# taz.de -- Erklärung gegen Antisemitismus: Gysi versenkt Gaza-Flottille | |
> Die Linksfraktion will sich nicht länger vorwerfen lassen, antisemitisch | |
> zu sein. Nun grenzt sie sich scharf ab von radikalen Israelkritikern in | |
> den eigenen Reihen. | |
Bild: Erklärung zu Antisemitismus: Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hat sich d… | |
Die Debatte dauerte drei Stunden, dann verabschiedete die Linksfraktion am | |
Dienstagabend eine Erklärung gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. | |
Brisant sind die Sätze zum Nahostkonflikt: "Wir werden uns weder an | |
Initiativen zum Nahost-Konflikt, die eine Ein-Staaten-Lösung für Palästina | |
und Israel fordern noch an Boykottaufrufen gegen israelische Produkte noch | |
an der diesjährigen Fahrt einer ,Gaza-Flottille' beteiligen." | |
Dies ist in erster Linie an die eigene Reihen adressiert. Zwei | |
Bundestagabgeordnete der Linksfraktion, Inge Höger und Annette Groth, | |
hatten sich 2010 an der von Israel blutig beendeten und unter anderem von | |
islamistischen Gruppen unterstützten Gaza-Flottille beteiligt. | |
Der Beschluss wurde von der Fraktion einstimmig verabschiedet - allerdings | |
waren bei der Abstimmung gut ein Dutzend Kritiker nicht dabei. "Ich weiß | |
nicht, ob ich zugestimmt hätte", sagte Groth, die ebenfalls fehlte. Bei der | |
diesjährigen Gaza-Flottille wäre sie sowieso nicht mitgefahren. Sie hofft, | |
dass nun "die fürchterliche Debatte um angeblichen Antisemitismus bei der | |
Linken aufhört". | |
## Erfolg für Fraktionschef Gregor Gysi | |
Auch Christine Buchholz und Sahra Wagenknecht hatten nicht inhaltlich gegen | |
die drei Punkte - kein Boykott von Waren aus Israel, keine Unterstützung | |
für eine Einstaatenlösung und die Gaza-Flottille - argumentiert. Sie | |
fürchteten indes, dass diese Erklärung als Kotau vor der Union und den | |
Medien verstanden werden könnte. Die Union hatte kürzlich im Bundestag eine | |
Aktuelle Stunde über "Antisemitismus in der Linkspartei" initiiert. | |
Der Beschluss ist ein Erfolg für Fraktionschef Gregor Gysi, der sich seit | |
Längerem für eine offenere Haltung der Linkspartei gegenüber Israel | |
einsetzt und dabei auf den Widerstand von Westlinken stößt, die oft aus | |
antiimperialistischen, israelkritischen Traditionen kommen. So stammen zwei | |
Protagonisten der Israelkritiker, Christine Buchholz und der Duisburger | |
Fraktionschef Herrmann Dierkes, aus trotzkistischen Organisationen. Dierkes | |
hatte 2009 wegen der Besatzungspolitik zum Boykott israelischer Waren | |
aufgerufen. | |
Unterstützt wurde Gysi in der Debatte auch von Luc Jochimsen, die keiner | |
Strömung angehört. Sie hatte die Linkspartei im Bundestag geschickt gegen | |
die Angriffe von Union und Grünen verteidigt. Gysi habe sich seit Langem | |
nicht mehr so intensiv für etwas engagiert, hört man aus der Fraktion. Der | |
Pragmatiker Jan Korte lobte die Erklärung: "Das ist eine | |
unmissverständliche Klarstellung, die nötig war." | |
Und sie ist verbindlich gemeint. Auch Mitarbeiter müssen sich künftig für | |
diese Positionen einsetzen. | |
8 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Antisemitismus-Beschluss der Linkspartei: "Gysi hat uns erpresst" | |
Parteilinke sind empört über das Vorgehen von Fraktionschef Gregor Gysi | |
beim Antisemitismus-Beschluss. Er habe indirekt mit seinem Rücktritt | |
gedroht. | |
Berliner Linkspartei-Chef über Israel-Kritik: "Die Grenze überschritten" | |
Klaus Lederer, Linkspartei-Chef in Berlin, kritisiert antiisraelische | |
Neigungen in seiner Partei. Und er warnt davor wie die Union gleich von | |
Antisemitismus zu sprechen. | |
Nach Antisemitismusvorwürfen: Linke unter Druck | |
Zum wiederholten Mal sieht sich die Linkspartei dem Vorwurf des | |
Antisemitismus ausgesetzt. Ein Experte hält Anschuldigungen für deutlich | |
überzogen. | |
Verdacht auf Antisemitismus: Studie belastet Linkspartei | |
Nach dem Skandal um die Duisburger Linkspartei und dem Vorwurf des | |
Antisemitismus war die Aufregung groß. Eine Studie warnt jetzt vor einer | |
zunehmenden Israelfeindlichkeit in der Partei. | |
Antisemitismus bei Duisburger Linkspartei: "Wahrheit macht frei!" | |
Auf der Homepage der Duisburger Linken tauchte ein antisemitisches Pamphlet | |
auf. Wie es dorthin gekommen ist, weiß im Augenblick niemand. |