# taz.de -- Koalitionsstreit über Eurokrise: FDP plaudert munter weiter | |
> Eigentlich wollte Kanzlerin Merkel FDP-Chef Rösler mit einem Machtwort | |
> zum Schweigen bringen. Doch die Liberalen spekulieren unbeeindruckt | |
> weiter über eine mögliche Insolvenz Griechenlands. | |
Bild: FDP-Generalsekretär Christian Lindner stellt sich vor seinen Chef Philip… | |
BERLIN dpa/dapd | Die FDP treibt die Debatte über eine geordnete Insolvenz | |
Griechenlands voran. Generalsekretär Christian Lindner sagte am Mittwoch, | |
nach dem Appell von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Zurückhaltung | |
bei öffentlichen Äußerungen, Klarheit lasse sich nicht durch | |
Schweigegelübde erreichen. Mehrere FDP-Politiker unterstützten die | |
Forderung ihres Parteichefs Philipp Rösler, über eine Insolvenz | |
Griechenlands nachzudenken. | |
Es sei richtig gewesen, dass die CSU und die FDP offen darüber gesprochen | |
hätten, dass das Prinzip Leistung gegen Gegenleistung nicht durchbrechen | |
werden könne. "Wenn die Griechen ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht | |
nachkommen können, dann wird es keine weitere europäische Nothilfe geben | |
können", sagte Lindner am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk. "Dann müssen | |
wir entsprechende Instrumente haben, um mit einer solchen Situation | |
umzugehen und Ansteckungsgefahren auf andere Volkswirtschaften zu | |
reduzieren", fügte der FDP-Generalsekretär hinzu. | |
Rösler hatte am Wochenende eine geordnete Insolvenz Griechenlands ins Spiel | |
gebracht, obwohl es dafür noch gar kein Verfahren gibt. Daraufhin stürzten | |
am Montag die Börsenkurse ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte | |
ähnlich wie Merkel in der Rheinischen Post eindringlich vor derartigen | |
Spekulationen. "Ich halte viel davon, dass man mit Worten sorgsam umgeht", | |
sagte er. Grünen-Bundestasgsfraktionschef Jürgen Trittin forderte Merkel | |
auf, Rösler deswegen zu entlassen. | |
## Keine Tabus | |
Auch FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle hat die Kritik an Rösler | |
zurückgewiesen. "Man muss in der Tat mit dieser schwierigen Situation | |
umsichtig umgehen, aber es geht doch nicht, dass man einfach ein Tabu | |
darüber legt", sagte Brüderle am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Die | |
Äußerungen Röslers bewegten sich genau auf der Linie dessen, was die | |
Euro-Finanzminister für den dauerhaften Stabilitätsmechanismus formuliert | |
hätten. | |
Lindner beteuerte in der Financial Times Deutschland, die FDP wolle nicht | |
die Insolvenz Griechenlands herbeireden. Der CDU-Hinweis auf die | |
Kursverluste an den Börsen sei aber der Versuch, eine überfällige Debatte | |
zu unterbinden. Rösler habe nur Selbstverständlichkeiten ausgesprochen "Ein | |
Kurieren an den Symptomen bringt keine Ruhe in die Märkte", sagte Lindner. | |
Für Griechenland sei das Votum der Troika von EU, Internationalem | |
Währungsfonds und Europäischer Zentralbank ausschlaggebend. | |
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte den | |
Dortmunder Ruhr Nachrichten: "Wir brauchen künftig ein Instrumentarium, | |
wenn Euro-Länder in eine dramatische Schulden- und Finanzkrise geraten." | |
Der saarländische Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) warf Merkel | |
vor, ein "kategorisches Denkverbot" ausgesprochen zu haben. Das könne man | |
nicht akzeptieren, sagte Hartmann der Saarbrücker Zeitung. | |
Unions-Bundestagsfraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte, er finde für | |
Röslers Verhalten keine rationale Erklärung. "Wenn das Grundproblem in der | |
ganzen Geschichte Vertrauen ist, dann wird, wenn man sich an Spekulationen | |
beteiligt, mit Sicherheit kein neues Vertrauen geschaffen", sagte Meister | |
dem Kölner Stadt-Anzeiger. | |
## "Amateurhaftes Treiben der FDP-Truppe" | |
Trittin sagte, er frage sich, wie lange Merkel dem "amateurhaften Treiben | |
der FDP-Truppe" noch zusehen wolle. "Die Kanzlerin hat die | |
Richtlinienkompetenz. Sie muss Herrn Rösler entlassen", forderte Trittin in | |
der Passauer Neuen Presse. Das öffentliche Spekulieren eines Amtsträgers | |
über einen Konkurs eines EU-Mitgliedslandes sei abenteuerlich. Rösler sei | |
als Wirtschaftsminister eingestellt und nicht als "Dampfplauderer". Den | |
angestrebten Mitgliederentscheid gegen die Einrichtung eines permanenten | |
Euro-Rettungsschirms wertete Trittin als Abstimmung über das Ende der | |
Koalition. | |
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter | |
Altmaier, kritisiert den Vizekanzler scharf. Der CDU-Politiker sagte in der | |
Neuen Westfälischen: "Ich bin strikt dagegen, dass über eine Insolvenz | |
öffentlich diskutiert wird. Griechenland soll in der Eurozone bleiben." | |
Wenn ein Minister und Regierungsmitglied etwas anderes sage, "dann führt | |
das zu Fragezeichen auch bei unseren Nachbarn und Partnern. Und es kommt zu | |
unkontrollierbaren Reaktionen auf den Finanzmärkten." | |
Der CDU-Abgeordnete und Kritiker des Euro-Rettungsschirms, Wolfgang | |
Bosbach, sagte hingegen im ZDF-heute-journal, eine Insolvenz könne nicht | |
prinzipiell ausgeschlossen werden, auch wenn dies nicht das politische Ziel | |
sei. "Die Antwort kann nicht lauten, dass die Staatengemeinschaft auf Dauer | |
haften oder gar zahlen muss. Wir müssen die Eigenverantwortung der | |
Euro-Länder wieder stärken." | |
14 Sep 2011 | |
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