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# taz.de -- EU-weite Überwachung: Fluggäste fünf Jahre lang gläsern
> Die EU will die Daten von Flugpassagieren vorsorglich speichern und
> auswerten. Datenschützer warnen, EU-Staaten treiben, das Parlament ist
> noch unentschlossen.
Bild: Vorsorgliche Speicherung: Laut EU-Kommission sollen die Daten von Fluggä…
FREIBURG taz |Skepsis, aber keine Ablehnung signalisierte das Europäische
Parlament. In dessen Rechtsausschuss wurde am Donnerstag erstmals über den
Vorschlag debattiert, ein EU-System zur vorsorglichen Speicherung und
Auswertung von Fluggastdaten einzurichten. Nur die Grünen positionierten
sich klar dagegen.
Die EU-Kommission hatte im Februar einen Vorschlag vorgelegt, nach
US-Vorbild die Reisedaten von Flugpassagieren vorsorglich aufzubewahren und
auszuwerten. Dabei sollen fast alle Daten, die der Fluggast bei der Buchung
angibt, fünf Jahre lang gespeichert werden, zum Beispiel Flugroute,
Reisebegleiter, Zahlungsmittel. Damit sollen "Terrorismus und schwere
Kriminalität" besser aufgeklärt und sogar verhütet werden.
Nach einem Anschlag könnte zum Beispiel festgestellt werden, wann der
Attentäter in den Jahren zuvor mit wem wohin geflogen ist, um Hinweise auf
Komplizen und Hintermänner zu erhalten. Außerdem sollen durch die
Auswertung der Fluggastdaten Verdachtsmomente gegen Personen gewonnen
werden, die bislang noch völlig unverdächtig sind. Wie das genau gehen
soll, ist zwar noch unklar, aber es ist jedenfalls der Musterfall einer
Überwachung ins Blaue hinein.
Erste Reaktionen waren deshalb negativ. Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter
Hustinx lehnte den Vorschlag ab, die EU-Grundrechte-Agentur sah die Gefahr
von Diskriminierungen, und sogar der juristische Dienst des EU-Ministerrats
hält das Vorhaben für "unverhältnismäßig".
## Großbritannien will Überwachung sogar noch ausweiten
Vielen EU-Staaten ging der Vorschlag aber nicht einmal weit genug. Während
EU-Kommissarin Cecilia Malmström zunächst nur Flüge aus der EU in
Drittstaaten erfassen will, fordert eine Gruppe von Staaten, angeführt von
Großbritannien, sofort auch alle Flüge innerhalb der EU auszuwerten.
Das EU-Parlament, das ein Vetorecht hat, blieb am Donnerstag in seiner
ersten inhaltlichen Debatte noch blass. Der Berichterstatter Timothy
Kirkhope, ein britischer Konservativer, begrüßte den Vorschlag, wenn er auf
Terrorismus und "große Verbrechen" beschränkt bleibe. Die Liberale Sophia
int Veld war jedoch noch nicht überzeugt, dass die vorsorgliche Speicherung
erforderlich ist. Der Grüne Jan Philipp Albrecht schlug vor,
Verdachtsmomente nur durch anonyme Auswertungen des Flugverkehrs zu
gewinnen. Die Sozial- und Christdemokraten hatten noch keine klare Meinung.
Weiter ist die Diskussion bei einem anderen, aber ähnlichen Projekt. Schon
seit Jahren werden europäische Fluggastdaten den USA, Australien und Kanada
übermittelt, derzeit gelten hierfür aber nur provisorische Abkommen. Die
endgültigen Verträge werden derzeit ausgehandelt. So wollen die USA die
Daten 15 Jahre lang speichern und nicht nur zur Bekämpfung von Terrorismus,
sondern auch für Einwanderungs- und Zollverstöße sowie jeden anderen
gerichtlich bestätigten Zweck verwenden.
## Ungewohnter Widerstand
Dagegen entstand im Mai sogar im Ministerrat der EU-Regierungen ungewohnter
Widerstand. Und der juristische Dienst der EU-Kommission urteilte in einem
Gutachten, das Anfang dieser Woche bekannt wurde, der Abkommensentwurf
entspreche nicht den Grundrechten.
Doch die USA wollen den Europäern nicht einmal im Detail entgegenkommen. Im
Mai beschloss der US-Senat eine Resolution, die die Regierung auffordert,
keinerlei Änderungen zuzustimmen, die die Auswertung der Daten
beeinträchtigen.
Das Europaparlament hat angedroht, die provisorischen Abkommen zu kippen,
wenn es nicht bald eine Einigung über ein entschärftes neues Abkommen gibt.
Der Flugverkehr in die USA und die Überwachung der Fluggäste gingen dann
zwar weiter, aber dies wäre der offene diplomatische Konflikt.
16 Jun 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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