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# taz.de -- Nach dem Aus der Deutschen: Das ist Fußball!
> Das deutsche Team ist raus. Das mag traurig sein. Tragisch ist es nicht.
> Denn gewonnen hat der Frauenfußball, der jetzt ist, was er immer sein
> wollte: einfach Fußball.
Bild: Japans Verteidigerin Aya Sameshima feiert sich und den Fußball
BERLIN taz | Deutschland wird Weltmeister. Das war doch klar. Vor dem
Turnier. Jeder fünfte Deutsche war von einem Durchmarsch überzeugt. Gefühlt
lag die Quote noch viel höher. „Der dritte Platz ist was für Männer“, das
stand auf großen Plakaten. Fast 17 Millionen an den Fernsehern wollten sich
an berechenbaren Siegen berauschen. Sie wollten die Elf hübsch vom Sofa aus
ins Finale begleiten. Erfolg schien planbar zu sein.
Okay, man hatte nach einer Weile kapiert, dass es enger zuging als jemals
zuvor bei einem WM-Turnier, aber ein Sturz auf der Spritztour zum Titel war
außerhalb des Erwartungshorizontes von Millionen.
Die werden es schon irgendwie richten, dachte das Publikum. Ist doch
Heim-WM. Und seit 1999 haben die nicht mehr bei einer Weltmeisterschaft
verloren. 53:7 Tore haben sie im Siegesrausch geschossen. Hey, liebe Leute:
53:7! In den letzten 15 WM-Spielen 14-mal gewonnen und nur einmal
Unentschieden gespielt. Die sind Doppelweltmeister geworden. Hier gibts die
stärkste Liga der Welt. Und gegen Japan haben sie noch nie verloren,
zuletzt bei großen Turnieren immer 2:0 gespielt. Irgendeine Bude wird schon
reingehen, irgendeine Kopfballgurke. War doch klar. Die Japanerinnen sind
eh viel zu klein für eine Garefrekes und eine Grings. Aber dann?
Das Aus im Viertelfinale. Das Undenkbare ist geschehen. Die Topteams
spielen noch eine Woche weiter Weltmeisterschaft, und die deutschen
Sommermädels verfallen vorzeitig in eine gewaltige Herbstdepression. Bloß
weg von hier, dem Ort der Schmach, das ist jetzt der alternative Plan.
## Die beste Frauen-WM aller Zeiten
Aber ist das ein Drama? Nö, eigentlich nicht. Die Quoten gehen jetzt
vielleicht runter, aber für den Frauenfußball ist das Aus der Deutschen
eine gute Nachricht. So siehts auch DFB-Chef Theo Zwanziger. „Imageschaden?
Nein. Ganz im Gegenteil: Ich bin froh, dass die Weltspitze im Frauenfußball
deutlich enger zusammengerückt ist“, hat er nach dem Spiel in Wolfsburg
gesagt.
Das ist natürlich erst einmal vor allem Legitimationsrhetorik. Aber wo er
recht hat, da hat er recht, der Frauenfußballversteher Theo Zwanziger. Denn
wir sehen die beste Frauenfußball-WM aller Zeiten. Vielen Teams ist ein
Quantensprung gelungen: Australien, Frankreich, Äquatorial-Guinea und auch
Japan. Die Sparringspartner von einst sind echte Gegner geworden. Einfach
ans Glaskinn tippen, und schon fallen sie um – das geht heute nicht mehr.
Natürlich kann der Weltranglistenzweite (Deutschland) verlieren gegen den
Weltranglistenvierten (Japan).
Hoffnungslose Außenseiter gibt es nicht mehr, die Underdogs fletschen die
Zähne. Norwegen, der zweimalige Europameister und Olympiasieger von Sydney,
kann in der Vorrunde rausfliegen. Und natürlich kann auch Deutschland, der
siebenmalige Europameister, der zweimalige Weltmeister und Zweite der
ewigen WM-Tabelle, verlieren gegen Japan. Das ist Teil der neuen Realität.
Das ist vor allem: Fußball. Endlich!
Denn Fußball ist auch: Wenn man nicht weiß, wie das Spiel ausgeht. Der
Frauenfußball ist unberechenbarer geworden. Die Anverwandlung an den
Männerfußball scheint auch hier zu klappen. Die gute Nachricht ist: Der
Prozess der Nivellierung verspricht nicht nur bei diesem Turnier Spannung,
nein, auch in Zukunft dürfte es in diesem Stil weitergehen. Der
Frauenfußball wird nicht mehr nur von den Big Five (Deutschland, Brasilien,
Norwegen, Schweden und USA) dominiert, andere mischen jetzt auch ganz vorn
mit.
## Dienst nach Vorschrift reicht nicht
Dass ausgerechnet der WM-Gastgeber Opfer dieser Entwicklung geworden ist,
mag aus Sicht der deutschen Fans bedauerlich sein, aber irgendwann werden
auch sie kapieren, dass die Niederlage einer gewissen Logik folgte und dass
man aus der Niederlage Lehren ziehen kann.
Es reicht einfach nicht mehr, Dienst nach Vorschrift zu tun, eine halbwegs
solide 4-2-3-1-Formation und Dusel zu haben. Es braucht schon ein bisschen
mehr. Wie wärs, Frau Neid, mit einer Elf, die kurze Pässe spielen kann, die
nicht nur auf ihre Kopfballstärke vertraut und die taktisch variabler
agiert.
Während die Elf des Deutschen Fußball-Bundes in der Entwicklung zu
stagnieren scheint, haben andere Teams, Japan zum Beispiel, an sich
gearbeitet. Sawa, Sakaguchi, Ohno und Co. gelangen in Wolfsburg wunderbare
Ballstafetten. Sie entpuppten sich als Meisterinnen des One-touch-Fußballs.
Dagegen wirkten die deutschen Spielerinnen wie grobe Holzklötze. Sie
begingen ungezählte Stockfehler. Waren in der Spielanlage schlechter als
Japan. Dieses Match hat deutsche Defizite schlaglichtartig ausgeleuchtet.
Der designierte Weltmeister 2011 hat dieses Spiel verdient verloren, keine
Frage. Bei der Weltmeisterschaft 2015 in Kanada könnte den Deutschen eine
neue Rolle zuteil werden: die des Überraschungsteams. Wäre mal was ganz
Neues.
10 Jul 2011
## AUTOREN
Markus Völker
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