# taz.de -- Zensus 2011: Widerstand ist (nicht) zwecklos | |
> Die Volkszähler sind unterwegs. Wer ausgewählt wurde, muss sich befragen | |
> lassen. Kann man sich dagegen wehren? Eine Gebrauchsanleitung in 5 | |
> Schritten. | |
Bild: Ist man erstmal angezählt, entkommt man der Lupe des Erhebungsbeauftrage… | |
1. Kann ich dem Erhebungsbeauftragten entgehen? | |
Einen Erhebungsbeauftragten muss niemand in die Wohnung lassen. Den | |
Fragebogen wahrheitsgemäß zu beantworten ist aber Pflicht – entweder online | |
oder per Brief. Theoretisch kann man dem Interviewer auch auf die Nase | |
binden, man sei nur ein Nachbar und gieße für den Verreisten die Blumen. | |
Trifft der Erhebungsbeauftragte mehrmals nur den „Nachbarn“ an, delegiert | |
er die Kontaktaufnahme an das Statistische Landesamt, das sich postalisch | |
bei der zu befragenden Person meldet. | |
2. Kann ich die Auskunft verweigern? | |
Nur die Antwort auf die Frage nach der Religion ist freiwillig. Die anderen | |
45 Fragen, etwa zu Bildung, Familienstand oder Migrationshintergrund, | |
müssen laut Zensusgesetz „wahrheitsgemäß, vollständig und unverzüglich“ | |
beantwortet werden. | |
3. Was passiert, wenn ich dennoch die Auskunft verweigere? | |
Wer die Auskunft verweigert, kann von den Erhebungsstellen mit | |
Zwangsgeldern bestraft werden. Zwangszahlungen zwischen 1,50 und 1000 Euro | |
sollen den Verweigerer dazu zwingen, seine Daten preiszugeben. Auch wer das | |
Zwangsgeld zahlt, ist zur Auskunft verpflichtet – „freikaufen“ geht nicht. | |
Die Behörden können das Druckmittel so lange einsetzen, bis der Widerstand | |
gebrochen ist. Sollte die verweigernde Person das Zwangsgeld nicht zahlen | |
können, drohen Pfändung oder Erzwingungshaft. | |
3. Kann ich falsche Angaben machen? | |
Wer lügt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro. Zahlt man nicht, dann | |
kann auch hier eine Erzwingungshaft angeordnet werden. Gegen ein Bußgeld | |
kann innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Bescheids Einspruch erhoben | |
werden. Zu anwaltlicher Vertretung wird geraten. | |
4. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich beim Mogeln erwischt | |
werde? | |
„Wir sind darauf angewiesen, dass die Befragten wahrheitsgemäß antworten“, | |
sagt Claudia Key vom Statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalen. Ganz | |
wehrlos sind die Ämter aber nicht: Über sogenannte Plausibilitätsprüfungen | |
können sie Fehlinformationen durchaus aufspüren. Zweifeln sie an der | |
Richtigkeit einer Antwort, dürfen Befragte erneut konsultiert werden. | |
5. Was ist mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem | |
Bundesverfassungsgericht? | |
Eine Verfassungsbeschwerde ist möglich. Doch muss vorher der Rechtsweg | |
ausgeschöpft werden. Wer also Teil der Zensus-Stichprobe ist, kann je nach | |
Bundesland gegen die Auskunftspflicht entweder Widerspruch einlegen oder | |
beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage einreichen. Das Prozedere ist | |
juristisch recht kompliziert und sollte von einem Anwalt betreut werden. | |
11 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Lukas Ondreka | |
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