# taz.de -- Ministerin über Yasuní-Park in Ecuador: "Wir müssen pragmatisch … | |
> Die ecuadorianische Naturerbe-Ministerin María Fernanda Espinosa über die | |
> "Dschungel statt Öl"-Initiative, Hilfe der internationalen Gemeinschaft, | |
> Logik und die Linke. | |
Bild: Artenvielfalt im Yasuní-Nationalpark. | |
taz: Frau Ministerin, es gibt Befürchtungen, dass Ecuador 2012 die | |
Ölförderung im Yasuní-Nationalpark genehmigen könnte. Sehen Sie noch eine | |
Chance, dies zu verhindern? | |
María Fernanda Espinosa: Die Ölforderung war von Anfang an eine mögliche | |
Option. Doch die "Dschungel statt Öl"-Initiative geht weit über die Frage | |
der Überweisung von Geld hinaus. Sie ist von einem enormen politischen und | |
pädagogischen Wert. Wir brauchen neue internationale Mechanismen, um | |
globale Gemeingüter wie die Atmosphäre zu verwalten. Wer kommt für die | |
Kosten unseres Wachstums auf? Mit Verzicht auf Lebensqualität, mit Risiken, | |
mit Unsicherheit? Dahinter steht das neue Konzept der vermiedenen | |
Nettoemissionen. | |
Sie hoffen auf 100 Millionen Dollar von der Weltgemeinschaft bis Ende 2012 | |
- ist das realistisch? | |
Wir haben ja schon fast die Hälfte. Wir stehen kurz davor, mit Italien | |
einen Schuldentausch über 35 Millionen Dollar zu unterschreiben, die | |
fließen in den Fonds. Dann gibt es weitere, eher symbolische Beiträge wie | |
100.000 Dollar aus Kolumbien. Auch andere Länder sind dabei, die Dynamik | |
der Initiative zu verstehen. Oft gibt es Befürchtungen, denn der Vorschlag | |
bricht ja total mit der herkömmlichen Logik der Zusammenarbeit über die | |
globalen Gemeingüter. Er führt das Prinzip der Mitverantwortung ein. | |
Was sagen Sie zur Weigerung der Bundesregierung, das Yasuní-Projekt zu | |
unterstützen? | |
Wir wissen, dass Regierungen nicht monolithisch sind. Wir haben in der | |
Bundesregierung durchaus Unterstützer, Umweltminister Röttgen zum Beispiel | |
und auch die Kanzlerin. Merkel kennt unsere Initiative und unterstützt uns. | |
Die ersten Studien sind von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit | |
finanziert worden. Der UN-Treuhandfonds war eine deutsche Idee - und wir | |
haben ihn gemacht. Auch den Vorschlag, dass die Beitragszahler im | |
Direktorium des Fonds vertreten sein sollten, haben wir umgesetzt. Und der | |
Bundestag hat sich einstimmig für die Initiative ausgesprochen. Wir hoffen | |
auf Bewegung in der Regierung. Wir haben einen großen Rückhalt in der | |
deutschen Zivilgesellschaft. | |
Wie sieht es sonst in Europa aus? | |
Die Finanzkrise hat auch das Projekt getroffen, denn unsere wichtigsten | |
Partner sind ja Europäer. Spanien hat allen politischen Willen, aber | |
schlichtweg kein Geld. Interessant wäre auch zu wissen, wie viel die | |
Nato-Intervention in Libyen gekostet hat - es ist alles eine Frage der | |
Prioritäten. Die Initiative wird so lange weiterlaufen, wie sie die | |
Zivilgesellschaft am Leben hält. | |
Im Fernsehen hat Präsident Rafael Correa nicht ausgeschlossen, die Laufzeit | |
der Initiative über 2011 hinaus zu verlängern. | |
So ist es. Der Präsident ist sich bewusst, dass sich die Logik ändern muss. | |
Es geht nicht darum zu sagen: So viel zahlst du, so viel konservieren wir. | |
Aber wir müssen auch pragmatisch sein. | |
Das heißt? | |
60 Prozent unseres Haushalts kommt aus den Erdöleinnahmen. Wir brauchen | |
Alternativen. Wir sind ja gerade dabei, einen Wohlfahrtsstaat aufzubauen. | |
Wie alle lateinamerikanischen Länder haben wir eine große soziale Schuld zu | |
begleichen. | |
2013 wird in Ecuador gewählt. Es gibt Konflikte zwischen der Regierung | |
einerseits und den Indígenas und der unabhängigen Linken andererseits. Was | |
tun Sie dafür, damit das Yasuní-Projekt nicht in den Wahlkampf | |
hineingezogen wird? | |
Wenn es etwas gibt, das uns und die Linke verbindet, dann ist es das | |
Yasuní-Projekt. Die andauernden Spekulationen über einen Plan B führen zur | |
Kritik an der Regierung. Das ist erfrischend, denn dadurch werden diese | |
Gruppen zu Wächtern der Initiative. Hinzu kommt der Rückhalt der | |
Bevölkerung. 80 Prozent der Ecuadorianer unterstützen das Projekt. | |
20 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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