# taz.de -- Letzte Debatte im Abgeordnetenhaus: Wowereit schießt auf die Grün… | |
> Bei der letzten Parlamentssitzung vor der Wahl am 18. September watscht | |
> der Regierende Bürgermeister vor allem die Grünen ab und macht klar, dass | |
> er sich von ihnen nichts diktieren lässt. | |
Bild: Klaus Wowereit und eine bunte Illustrierte am Donnerstag im Abgeordnetenh… | |
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat von den Grünen ein | |
klares Bekenntnis zum Großflughafen Schönefeld gefordert - sonst könnten | |
die sich "alle Träume von der Regierungsbeteiligung abschminken". In der | |
letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses vor der Wahl am 18. September | |
watschte Wowereit alle drei Oppositionsparteien wortreich ab. Unbehelligt | |
blieb trotz des Wahlkampfs allein die Linkspartei. Nicht einmal die | |
Eskapaden ihrer Bundesparteispitze sprach Wowereit an. Die Botschaft an die | |
Grünen war klar: Wowereit hat kein Problem, Rot-Rot fortzusetzen, trotz | |
aller in der SPD gefühlten Nähe zu den Grünen. | |
Umfassend hatte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann zuvor Wowereits Bilanz | |
kritisiert. Von Filz und Parteibuchwirtschaft sprach er, gar von | |
Mittelmäßigkeit. "Was verstehen Sie denn von Berlin?", rief Ratzmann | |
Wowereit zu und spielte auf die SPD-Wahlkampfparole "Berlin verstehen" an. | |
Fehlende Inhalte hielt er der SPD und dem Regierenden vor. Ratzmann bezog | |
sich auch auf das viel besprochene SPD-Plakat mit der Krokodilhandpuppe. | |
"Der Kaiser hat einen Schnappi im Gesicht", sagte der Grünen-Fraktionschef, | |
"aber er hat keine Kleider an." | |
Wowereit habe die Neuverschuldung nicht in den Griff bekommen, Masterpläne | |
aufgestellt, die keiner kenne, und steuere auf eine Koalition mit der CDU | |
zu, um die A 100 weiterbauen zu können. Ratzmanns Fragestellung ging weit | |
über das Parlamentsgebäude hinaus zu den rund 16.000 Berliner | |
SPD-Mitgliedern: "Wollt ihr wegen dieser drei Kilometer Autobahn dieser | |
Stadt wieder eine Koalition mit der CDU zumuten?" Ratzmanns Szenario für | |
den 18. September: entweder die Rolle rückwärts mit Rot-Schwarz "oder mit | |
den Grünen in die Zukunft". | |
Da war es für Wowereit sichtlich an der Zeit klarzustellen, wer angesichts | |
jüngster Umfrage Forderungen stellen kann - und wer nicht. Die SPD liegt | |
dabei zwischen 12 und 14 Prozent vor den Grünen, selbst für eine lange | |
mögliche, aber hoch umstrittene grün-schwarze Koalition sieht derzeit nur | |
noch ein Forschungsinstitut eine Mehrheit. | |
"Sie sitzen auf einem hohen Ross, das Ihnen schon längst weggeschossen | |
ist", hielt Wowereit dem Fraktionschef vor. Wenn die Grünen sagten, die SPD | |
müsse auf ihre Forderungen eingehen, sonst … - "ja, was sonst, Herr | |
Ratzmann? Dann bleibt der Anzug im Schrank, wie letztes Mal", sagte | |
Wowereit. Eine mehr als deutliche Erinnerung daran, dass die Grünen sich | |
nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 bereits anstelle der Linkspartei im | |
Senat sahen und dann doch außen vor blieben. | |
Wowereit griff Ratzmanns Wort auf, dass es mit den Grünen in die Zukunft | |
gehe. "Nach allem, was ich heute von Ihnen gehört habe, kommen wir mit | |
Ihnen nur in den Stau, aber nicht in die Zukunft", sagte der Regierende, | |
der sich zunehmend warmredete - unter dem Jubel seiner Fraktion. Seine | |
grüne Herausforderin Renate Künast erwähnte Wowereit namentlich überhaupt | |
nicht. Nur an einer Stelle seiner Rede sprach er davon, dass er verstehen | |
könne, wenn man "wenig Ahnung von der Stadt hat als Bundespolitikerin" - | |
Künast ist weiterhin Chefin der grünen Bundestagsfraktion. | |
Erwartbarer als diese harschen Worte an die Grünen war Wowereits Kritik an | |
Christdemokraten und FDP. Ein "Überwachungsstaat à la Henkel und CDU" sei | |
nicht das, was Berlin wolle. Am Morgen hatte Kanzlerin und CDU-Bundeschefin | |
Angela Merkel dem Regierenden aus der Welt entgegengeschaut mit dem Zitat: | |
"Berlin hat eine bessere Regierung verdient" - für Wowereit "ein Skandal". | |
Wobei er dann doch Merkel recht gab: Ja, Berlin habe eine bessere Regierung | |
verdient - "eine bessere Bundesregierung". | |
Bildreich griff Wowereit auch FDP-Fraktionschef Christoph Meyer an. Der | |
gebe den Gralshüter gegen Rot-Rot - "dabei sind Sie nichts mehr, Sie sind | |
von der Piratenpartei überholt, und es hat noch nicht mal eine Meuterei auf | |
der ,Bounty' gegeben wie bei Ihrer Bundespartei". | |
Die eindrucksvolle Rede des Regierenden Bürgermeisters stellte einen | |
ebenfalls starken Auftritt von SPD-Fraktionschef Michael Müller in den | |
Schatten, der sich darüber aber kaum beschwert haben dürfte. Müller hatte | |
die Debatte mit einer Vision eröffnet: Was wäre denn gewesen, wenn | |
Schwarz-Grün statt Rot-Rot regiert hätte? Laut Müller gäbe es heute keine | |
beitragsfreien Kitas, die Hauptschule wäre nicht abgeschafft, die S-Bahn | |
stünde vor der Zerschlagung, der Flughafen Tempelhof wäre nicht geschlossen | |
und Schönefeld höchstens ein Regionalflughafen. | |
1 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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