewegung in dem arabischen Land
unter anderem ein Embargo für Waffen und andere Güter, die zur Repression
der Bevölkerung genutzt werden können, sowie das Zurücktreten seitens der
EU von einem bereits auf Eis liegenden Assoziierungsabkommen mit Syrien.
Während manche Länder dem Diplomaten zufolge fürchten, dass durch
Sanktionen gegen Assad jegliche Möglichkeit zur Verhandlung mit der
Regierung in Damaskus verloren gehen könnte, spricht sich etwa Frankreich
entschieden für ein Vorgehen gegen den syrischen Präsidenten aus. Die
Entscheidung muss von den 27 Mitgliedsstaaten einstimmig getroffen werden.
6 May 2011
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