# taz.de -- Rechtsregierung erhebt Lebensmittelsteuer: Ungarn verteuert Zucker … | |
> Zum ersten Mal führt ein EU-Staat eine zusätzliche Steuer auf | |
> Lebensmittel mit viel Salz, Zucker oder Koffein ein. Fettiges wie die | |
> ungarische Salami wird nicht besteuert. | |
Bild: Schokoecke mit Gabel: Süß, salzig und aufputschend soll besteuert werde… | |
BERLIN taz/dpa/afp | Als erstes Land in Europa will Ungarn ab September | |
eine Sondersteuer auf "ungesunde" Lebensmittel kassieren. Die Abgabe wird | |
auf Fertigprodukte mit einem besonders hohen Anteil von Salz, Zucker, | |
Koffein oder Kohlenhydraten fällig, beschloss das Parlament in Budapest am | |
Montagabend. Die Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten | |
Viktor Orbán begründete die Steuer damit, dass der Gesundheitszustand der | |
Ungarn durchschnittlich im internationalen Vergleich "zurückgeblieben" sei. | |
Die Verbraucher müssen dem neuen Gesetz zufolge beispielsweise für einen | |
Liter Cola 5 Forint (2 Euro-Cent) mehr zahlen als bisher. Der Zuschlag für | |
sogenannte Energy-Drinks beträgt 93 Cent. Bei industriell verpackten Kuchen | |
und Keksen schlägt die Steuer mit 37 bis 74 Cent pro Kilogramm zu Buche. | |
Ausgerechnet Fett, dessen übermäßiger Konsum von vielen Wissenschaftlern | |
für Übergewicht verantwortlich gemacht wird, ist aber von der Steuer | |
ausgenommen. Damit verschont die Regierungskoalition auch die berühmten | |
ungarischen Salami. | |
## Dänemark und Rumänien planen Ungesund-Steuern | |
Dänemark dagegen will ab Oktober speziell Nahrungsmittel mit viel | |
gesättigten Fettsäuren extra besteuern, die vielen als Ursache eines | |
erhöhten Herzinfarktrisikos gelten. Rumänien wollte bereits ab März "Junk | |
Food" stärker besteuern, stoppte das Vorhaben aber. | |
Für Deutschland seien die ungarischen Steuerbeschlüsse kein Vorbild, sagen | |
Verbraucherschützer und Industrielobbyisten hierzulande in seltener | |
Einigkeit. "Die Produkte bleiben ja auf dem Markt. Besser wären Grenzwerte | |
zum Beispiel für bestimmte Fette", sagte Lebensmittelexpertin Jutta Jaksche | |
vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Und Andrea Moritz, Sprecherin des | |
Branchenverbands Bunds für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, | |
prophezeit: "Fettsteuern zum Beispiel machen Bratwurst teurer. Deswegen | |
werden die Menschen doch nicht weniger Bratwurst essen. Sie zahlen nur mehr | |
dafür." | |
Auch bei der Vebraucherorganisation Foodwatch stößt das ungarische Gesetz | |
auf Ablehnung. Die Regierung in Budapest habe sich in den jüngsten Debatten | |
im Europäischen Rat "mit keinem Wort" für eine transparentere Kennzeichnung | |
von Nährwerten in Lebensmitteln eingesetzt, sagte der Vize-Geschäftsführer | |
von Foodwatch, Matthias Wolfschmidt. "Ungarn geht es offenbar nicht | |
wirklich um eine gesündere Ernährung, sondern ums Geldabgreifen." | |
12 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Nestlé | |
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