# taz.de -- Tödliche Strahlenwerte in Fukushima: Gefahr aus dem Keller | |
> Die Quelle der tödlichen Strahlenwerte in Reaktor 1 der Atomruine in | |
> Fukushima ist weiter unklar. Die Gefahr könnte im Keller lauern – aus | |
> einem Rohr steigt radioaktiver Dampf auf. | |
Bild: Dampf aus einem Rohr im Keller. Da lagern 105.000 Tonnen verstrahltes Was… | |
BERLIN taz | Die Atomruinen des havarierten AKW Fukushima Daiichi sind | |
weitaus gefährlicher als bislang gedacht. Reaktorblock 1 strahlt | |
lebensbedrohlich; verstrahltes Wasser bedroht wieder das Meer, und die | |
Aufräumarbeiten liegen weit hinter dem Zeitplan. | |
4.000 Millisievert wurden von einem Roboter am Wochenende in der | |
südostlichen Ecke des Reaktorblocks 1 gemessen. | |
Dazu sagt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): "Ohne medizinisches | |
Eingreifen sterben bei dieser Dosis 50 Prozent der exponierten Personen | |
nach drei bis sechs Wochen." Die Belastung sei an Dampf gemessen worden, | |
der an einem Rohr aus dem Keller aufsteige, hieß es in japanischen Medien. | |
Weiterhin unklar ist, wo genau der Dampf herkommt. | |
## 105.000 Tonnen hochradioaktives Wasser | |
Doch es passt ins Bild, dass die Strahlengefahr im Keller lauert. Dort | |
haben sich inzwischen 105.000 Tonnen hochradioaktiven Wassers gesammelt, | |
das seit Wochen zur Kühlung in die Gebäude gepumpt wird. Die strahlende | |
Brühe droht nun aus den Kellern der geborstenen Gebäude überzulaufen und | |
wieder einmal in den Pazifik zu gelangen. Gerade hatte Tepco verkündet, bei | |
der Strahlenbelastung des Wassers gebe es einen "Abwärtstrend". Nun warnt | |
der Konzern: "Um den 20. Juni herum" könnte der Keller von Reaktorblock 2 | |
überlaufen. Fieberhaft versuchen die Techniker, 270 Tanks mit einer | |
Gesamtkapazität von 30.000 Tonnen heranzuschaffen, um das Wasser | |
aufzunehmen. Dann soll das Wasser entseucht werden und wieder zur Kühlung | |
bereitstehen, um den Kreislauf zu schließen. | |
Ob diese Pläne gelingen, ist völlig unklar. Die Arbeitsbedingungen vor Ort | |
jedenfalls leiden nicht nur unter der Strahlengefahr, sondern auch unter | |
der Hitze und Luftfeuchtigkeit. Gestern wurden nach Medienberichten zwei | |
Arbeiter wegen Kreislaufproblemen ins Krankenhaus gebracht. Arbeiten an | |
Reaktor 2 sind schon länger wegen der saunaartigen Umgebung praktisch | |
unmöglich. | |
## Situation bleibt bis Ende des Jahres instabil | |
Diese Schwierigkeiten verzögern die Arbeiten: Bis Ende des Jahres werde man | |
die Situation nicht stabilisieren können, zitiert die Nachrichtenagentur | |
Kyodo Tepco-Manager. Dann müsste auch die evakuierte Bevölkerung weiter in | |
Notunterkünften ausharren, und der offizielle Plan, das Unglück in "sechs | |
bis neun Monaten" in den Griff zu kriegen, wäre damit hinfällig. | |
Auch die Kosten des Unglücks werden neu berechnet: Zwischen 50 und 200 | |
Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren würden Aufräumarbeiten und der | |
Abriss der Reaktoren kosten, hat das Japan Center for Economic Research | |
errechnet. Die Kalkulation gilt laut der Zeitung Asahi Shimbun als | |
optimistisch: Denn sie enthält weder Entschädigungen für Fischer und Bauern | |
noch die Dekontaminierung von Böden und Wasser. | |
6 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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