# taz.de -- Zwischenstand zur Volkszählung: Boykott nur bei der Briefmarke | |
> Die Statistikämter der Länder sind zufrieden – bisher gibt es hohe | |
> Rücklaufquoten bei der Volksbefragung. Einziges Problem: Viele Befragten | |
> wollen kein Porto zahlen. | |
Bild: Bisher kommen rund 80 bis 90 Prozent der Fragebögen zurück. | |
BERLIN taz | Eckart Methner ist seit 30 Jahren im Geschäft, schon bei der | |
Volkszählung 1987 war er dabei, er hat die Proteste erlebt. Inzwischen ist | |
er Statistikvorstand bei der zuständigen Behörde in Niedersachsen und er | |
ist zufrieden. "Alles läuft sehr entspannt", sagt er. | |
Auch im übrigen Deutschland verläuft der Zensus elf Wochen nach Beginn der | |
Befragung trotz einiger Pannen offenbar recht reibungslos. Die | |
Rücklaufquote der Haushaltsbefragung liegt vor Beginn des formalen | |
Mahnverfahrens in den meisten Bundesländern zwischen 80 und mehr als 90 | |
Prozent. Das ergab eine taz-Umfrage in allen statistischen Landesämtern. | |
Einzig in Brandenburg läuft es schleppender, dort liegt die Quote bei 65 | |
Prozent. "Warum das so ist, lässt sich nicht wirklich begründen", sagt eine | |
Sprecherin des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg. Bei der Befragung | |
der Immobilieneigentümer liegt die Rücklaufquote bislang zwischen 70 und 90 | |
Prozent. | |
Probleme bleiben dabei nicht aus. Berichten zufolge nutzten manche | |
Erhebungsbeauftragte die Zensusdaten für Werbezwecke, mancherorts kämpften | |
die Erhebungsstellen mit Softwaremacken. Für großen Unmut sorgte, dass | |
viele Befragte ein Erinnerungsschreiben bekamen, obwohl sie bereits | |
geantwortet hatten. Das betraf in vielen Bundesländern ungefähr 10 Prozent | |
der Befragten. Die Schuld habe in vielen Fällen bei den Betroffenen | |
gelegen, heißt es. Wenn Eigentümer mehrere Bögen in einen Umschlag | |
steckten, hätten diese nicht automatisch erfasst werden können. Viele | |
hätten beim Online-Fragebogen nach dem Ausdruck der Daten schlicht | |
vergessen den Sende-Button zu drücken, sagt Gerd Reh vom Statistischen | |
Landesamt Rheinland-Pfalz. | |
## Nur wenieg Fälle von Boykott bekannt | |
Auf die Statistikämter kommen unterdessen höhere Kosten zu. Der Grund: | |
Viele Befragte haben es nicht eingesehen, ihren Antwortbrief zu frankieren. | |
Die Briefe wurde zwar befördert, bezahlen muss dann aber der Empfänger. | |
Viele Bundesländer nennen diesbezüglich keine konkrete Zahlen, 30 Prozent | |
der Rücksendungen betraf es in Rheinland-Pfalz, 40 Prozent in Sachsen. | |
Während die meisten Länder die Kosten selbst stemmen, will Bayern die 1,45 | |
Euro wieder eintreiben. Denn laut Bundesstatistikgesetz muss der Absender | |
die Kosten übernehmen. | |
Noch lässt es sich nicht sagen, wie viele Bürger schlussendlich die | |
Volkszählung boykottieren werden. Die Zahl der offensiven Verweigerer | |
scheint jedenfalls nicht besonders hoch zu sein. Aus den Ämtern heißt es, | |
bislang seien lediglich wenige Fälle bekannt. | |
Michael Ebeling vom "AK Zensus" gesteht ein, dass ihre Kampagne gegen die | |
Volkszählung keinen größeren Protest hervorgebracht hat. "Das war | |
allerdings schon vorher klar, dass wir nichts ausrichten können", sagt er. | |
Er hofft nun, dass Einzelfälle die Behörden und Gerichte beschäftigen | |
werden. Ende 2012 sollen erste Ergebnisse vorliegen. | |
27 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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