# taz.de -- Vermarktung des deutschen Frauenfußballs: Nun drohen Ernteausfälle | |
> Kaum noch neue Werbeverträge: Die Manager der deutschen Spielerinnen | |
> fürchten nach dem frühen WM-Aus um die erhoffte Rendite. | |
Bild: Gibt's jetzt Stress mit den Sponsoren? Lira Bajramaj im Business | |
FRANKFURT taz | Das deutsche Team ist draußen. Doch: Warum? Wieso? Wer ist | |
schuld? Eine Republik diskutiert. Und Dieter Weber, der Berater der | |
Nationalspielerinnen Simone Laudehr und Alexandra Popp, der findet das gut | |
so. Er sagt: „Man muss darüber reden, wie Fußball gespielt wurde und ob man | |
das nicht auch anders machen kann.“ | |
Ob und welche Konsequenzen diese Debatte haben wird, bleibt abzuwarten. | |
Klar ist, so Weber, dass die Viertelfinalniederlage gegen Japan deutliche | |
Auswirkungen für seine Klientinnen und damit auch für ihn haben wird. „Das | |
ist ein herber Verlust für die Vermarktung von Einzelspielerinnen“, sagt | |
er. | |
Abgesehen von den ausfallenden Prämien, die der Deutsche Fußball-Bund in | |
Aussicht gestellt hat, werde nun der ein oder andere Vertrag nicht mehr | |
verlängerungsfähig sein. Und für neue Kontrakte seien die Perspektiven | |
sowieso schlecht. Weiter will Weber diesen Gedanken aber lieber nicht | |
ausführen. Denn: „Ich möchte niemanden verschrecken, der vielleicht doch | |
noch Interesse hat.“ Aus deutscher Sicht sei es ein grundsätzliches | |
Problem, dass das Turnier keine Stars hervorgebracht habe. | |
Fatmire Bajramaj ist eine Spielerin gewesen, die bereits vor dem Turnier | |
von ihrem Berater Dietmar Ness tatkräftig zum Star mit den meisten | |
Werbeverträgen aufgebaut wurde. Gespielt hat sie dann allerdings nur einmal | |
von Anfang an. Ein Fehler sei dies gewesen, meint Ness, dessen Agentur mit | |
27 Spielerinnen so viele wie niemand sonst betreut. „Sportlich dürfte | |
Bajramaj nicht in Frage gestellt werden. Ich denke, sie hätte mehr spielen | |
müssen.“ | |
Als Schlag ins Kontor will er aber diese WM nicht bewerten. Positiv hebt er | |
hervor: „Der Bekanntheitsgrad der Spielerinnen ist gestiegen. Die | |
persönlichen Sponsoren sind begeistert von Lira, auch weil sie ein | |
positives Bild nach außen abgegeben hat.“ Keiner der Sponsoren von Bajramaj | |
sei bislang abgesprungen. Im Gegenteil. Zwei große Partner hätten direkt | |
nach der Niederlage gegen Japan noch im Stadion in Wolfsburg angefragt, ob | |
Bajramaj nicht zu einer Veranstaltung kommen wolle. | |
## Der erhoffte Werbe-Boom wird ausbleiben | |
Was Ness unterschlägt: Bei dieser WM haben alle auf Zugewinne und nicht auf | |
das Halten der Stammkundschaft spekuliert. So wie das damals beim WM-Gewinn | |
2007 der Fall war. Das Kopfballtor von Simone Laudehr im Finale gegen | |
Brasilien erwies sich – in Relation zum bis dahin verdienten Salär – als | |
Gold wert. Mehrere Basisverträge bescherte ihr dieser Glücksmoment. Um ein | |
Mehrfaches hätten sich ihre Einkünfte gesteigert, erinnert sich Weber. | |
Die besten Spielerinnen verdienen hierzulande seither monatlich knapp | |
fünfstellige Beträge. Einen weiteren Entwicklungssprung hatten sich viele | |
Berater von der WM versprochen. Es sollte ein Erntejahr werden. | |
„Vorübergehend gibt es stattliche Beträge zu verdienen“, erklärte Weber … | |
dem Turnier. Für die Nationalspielerinnen und die Berater sei dies ein | |
„kleiner Quantensprung“. | |
Sein Kollege Ness relativierte jedoch diese Zuverdienste: „Leben kann man | |
davon in der Regel nicht, wenn man mal von Bajramaj absieht.“ Und der große | |
Zampano des Frauenfußball-Managements, Siegfried Dietrich, stellt klar: | |
„Gemessen daran, dass man am Anfang viel Arbeit und Zeit in ein Konzept | |
investieren muss, ist es nicht viel.“ Dietrich vermarktet mit dem 1. FFC | |
Frankfurt nicht nur den finanzstärksten Verein in Deutschland, sondern | |
betreut auch die aktuellen Nationalspielerinnen Birgit Prinz, Nadine | |
Angerer und Melanie Behringer. | |
## Grenzen nach oben | |
Mit den Frauen ließ sich bislang nicht viel Geld verdienen. Entsprechend | |
überschaubar war lange Zeit die Beraterszene. Weber erzählt: „Siegfried | |
Dietrich hat einmal gesagt, ich und Ness seien die einzigen | |
ernstzunehmenden Berater.“ Ein Männertrio dominierte lange dieses Gewerbe. | |
Doch im Vorjahr der WM sind noch ein paar weitere hinzugekommen, die | |
aufgrund der etwas günstigeren Vermarktungssituation von Fußballerinnen ein | |
Geschäft witterten. Nun, schätzt Weber, seien es zwischen zehn und zwölf | |
Konkurrenten. | |
Der 68-jährige Soziologe und Psychologe im Ruhestand vermutet, dass einige | |
dieser Spekulanten nun wieder abspringen werden. „Ich glaube, nach dieser | |
WM wird das alles sehr schnell in sich zusammenbrechen.“ Grund dafür seien | |
der Misserfolg und die fehlende Aussicht auf ein ähnliches Ereignis. Er | |
stellt fest: „Der Hype war doch nur möglich, weil in Deutschland gespielt | |
wurde.“ Die Entwicklung des Frauenfußballs habe ihre Grenzen nach oben, | |
betont Weber. | |
Kurzzeitig war das Geschäft ein wenig rauer geworden. Das hat auch Dieter | |
Weber zu spüren bekommen. Es gab einen Abwerbungsversuch bei einer seiner | |
Klientinnen, der Nachwuchsstürmerin Alexandra Popp. Eine Person, die in die | |
WM-Organisation mit eingebunden war, berichtet Weber, habe sich die dadurch | |
öffnenden Zugänge zunutze machen wollen. | |
Nach diesem Turnier, so ist zu vermuten, wird das zwischenzeitliche | |
Gerangel um die Frauen wieder abnehmen. Die drei Herrn Ness, Weber und | |
Dietrich werden wohl weiter die maßgeblichen Ansprechpartner im | |
Frauenfußball bleiben. | |
11 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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