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# taz.de -- Bundessicherheitsrat und die Grünen: Klage gegen geheime Waffendea…
> Christian Ströbele wird in Karlsruhe klagen, weil die Regierung das
> Parlament nicht über den Panzerdeal mit Saudi Arabien informieren will.
> Der Grüne geht von einem Erfolg aus.
Bild: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: Demonstranten halten das der R…
BERLIN taz | Christian Ströbele hat oft versucht der Regierung ein Wort zu
dem Panzergeschäft mit Saudi -Arabien zu entlocken. Er hat im Bundestag
penetrant nachgebohrt, schriftllich im Bundeskanzleramt nachgefragt - immer
mit dem gleichen Ergebnis. Man könne keine Auskunft geben, zuständig sei
Bundessicherheitsrat und der tage geheim.
Der Bundessicherheitsrat ist ein Regierungsgremium, in dem Kanzlerin und
eine Handvoll Minister über Waffenexporte befinden. Das Parlament hat im
Bundessicherheitrat nichts zu sagen. Ein Unding, findet der Grüne Ströbele.
Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt - der Umsatz
steigt kontinuierlich.
Deutschland will 200 Leopard-Panzer an Saudi-Arabien liefern, das kürzlich
mit Panzern die Demokratiebewegung in Bahrain niederschlug. Die Panzer, Typ
2 A7, sind, so stand es Anfang Juli in jeder Zeitung, besonders gut für
Straßenkämpfe geeignet. Doch Parlamentarier, die von der Regierung wissen
wollen, ob Merkel diesen Deal wirklich durchgewunken hat, wurden mit dem
immer gleichen Argument abgeblockt. Alles Verschlusssache. Kein Dementi,
keine Bestätigung.
Denn, so der FDP-Mann Hans Joachim Otto im Bundestag: "Die Beziehungen
Deutschlands zu den möglichen Empfängerländern müssen geschützt werden".
Und, so der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium: "Ein
weiterer Grund ist der Schutz der Interessen des Empfängerlandes". Im
Klartext: Weil es Saudi-Arabiens Interessen zuwiderlaufen könnte, dürfen
deutsche Abgeordente nicht wissen, ob und wie viele deutsche Panzer dorthin
geliefert werden.
## Wer Details verrät, soll strafrechtlich verfolgt werden
Das sei, so die Regierung, eben die Rechtslage. Im Übrigen werde das
Parlament ja im Nachhinein durch den jährlichen Rüstungsexportbericht
informiert. Das müsse reichen.
Rainer Brüderle, FDP-Fraktionschef, fuhr sogar ganz große Geschütze auf.
Wer die Geheimhaltungspflicht des Bundesicherheitsrates verletzt, müsse
strafrechtlich verfolgt werden. Will sagen: Nicht der Panzerdeal ist das
Problem, sondern dass wir davon erfahren haben.
Die Grünen argumentieren in ihrer Organklage, die der taz vorliegt, mit dem
Artikel 26 des Grundgesetzes. "Das friedliche Zusammenleben der Völker zu
stören" ist demnach verfassungswidrig. Kriegswaffen dürfen deshalb laut
Grundgesetz "nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert
und in Verkehr gebracht werden."
Die Verfassung, so die Antragssteller Ströbele, Claudia Roth und Katja
Keul, missbillige somit "Waffenexport grundsätzlich". Deshalb müsse die
Entscheidung, "ob ausnahmensweise ein Export erfolgen kann," ja stets die
Bundesregierung treffen. Die Conclusio der grünen Kläger: "Deshalb ist die
Regierung besonders gefordert, ihre Praxis öffentlich vor dem Parlament zu
rechtfertigen."
## Die Abstimmung ist geheim, aber nicht das Ergebnis
Neben diesem fundamentalen Einwand gegen die Geheimniskrämerei der
Regierung hoffen die Grünen, dass in Karlsruhe ein formales Argument gegen
Merkels Mauertaktik zieht. "Die Sitzungen des Bundessicherheitsrates sind
geheim", heißt es in der Geschäftsordnung - doch das ist nur auf den ersten
Blick eindeutig.
Dies bedeute nur, dass der Ablauf der Sitzungen und z.B das
Abstimmungsverhalten einzelner Minister, geheim ist, nicht aber deren
Ergebnis. Denn das wird ja sowieso im Rüstungsexportbericht veröffentlicht
- nur eben viel später, wenn das Geschäft in der Regel abgewickelt ist.
Dieses Argument mag etwas tricky wirken- aber manche Staatsrechtler, etwa
der Speyerer Joachim Wieland, halten diese Rechtsauffassung für völlig
plausibel.
## Parlament darf nicht Außenstehender sein
Und noch etwas lässt die Grünen hoffen, dass sie mit ihrem Angriff gegen
den immerhin seit 1955 agierenden Bundessicherheitsrat in Karlsruhe Erfolg
haben werden. 2009 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die
Regierung "das Parlament und seine Organe nicht als Außenstehende
behandeln" kann.
Will sagen: Selbst wenn die Rüstungsexporte, die der Bundessicherheitsrat
genehmigt, weiterhin als geheim gelten, kann Karlsruhe verfügen, dass die
Regierung das Parlament informieren muss - etwa via Geheimschutzstelle des
Parlaments.
Damit aber wollen sich die Grünen nicht zuzufrieden geben. "Das würde nicht
reichen" so Ströbele zur taz. Bei einem so zentralen Thema wie
Waffengeschäften müssten alle Parlamentarier - und nicht nur ausgewählte
Obleute - wissen, worum es geht. Und die Chancen, dass Karlsruhe das
ähnlich sieht, sind, so Ströbele optimistisch, "nach der bisherigen
Rechtsprechung gut".
31 Jul 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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