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# taz.de -- Umfragen vor Wahl: CDU zu stark zum Regieren
> Die CDU legt zu, lässt die Grünen hinter sich - und macht sich damit ihre
> Regierungsoption kaputt: Grün-Schwarz war umstritten, Schwarz-Grün gilt
> als ausgeschlossen.
Bild: Er würd' ja gern mit den Grünen: CDU-Spitzenmann Henkel.
Er wolle diesmal CDU oder Grüne wählen, kündigt der Rentner am
Wahlkampfstand der Neuköllner Christdemokraten an. "Die CDU natürlich!",
müsste er nun zu hören bekommen. Solch lautes Werben aber bleibt aus. Das
kann Zufall, das kann aber auch symbolisch sein. Denn jede Stimme weniger
für die Grünen bringt die CDU weiter weg von einer Senatsbeteiligung.
Jüngst hat die Partei erstmals seit 2010 die Grünen überholt. Statt Freude
ist dazu aus der Partei zu hören: "Das ist der sichere Gang in die
Oposition." Denn dass die Grünen kleiner Partner der CDU werden und deren
Spitzenmann Frank Henkel zum Regierungschef machen, gilt als
ausgeschlossen.
Henkel muss in diesen Tagen mit einer neuen Situation klar kommen. Trotz
aller Konflikte bei den Grünen war Grün-schwarz mit einer Regierenden
Bürgermeisterin Renate Künast und einem Senator Henkel über Monate eine
realistische Option. 30 und mehr Prozent erhielten die Grünen in Umfragen,
bis auf 17 Prozent hingegen sackte die CDU ab. Über ein Jahr lang, seit
Juni 2010, lag sie hinter den Grünen. Nun ist das anders, auf bis zu 24
Prozent kommt die Union inzwischen, während die Grünen teilweise nur noch
19 Prozent erreichen.
Seine Wahlkampftour führt Henkel an diesem Mittwochnachmittag zu besagtem
Stand der Neuköllner CDU, in ein Einkaufszentrum in der Gropiusstadt. Der
Henkel sei ihm ja nicht unsympathisch, hat der Renter den örtlichen
Unionisten inzwischen erzählt. Doch ihm fehle die Ausstrahlung, das
Lässige, das der Wowereit habe, der Regierende Bürgermeister und
Spitzenkandidat von der SPD.
Wenige Minuten hier reichen, um wieder einmal zu verstehen, was
Ausstrahlung und Amtsbonus bedeuten. Wowereit würde in dieser
Geschäftspassage keine zehn Schritte machen, ohne erkannt zu werden. Henkel
hingegen kann gut 200 Meter an zig Menschen vorbei gehen, ohne dass ihn
einer anspricht, ohne dass Leute stehen bleiben, zuscheln, auf ihn zeigen.
Dabei ist es nicht so, dass Henkel nicht mit den Leuten kann und auf
Distanz geht, wie das so manches Mal bei der Grünen Künast zu beobachten
ist. Als ihn, zurück am CDU-Stand, doch ein Teenager cool mit "Hallo, Frank
Henkel" anspricht, weiß er zwei, drei Sätze später, dass der Junge boxt,
kann das Vereinskürzel "NSF" locker als Neuköllner Sportfreunde einordnen,
fragt nach der Zahl der Kämpfe. Er selbst hat nach seiner Übersiedlung nach
West-Berlin als 17-, 18-Jähriger beim Post SV geboxt, erzählt Henkel
nachher und deutet einen Hieb an.
Grün-Schwarz vom Tisch, ein Bündnis mit der SPD sehr fraglich - siegt sich
die CDU zu Tode? Henkel mag davon natürlich offiziell nichts wissen: "Ich
will die Union so stark machen, dass es den linken Parteien schwer fällt,
ohne uns eine Regierung zu bilden." Was solle man denn machen, erwidern
andere CDUler auf solche Fragen, Henkel könne ja schlecht den Wahlkampf
einstellen. Beinahe entschuldigend heißt es: "Die Situation liegt nicht an
unserer Stärke, sondern an der Schwäche der Grünen."
Zum Regieren bleibt der CDU nur die kleine Hoffnung, dass der absehbare
Wahlsieger Wowereit wider Erwarten doch ihr und nicht den Grünen oder der
Linkspartei ein Koalitionsangebot macht. Das ist nur dann realistisch, wenn
diese beiden Parteien bei ihrem "Nein" zum Weiterbau der A 100 bleiben. Den
will sich Wowereit nicht abhandeln lassen, und mit der CDU könnten die
Bagger sofort anrollen.
Wowereit selbst redet diese Möglichkeit klein. Das ist auch logisch, weil
er den Grünen nicht Munition für ihren Vorwurf geben will, er wolle mit den
Schwarzen koalieren. Die CDU habe sich in den vergangenen Jahren nicht
verändert, sagt Wowereit darum gern, und es stimme auch gar nicht, dass
Henkel, seit Ende 2008 ihr Landesvorsitzender, die Partei befriedet habe.
Da müsse man nur mal nach Neukölln schauen, wo der Kreisverband nach der
Abwahl einer eigenen Stadträtin vor zwei Jahren weiter gespalten ist.
Das stimmt und stimmt doch wieder nicht. Streit gibt es unbestritten auch
in der CDU, aber der große Riss vergangener Tage ist weg. Statt wie früher
zu rüffeln, lobt Parteichefin Angela Merkel den Berliner Landesverband -
auch außerhalb des Wahlkampfs.
Wahr ist, dass viele der führenden Figuren dieselben sind wie früher: Neben
Henkel, schon Büroleiter von Exregierungschef Eberhard Diepgen, sind das
Michael Braun und Frank Steffel, beide Chefs großer CDU-Kreisverbände,
genauso wie die immer als liberales Feigenblatt eingeordnete
Bundestagsabgeordnete Monika Grütters. Wahr ist aber auch, dass Henkel
offen war, den PR-Profi Thomas Heilmann in die Parteispitze zu holen und
Programm und Strategie maßgeblich gestalten zu lassen.
Zu früheren Zeiten gab es auch keine breiten Diskussionen und Papiere zu
Integration oder Bürgerarbeit. Zwar lehnt die CDU noch immer eine doppelte
Staatsbürgerschaft ab, spricht aber von einem "neuen Gemeinsinn". Stimmen,
die aus dem Integrations- lieber ein Rückführungspapier gemacht hätten,
konnten sich nicht durchsetzen.
Der Parteichef selbst hat Einkaufscenter und CDU-Stand inzwischen
verlassen, genauso der eingangs zwischen Union und Grünen schwankende
Rentner. Er will nun lieber für die CDU stimmen. Dagegen gewehrt hat sich
dann letztlich doch keiner.
8 Sep 2011
## AUTOREN
Stefan Alberti
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