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# taz.de -- Journalisten-Misshandlungen in Uganda: Gewehrlauf im Gesicht
> Präsident Yoweri Museveni versucht, einheimische wie ausländische Medien
> einzuschüchtern. Den massiven Übergriffen letzte Woche folgten jetzt
> weitere Drohungen.
Bild: Die Polizei setzt in Uganda blaues Tränengas gegen die Demonstranten ein.
KAMPALA taz | Per SMS hatte Ugandas Polizeichef Kale Kayihura die
Journalisten ins Medienzentrum des Präsidenten einbestellt - am
Sonntagmorgen um 9.00 Uhr vormittags. Er selbst verspätet sich souverän um
40 Minuten und erklärt dann hektisch, er habe nur eine Viertelstunde Zeit,
um "die Probleme zu diskutieren".
Das macht für jeden direkt Betroffenen immer eine runde Minute: Bei
Massenprotesten am vergangenen Donnerstag waren laut Ugandas
Journalistenverband 14 Reporter von der Polizei misshandelt worden. Die
Polizisten hätten Reporter geschlagen und mit Waffen bedroht, sagte der
Verbandsvorsitzende Joshua Kyalimpa, der Verband der ausländischen
Journalisten im Land meldete bislang sogar mehr als 20 Attacken.
## 10 Menschen starben bei Demos
Polizeichef Kayihura beginnt seine sonntäglichen Ausführungen immerhin mit
einer Entschuldigung "für die Verletzungen und die beschädigten Kameras".
Doch damit sind die netten Worte des Polizeichefs schon aufgebraucht. Was
folgt, ist eine klare Warnung: "Ihr seid mit Oppositionellen embedded",
wirft Kayihura den Journalisten vor. Wer über die Proteste berichten wolle,
müsse sich bei den Sicherheitsorganen extra akkreditieren. Vor vier Wochen
startete ein Oppositionsbündnis eine Aktion unter dem Motto "Walk to Work"
(Lauf zur Arbeit) als Reaktion auf steigende Preise. Polizei und Militär
schlugen die Demonstrationen gewaltsam nieder. Über 10 Menschen starben im
Kugelhagel. "Wir müssen einen Weg finden, miteinander umzugehen, damit wir
uns nicht gegenseitig verletzen", droht der Polizeichef.
Für Journalisten wird die Situation bedrohlicher, seitdem die Regierung
brutal Proteste niederschlägt, denn das Regime will keine ungebetenen
Zeugen: Videos und Fotos zeigen, wie brutal Soldaten und Polizisten auf
unbeteiligte Passanten einschlagen und Geheimdienstler in Zivil
Oppositionsführer Kizza Besigye misshandeln. Sie werden in ugandischen wie
internationalen Medien publiziert und verbreiten sich via Facebook und
Twitter. Seitdem, das bestätigt die Regierung ganz unumwunden, bleiben
Touristen und Investoren aus.
## Gewehrlauf im Gesicht
Schuld ist laut Präsident Yoweri Museveni aber nicht der staatliche
Sicherheitsapparat, sondern schuld sind die Medien. Der ugandische
Journalistenverband vermutet, dass es sogar einen direkten Befehl des
Präsidenten gebe, gegen Journalisten vorzugehen: "Museveni beschuldigte
Journalisten auf seiner letzten Pressekonferenz, auf der Seite der
Opposition zu stehen, seitdem werden Reporter gezielt attackiert", sagt
Verbandschef Kyalimpa. Ein Beispiel: Dem deutschen Fotografen Marc Hofer
(Foto) wurde der Gewehrlauf direkt ins Gesicht gehalten.
Wie alarmierend die Situation ist, zeigt ein anderer Vorfall: Polizisten
stoppten während der Proteste ein Auto mit dem Logo der Regierungszeitung
New Vision, zerrten die Reporter aus dem Wagen und schlugen sie. "Wenn sie
gegen Regierungsmedien so vorgehen, was machen sie dann in Zukunft mit den
unabhängigen, kritischen Medien?", fragt Verbandschef Kyalimpa.
Uganda galt bislang als eines der in Sachen Medien lebendigsten und
freiesten Länder Ostafrikas. Auch das Regime von Präsident Museveni war
einst liberal und tolerierte auch regierungskritische Medien. Jetzt ist es
seit 25 Jahren an der Macht - Ugandas Journalisten haben beschlossen, alle
Pressekonferenzen und Statements der Regierung zu boykottieren, bis, so
Kyalimpa, "sich die Verantwortlichen bei uns für die Misshandlungen
entschuldigen".
17 May 2011
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
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