# taz.de -- Regenwaldprojekt in Ecuador vor dem Aus?: Kein Geld gegen Öl | |
> Für die "Dschungel statt Öl"-Initiative im Yasuní-Nationalpark wurde | |
> bisher nur ein Bruchteil der Mittel eingezahlt. Darum könnte die | |
> Ölförderung nächstes Jahr beginnen. | |
Bild: Verabschiedung des Yasuní-Projekts? Ecuadors Präsident Rafael Correa. | |
PORTO ALEGRE taz | Steht die vielgerühmte Yasuní-ITT-Initiative der | |
ecuadorianischen Regierung vor dem Aus? Kommt nun die Ölförderung im | |
östlichen Teil des Amazonas-Nationalparks Yasuní, einem der artenreichsten | |
Gebiete der Welt? Seit vier Jahren appelliert Ecuador an ausländische | |
Regierungen und Unternehmen, sie sollten die Hälfte der vermuteten | |
Öleinkünfte aufbringen - dann bliebe der Regenwald erhalten und das Öl | |
unter der Erde. | |
Insgesamt geht es um eine Summe von 3,5 Milliarden Dollar, die von einem | |
UN-Treuhandfonds verwaltet und für den Schutz des Nationalparks und die | |
Energiewende in Ecuador verwendet werden sollen; 100 Millionen davon sollen | |
bis Ende dieses Jahres eingezahlt sein. Doch bisher gibt es für den Plan | |
viele warme Worte, aber kaum Geld: Gerade 1,7 Millionen US-Dollar beträgt | |
der Kontostand derzeit. Doch für einen Abgesang ist es zu früh, auch wenn | |
die Öllobby Oberwasser hat. | |
Wilson Pástor, Minister für nicht erneuerbare Ressourcen, verriet kürzlich | |
auf einer Tagung, was die Regierung im nächsten Jahr vorhat, falls bis | |
Jahresende nicht die erhofften 100 Millionen Dollar für die Rettung des | |
Regenwaldes eingetroffen sind: Ab September 2012 könnte an 14 Stellen | |
gebohrt werden, so Pástor, bei den dafür nötigen Investitionen in Höhe von | |
8,6 Milliarden Dollar winkten hohe Renditen. Im sogenannten ITT-Korridor | |
lagern nachweislich 846 Millionen Barrel, ein Fünftel der landesweiten | |
Erdölvorräte. Pástor vermutet dort sogar doppelt bis dreimal so viel. | |
Der frühere Ölmanager ist eine Reizfigur für Ecuadors Indígenas und | |
UmweltaktivistInnen. Ihr Tauziehen mit den Multis hat eine lange | |
Vorgeschichte. In den Aufbruchsmonaten von Rafael Correas erster Amtszeit | |
setzte sich der damalige Energieminister Alberto Acosta durch. Doch bevor | |
der Präsident im Juni 2007 die Yasuní-ITT-Initiative offiziell lancierte, | |
vertröstete er die Öllobby mit einem "Plan B". Es sei verantwortungslos, | |
mögliche Ölmilliarden außer Betracht zu lassen, wiederholt Correa. Mit | |
ihnen möchte er das Gesundheits- und Bildungswesen auf Vordermann bringen. | |
Dass dieses Szenario immer wahrscheinlicher wird, liegt an seiner | |
ambivalenten Haltung, aber auch an der schwarz-gelben Bundesregierung. | |
Nirgendwo war die Resonanz auf den Vorstoß aus Quito so groß wie in | |
Deutschland. Bis zum Regierungswechsel in Berlin standen den Ecuadorianern | |
alle Türen offen, der Staatssekretär des Entwicklungshilfeministeriums, | |
Erich Stather (SPD), stellte ihnen sogar mündlich die erhofften | |
Klimamillionen in Aussicht. | |
Doch im September 2010, kurz nachdem der UN-Fonds endlich eingerichtet war, | |
verkündete der neue Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) eine Kehrtwende. | |
Im Mai weigerte er sich gar, eine ecuadorianische Regierungsdelegation zu | |
empfangen. Kurios die Argumentation: Das Beispiel könne in anderen | |
Tropenländern Schule machen, ließ Niebel der Gesandten Correas, Ivonne | |
Baki, ausrichten. Auch 2012 plane man keine Einzahlungen in den | |
Yasuní-Fonds, [1][beschied er nun auf eine Anfrage der Linksfraktion im | |
Bundestag]. | |
Baki gibt sich unverdrossen optimistisch, 78 Prozent der Ecuadorianer weiß | |
sie hinter sich. Vor Kurzem forderte sie Correa öffentlich dazu auf, nicht | |
mehr vom "Plan B" zu reden, das sei kontraproduktiv. Vor laufenden | |
TV-Kameras einigten sich die beiden: Erst im Dezember wird Bilanz gezogen. | |
Man habe zu sehr auf Regierungen und zu wenig auf die "Zivilgesellschaften" | |
gesetzt, meint Baki selbstkritisch. Seit Neuestem können auch | |
[2][Einzelpersonen in den Fonds einzahlen], immerhin. | |
21 Jul 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/065/1706543.pdf | |
[2] http://mdtf.undp.org/yasuni | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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