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# taz.de -- TV-Duell Henkel gegen Wowereit: Das Duell, das keins werden konnte
> Beim Fernsehduell verläuft die Kampflinie weniger zwischen Wowereit und
> Henkel, als zwischen Politikern und Journalisten. Viel zu sehr klammern
> sich die RBB-Moderatoren an ihren Ablaufplan.
Bild: Eine Runde Schnick-Schnack-Schnuck: Wowereit und Henkel im RBB-Studio.
Eins muss man Frank Henkel lassen: Seine Fakten und Zahlen hatte er gut
gelernt. Bloß hätte der CDU-Spitzenkandidat sie ein bisschen emotionaler
rüberbringen sollen, als er am Dienstagabend Klaus Wowereit zum TV-Duell
traf. Oder besser: zum sogenannten Duell. Denn es war nicht wirklich eins.
Das hatte weniger damit zu tun, dass Henkel nur an Körpergröße auf
Augenhöhe mit Wowereit war, den Regierenden Bürgermeister aber nicht
wirklich fordern konnte. Viel aber hatte es zu tun mit der Situation im
RBB-Studio. Zu einem echten Zweikampf stehen sich die Kontrahenten
gegenüber, egal ob mit dem Colt an der Hüfte, dem Degen in der Hand oder
der politischen Attacke im Mund. Der RBB aber baute die beiden Politiker
schlicht nebeneinander auf. Gegenüber standen vielmehr die fragenden
Journalisten, und die taten auch einiges, um den Eindruck zu erwecken, dass
die Kampflinie nicht zwischen Wowereit und Henkel verlief.
Ein Duell war es aber auch deshalb nicht, weil es kaum Gelegenheit zum
Nahkampf gab. Es dauerte zwar nur kurze Zeit, bis Wowereit nach einer
Henkel-Äußerung reingrätschte und dem CDU-Mann vorhielt, nur einen
West-Wahlkampf zu führen, so wie sich die Linkspartei auf den Osten der
Stadt konzentriere. „Sie fangen ja schon an zu holzen, das können wir auch
machen“, konterte Henkel leicht angesäuert. An dieser Stelle und in anderen
Momenten hätte es ein munterer Schlagabtausch werden können.
Doch immer genau in diesen Momenten beendeten die beiden RBB-Leute,
Programmdirektorin Claudia Nothelle und Chefredakteur Christoph
Singelnstein, den Abtausch, um bloß ihr Programm abzuarbeiten, das viel zu
viele Themen vorsah: Wirtschaft, Arbeitsplätze, steigende Mieten, Bildung,
Integration, Sicherheit, alles musste mit. Die Diskussion an interessanten
Stellen spontan laufen zu lassen und dafür auf ein Thema zu verzichten, das
sah das Konzept sichtlich nicht vor.
Wowereit war das dann auch schon mal zu dumm, als Nothelle ihm nach einer
Äußerung über die Bundes-Union vorhielt, man solle sich doch auf Berlin
konzentrieren. „Nee, Frau Nothelle, das können Sie nicht auf Berlin
konzentrieren.“ Und da hatte er durchaus Recht, weil es um ausbleibende
Mittel aus dem CSU-geführten Bundesbauministerium ging, die direkten
Einfluss auf die Situation im Kiez haben. Auch Henkel reagierte zurecht
gereizt, als Nothelle ihm bei einer Antwort schon nach wenigen Momenten ins
Wort fiel und ihn ein anderes Mal mitten im Satz abbrach, obwohl sich der
CDU-Kandidat gerade erst auf das zubewegte, was er loswerden wollte.
Das war nicht die Situation, in der Henkel Wowereit auf eine wirkliche
Fehlleistung festnageln konnte. Altbekannt waren seine Vorwürfe, bekannt
die Repliken, gefüttert von wiederholt gehörten Zahlen. 4.000 Polizisten
weniger und die höchsten Bildungsausgaben führte Henkel an, während
Wowereit etwa die geringen Fahndungserfolge beim Thema Autobrandstiftung
mit 1,2 Millionen Autos und 5.000 Kilometer Straße erklärte. Nichts war
wirklich neu oder überraschend, keine zusätzliche, unverbrauchte Munition
hatte sich Henkel für die Begegnung mit Wowereit mitgebracht.
Fraglich ist allerdings, ob Henkel sie überhaupt hätte loswerden können.
Viel zu wenig Zeit blieb zur direkten Konfrontation zwischen den
Kandidaten, wertvolle Zeit der 45-Minuten-Sendung ging für Kurzfilmchen
drauf, die informativ sein mochten, aber das vermeintliche Duell
überfrachteten. Und wieso RBB-Chefredakteur Singelnstein am Ende der
Sendung Wowereits Aufruf an die Berliner zu mehr Wachsamkeit in die Ecke
einer Bürgerwehr rückte, war nicht wirklich nachzuvollziehen.
Sehr wahrscheinlich ist es nicht, aber möglich schon, dass Wowereit und
Henkel, die im Abgeordnetenhaus schon mal locker plaudernd nebeneinander
hergehen, nach dieser Dreiviertelstunde im RBB-Studio um die Ecke ein Bier
trinken gegangen sind und sich gefragt haben: Warum tun wir uns so etwas
eigentlich an?
6 Sep 2011
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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