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# taz.de -- Nach Antisemitismusvorwürfen: Linke unter Druck
> Zum wiederholten Mal sieht sich die Linkspartei dem Vorwurf des
> Antisemitismus ausgesetzt. Ein Experte hält Anschuldigungen für deutlich
> überzogen.
Bild: Bloß keinen Antisemitismus: Parteichef Klaus Ernst (Linke).
BERLIN taz | Neuer Zündstoff für die Linkspartei: Wegen ihres Umgangs mit
Antisemitismus in den eigenen Reihen sieht sich die Partei erneut unter
Druck. Der Fraktionschef der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo
Ramelow, sagte der taz: "Wenn ein katholischer Kardinal einem schwulen
Religionslehrer die Lehrerlaubnis entzieht, dann ist die Empörung in der
Linkspartei zu Recht groß. Wenn aber Schwule im Gazastreifen um ihr Leben
fürchten müssen, höre ich von den gleichen Empörten nichts. Das ist ein
Problem."
Der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich forderte seine
Parteiführung auf, entschiedener gegen antisemitische Tendenzen in den
eigenen Reihen vorzugehen. Auch CDU- und SPD-Politiker verlangten von der
Linkspartei, ihr Verhältnis zu Israel endlich mal zu klären.
In den letzten Wochen war die Partei wiederholt wegen israelfeindlicher
oder antisemitischer Vorfälle in die Schlagzeilen geraten. Auf der Homepage
eines Kreisverbands in Duisburg wurde im April ein antisemitisches
Flugblatt mit einem in einen Davidstern eingefassten Hakenkreuz
veröffentlicht. Die Partei hatte sich allerdings von dem Flugblatt
ausdrücklich distanziert und Strafanzeige gestellt. Zuletzt sorgte die
Bundestagsabgeordnete Inge Höger für Aufsehen, als sie in Wuppertal an
einer umstrittenen Palästina-Konferenz teilnahm und sich dort einen Schal
umlegen ließ, auf dem eine Karte des Nahen Ostens ohne den Staat Israel
verzeichnet war.
Linkspartei-Chef Klaus Ernst entgegnete auf die Kritik: "Wir haben uns
mehrmals klar positioniert. Gegen Antisemitismus zeigen wir klare Kante."
Hintergrund der neu entfachten Debatte war ein zunächst unveröffentlichtes
Manuskript des Gießener Politikwissenschaftlers und Autors Samuel Salzborn
und des Leipziger Forschers Sebastian Voigt, aus dem die Frankfurter
Rundschau am Donnerstag zitiert hatte. Nachrecherchen ergaben, dass der
wissenschaftliche Begutachtungsprozess jedoch noch nicht abgeschlossen war
und die vermeintliche "Studie" ein 16-seitiger Aufsatz ist, der zunächst
nicht veröffentlicht werden sollte.
Nachdem Zweifel an der Seriosität des als "Studie" bezeichneten Aufsatzes
geäußert worden waren, veröffentlichte die FR das Manuskript. In dem Text
bezeichnen die Autoren ihre Aussage, "dass der antizionistische
Antisemitismus innerhalb der 'Linken' inzwischen zu einer weitgehend
konsensfähigen Position geworden ist", selbst als "These".
Der Frankfurter Antisemitismusforscher Micha Brumlik sagte der taz: "Die
Fälle, auf die Salzborn sich bezieht, sind zwar empörend, aber nicht neu.
Daraus die Konsequenz zu ziehen, dass insbesondere die westdeutsche Linke
von strukturellem Antisemitismus gekennzeichnet sei, schießt über das Ziel
hinaus." Die "generalisierenden Schlüsse" des Aufsatzes, so Brumlik, seien
schwer zu belegen.
20 May 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
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