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# taz.de -- Fukushima und die Folgen: Atomenergiebehörde mahnt Betreiber
> Ein neuer Bericht deckt auf: 342 Erdspalten rund um Fukushima waren
> bekannt, wurden aber ignoriert. Im Kraftwerk selbst versucht man neue
> Kühltechnik.
Bild: Mike Weightman (rechts) von der IAEO überreicht den Bericht an Goshi Hos…
BERLIN taz | Am Mittwoch übergibt die Internationale Atomenergieagentur
(IAEO) einen neuen Bericht an die japanische Regierung. Ein 18-köpfiges
Team der IAEO untersuchte ab dem 24. Mai diverse Atomanlagen im Lande. Die
Haupterkenntnis des Berichts ist wenig überraschend: Die Wirkung von
Tsunamiwellen wurde unterschätzt. Unmittelbar nach den Havarien hätte Japan
kaum besser handeln können, heißt es.
Allerdings müssten künftig Verfahren ausgearbeitet werden, wie auch nach
dem bisher nicht einkalkulierten Ausfall von Strom und Licht in den Anlagen
weiterhin Handlungsfähigkeit sichergestellt werde. Außerdem müsse Japan
endlich die Atomsicherheitsbehörde NISA unabhängig machen vom
betreibernahen Wirtschaftsministerium. Diesen Rat hätte die IAEO schon vor
drei Jahren schon einmal erteilt.
Für die Opfer der Reaktorkatastrophe dürfte das zynisches Understatement
sein. [1][Greenaction] veröffentlichte heute eine Berechnung des
Europäischen Komitees für Strahlenrisiken (ECRR) zu künftigen Krebsraten
rund um Fukushima. Das ECRR schätzt folgende Risiken ab: Im
100-Kilometer-Radius rund um Fukushima-Daiichi leben etwa 3 Millionen
Menschen. Wenn diese Menschen im kommenden Jahr weiterhin in diesem Bereich
leben, schätzen die Forscher die zusätzlichen Krebsfälle auf 200.000 in den
kommenden 50 Jahren, 100.000 davon in den kommmendne zehn Jahren. Würde
diese 100-Kilometer-Zone vollständig evakuiert, fiele die Zahl der
zusätzlichen Krebsfälle deutlich.
Für die sieben Millionen Menschen die zwischen 100 und 200 Kilometer vom
AKW entfernt leben, ergeben sich noch einmal ähnlich hohe zusätzliche
Krebsfälle. Die [2][ECCR-Studie] (PDF) kommt auf höhere Schadensfälle als
mit den Rechenmethoden der Internationalen Strahlenschutzkommission – weil
der Report die Strahlung nicht pauschal pro Körpermasse mittelt, sondern
auf die unterschiedlichen Schädlichkeiten von Partikeln für
unterschiedliche Körperteile eingeht.
## 342 Erdspalten und Verwerfungslinien
Die japanischen Stromkonzerne haben unterdes die Berichtssaison
fortgesetzt: Nun übergaben sie der japanischen Atomsicherheitsagentur NISA
eine geologische Untersuchung übergaben. Die Agentur hatte die
Kraftwerks-Betreiber angewiesen, die Erdbebensicherheit neu zu bewerten und
geographische Veränderungen nach dem Erdbeben vom 11. März zu melden.
Die Stromfirmen bekannten nun, dass sie schon bei früheren Erhebungen 342
Erdspalten und Verwerfungslinien in der Nähe der Reaktoren erfasst hätten,
diese aber nicht in ihre Sicherheitskalkulationen einbezogen, weil sie
schon seit über 120.000 Jahren inaktiv seien oder aber wegen Erosion gar
nicht als solche aktiven Spalten erkannt gewesen seien. In diesem
Zusammenhang weist der nationale Fernsehsender NHK darauf hin, dass bei
einem Nachbeben am 11. April etwa 50 Kilometer von Fukushima-Daiichi
entfernt eine solche angeblich inaktive Verwerfung aufgebrochen sei.
Zudem teilte Betreiberfirma Tepco am Dienstag mit, dass im Reaktorgebäude 2
in Fukushima-Daiichi inzwischen ein Kühlkreislauf für das Abklingbecken
installiert sei. In dem Becken stehen abgebrannte Brennelemente. Sie
entwickeln so viel Hitze, dass das Wasser im Becken ständig abkocht und so
das gesamte Reaktorgebäude in ein Dampfbad verwandelt.
"Alle paar Tage", so Tepco, pumpten sie 50.000 Liter Wasser in das Becken.
Das Wasser dort hat trotzdem 70 Grad und sorgt dafür, dass die
Luftfeuchtigkeit bei 99,9 Prozent liegt. Unter solchen Bedingungen sind die
Reparaturarbeiten sehr erschwert. Ein Wärmetauscher soll nun das Wasser im
Abklingbecken kühlen und die Wärme nach draußen abführen. Im Laufe des
Monats sollen ähnliche Kreisläufe auch in den Reaktorblöcken 1 und 3, im
Juli dann in Nummer 4 aufgebaut werden.
1 Jun 2011
## LINKS
[1] http://fukushima.greenaction-japan.org
[2] http://www.llrc.org/fukushima/subtopic/fukushimariskcalc.pdf
## AUTOREN
Reiner Metzger
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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