# taz.de -- Referendum in Ecuador: Sieg für Staatspräsident Rafael Correa | |
> Die Mehrheit der Wähler in Ecuador stimmt für umstrittene innenpolitische | |
> Reformen. Die Opposition warnt vor einer weiteren Machtkonzentration. | |
Bild: Stimmabgabe in Quito am vergangenen Samstag. | |
BERLIN taz | Ein gutes halbes Jahr nach einem gescheiterten Putschversuch | |
durch rebellierende Polizeieinheiten sitzt Ecuadors Staatspräsident Rafael | |
Correa wieder fest im Sattel. Bei einer maßgeschneiderten Volksbefragung am | |
vergangenen Samstag über innenpolitische Themen setzte sich der Staatschef | |
klar durch. Bei allen Fragen stimmte eine Mehrheit von etwa 55 Prozent der | |
Bürger des südamerikanischen Landes am Samstag mit "Ja", teilte der | |
nationale Wahlrat am Sonntag mit. | |
Die insgesamt zehn Fragen reichten von einer Justizreform bis zum Verbot | |
von Glücksspielen und Stierkämpfen. Fünf Verfassungsänderungen waren mit | |
umfangreichen Anhängen versehen. Der Linkskatholik Correa hatte die | |
Befragung bereits im Januar angesetzt, um nach einer gelungenen | |
Medienkampagne zum Thema der angeblich verschärften Sicherheitslage wieder | |
in die Offensive gehen zu können. | |
Eine bislang verschleppte Justizreform wird nun einem dreiköpfigen, | |
regierungsnahen Gremium übertragen, das auch Richter benennen kann. | |
Außerdem werden die Fristen für eine Untersuchungshaft ausgedehnt. Wegen | |
verstrichener Fristen habe man in den letzten Jahren über 4.000 Kriminelle | |
aus der Untersuchungshaft entlassen müssen, hieß es. "Die Gegner der | |
Befragung verteidigen die Rechte der Verbrecher, die Regierung diejenigen | |
der Opfer", hatte Justizminister José Serrano behauptet. | |
Anders als sein venezolanischer Amtskollege Hugo Chávez, der durch mehrere | |
Referenden eine Radikalisierung seines staatssozialistischen Kurses | |
anstrebte, nahm Correa in dieser Frage der konservativen Opposition den | |
Wind aus den Segeln. Bei seinem Vorgehen gegen "mafiöse Kreise" in der | |
Justiz hoffe er auf die Mitarbeit des spanischen Richters Baltasar Garzón, | |
sagte Correa am Samstag. | |
## Trickreiches Gemauschel | |
Wie seine Vorgänger wolle der Staatschef direkt Einfluss auf die Justiz | |
nehmen, wirft ihm sein früherer Mitstreiter Alberto Acosta vor, der eine | |
"Front zur Verteidigung der Verfassung" von 2008 anführt. "Der Präsident | |
verrät die Grundlagen der Bürgerrevolution", meint Acosta, der den | |
Verfassungskonvent geleitet hatte und jetzt eine weitere Machtkonzentration | |
in den Händen Correas befürchtet: "Es geht eben nicht darum, Personen zu | |
vertrauen, sondern darum, vertrauenswürdige Institutionen zu schaffen und | |
Spielregeln zu respektieren". | |
Die in ihrer Detailverliebtheit kaum überschaubare Befragung hat vor allem | |
die Kluft zwischen Correa und etlichen seiner früheren linken und | |
linksliberalen Anhänger aus dem Bürgertum vertieft. Abgeordnete und frühere | |
Minister traten im Vorfeld aus der Regierungspartei aus, aber auch der | |
Indianerdachverband Conaie warb für das "Nein". Correa setze auf | |
trickreiches Gemauschel und Machtkonzentration statt auf transparente | |
Partizipation, lautete einer der Hauptvorwürfe. | |
Umstritten sind auch die Pläne des Präsidenten für eine stärkere | |
Regulierung der Medien. So wird die bereits in der Verfassung vorgesehene | |
strikte Trennung zwischen Banken und Medienverlagen festgeschrieben und ein | |
Medienrat eingerichtet. Das Gremium wird Richtlinien zu Gewalt, Sex und | |
Diskrimierung in den Medien ausarbeiten. Verleger und Journalisten wittern | |
Zensur. | |
Auch wenn sein Vorsprung bei den zwei vorhergehenden Referenden noch | |
wesentlich klarer ausgefallen war: Der vor allem wegen seiner Sozialpolitik | |
populäre, seit Anfang 2007 regierende Correa kann nun zuversichtlich auf | |
seine zweite Wiederwahl in zwei Jahren hinarbeiten. | |
8 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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