# taz.de -- Die SPD-Basis fängt die Kugel ab: Sehnsucht nach Rot-Grün | |
> Von Sehnsucht nach Grün sprechen einige in der SPD. In den | |
> Bezirksverbänden ist die Tendenz zu einem neuen Koalitionspartner | |
> greifbar. Nicht mal mehr altbekannte Vorbehalte können das ändern. | |
Bild: Klaus Wowereit - hier bei der Wiedereröffnung der Karstadt-Filiale am Ku… | |
Eine Spitze musste sein. "Natürlich müsst ihr auch in Neukölln SPD wählen, | |
damit sich Heinz Buschkowsky nicht mehr mit einer grünen Stadträtin | |
rumschlagen muss", stichelte Klaus Wowereit am Mittwochabend bei seiner | |
Kieztour in der Karl-Marx-Straße. Doch bei dieser einen Spitze blieb es. | |
Schließlich weiß auch der Regierende Bürgermeister, dass derzeit nichts | |
wahrscheinlicher ist als ein Bündnis mit den Grünen. | |
Rot-Grün also. Noch nach der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus 2006 war das | |
für die SPD ein rotes Tuch. Lieber setze man das Bündnis mit der Linken | |
fort, als mit den "zickigen Grünen", wie es hieß, zu regieren. | |
Inzwischen aber hat sich das Blatt gewendet. Von einer Wechselstimmung bei | |
der Wahl des Koalitionspartners sprechen die einen. SPD-Landeschef Michael | |
Müller will inzwischen gar "eine Sehnsucht nach Rot-Grün" ausgemacht haben. | |
"Rot-Rot war wichtig, um den Westteil und den Ostteil der Stadt miteinander | |
zu versöhnen", erklärt seine Sprecherin Daniela Augenstein. Rot-Grün | |
dagegen habe mehr mit Emotionen zu tun. "Da ist das erste rot-grüne Bündnis | |
1989 immer noch präsent", so Augenstein. | |
Selbst in Neukölln können sie sich inzwischen für ein Zusammengehen mit den | |
Grünen erwärmen. "Dass es im Bezirk schlechte Erfahrungen mit Rot-Grün gab, | |
spricht nicht gegen ein Bündnis auf Landesebene", meint Fritz Felgentreu, | |
der als Neuköllner lange für die SPD im Abgeordnetenhaus saß. "Natürlich | |
sind die Grünen zickig. Manchmal sind sie sogar mordszickig. Aber wir sind | |
auch nicht immer einfach", scherzt Felgentreu. "Das sind einfach | |
unterschiedliche Parteikulturen." Eine Koalition nach der Wahl werde daran | |
sicher nicht scheitern. | |
Thomas Blessing, Neuköllner Baustadtrat für die SPD, fügt noch einen | |
anderen Aspekt hinzu. "Entscheidend ist die Mehrheit", sagt er. Es sei | |
schließlich ein Unterschied, ob ein Bündnis mit knapper Mehrheit regiere | |
oder mit einer komfortablen. "Es geht da immerhin um fünf Jahre", so der | |
SPD-Politiker. Blessing zieht auch eine Parallele zu Rot-Rot. "Auch da gab | |
es vor zehn Jahren große Vorbehalte. Das hat sich dann bald erledigt." | |
Eine Wechselstimmung zugunsten der Grünen hat auch Björn Böhning | |
ausgemacht. "Wir haben jetzt zehn Jahre mit der Linken regiert", sagt der | |
Parteilinke, der für Klaus Wowereit in der Senatskanzlei arbeitet. "Da hat | |
sich auch einiges abgenutzt." | |
Einer der SPD-Bezirke, deren Stimmungsbild ohnehin eher zu Rot-Grün als | |
Rot-Rot neigt, ist Charlottenburg-Wilmersdorf. Dort kandidiert Ülker | |
Radziwill fürs Abgeordnetenhaus. Doch die SPD-Abgeordnete ist nicht | |
überschwänglich. "Ich kämpfe nicht für Koalitionen, sondern um jede Stimme | |
für die SPD", sagt sie. Allerdings dürfe man sich auch nicht über den | |
Wählerwillen hinwegsetzen. "Die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner | |
will lieber Rot-Grün als Rot-Rot." | |
Auch Klaus Wowereit hat am Mittwochabend in Neukölln noch eine rot-grüne | |
Botschaft parat. "Das Rote Rathaus muss Rot bleiben", ruft der Regierende | |
seinen Anhängern zu, bevor er die beliebten Wowi-Bären verteilt. "Aber auf | |
dem Dach haben wir jetzt eine Solaranlage. Das ist ein Hauch grün. Das kann | |
ruhig so bleiben." | |
1 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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