# taz.de -- Frank Schäffler über EU-Hilfen für Athen: "Wir werden siegen" | |
> Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler will den | |
> Euro-Rettungsschirm loswerden. Dafür kämpft er. An einen Zerfall der | |
> schwarz-gelben Regierung glaubt er aber nicht. | |
Bild: "Es gibt keine preiswerte Lösung für Griechenland mehr, nur noch eine s… | |
taz: Herr Schäffler, wollen Sie die schwarz-gelbe Koalition platzen lassen? | |
Frank Schäffler: Ganz im Gegenteil. Ich sorge dafür, dass die Koalition aus | |
ihrem Tief herauskommt und zu einem gemeinsamen Thema findet. Das ist die | |
Rettung der gemeinsamen Währung Euro. | |
Sie organisieren in der FDP einen Mitgliederentscheid über den Euro-Kurs | |
der Bundesregierung. Wie wird der ausgehen? | |
Die Unterstützung ist sehr groß, wir haben bereits jetzt, nach wenigen | |
Tagen, 1.200 Unterschriften gesammelt. Selbst diejenigen, die meine | |
Argumente nicht teilen, wollen, dass bei dieser wichtigen Frage die Basis | |
befragt wird. Dieses plebiszitäre Element nutzt der FDP: Wir werden als | |
lebendige Partei wahrgenommen, die um den richtigen Weg ringt. | |
Und Sie, der Rettungsschirm-Kritiker, gewinnen? | |
Ich bin optimistisch, dass wir siegen werden. Ich habe bei vielen | |
Veranstaltungen bundesweit gespürt, dass es eine Diskrepanz zwischen der | |
handelnden Führung gab und dem, was Mitglieder vor Ort denken. Die | |
FDP-Basis spürt, dass die geplanten Rettungsinstrumente gegen fundamentale | |
Grundsätze der Partei verstoßen: gegen die Rechtsstaatlichkeit und die | |
marktwirtschaftliche Orientierung. | |
Nehmen wir an, die FDP-Basis stimmt gegen neue Rettungsschirme und den Kurs | |
der Bundeskanzlerin. Dann wäre die Koalition am Ende. | |
Nein. Eine Koalition muss das umsetzen, was gemeinsam vereinbart wurde. Und | |
im Koalitionsvertrag ist von einem dauerhaften Schirm wie dem ESM keine | |
Rede. Wenn ein Partner sagt, da mache ich nicht mit, gibt es eben keine | |
Initiative zu dem Thema. Merkel hat sich auf diesen Kurs festgelegt, ebenso | |
alle Staatschefs der EU. | |
Und Sie sagen, eine Vollbremsung wäre nicht koalitionsgefährdend? | |
Ein Nicht-Mitstimmen der FDP wäre jedenfalls kein Koalitionsbruch meiner | |
Partei. Was Frau Merkel am Ende machen würde, weiß ich nicht - ich glaube | |
nicht, dass sie daran das Bündnis zerbrechen ließe. Und außerdem glaube | |
ich, dass andere Länder sehr genau beobachten, was Deutschland tut. Wenn | |
wir kritischer mit der derzeitigen Rettungslogik umgehen, würden sich | |
andere Länder anschließen. | |
Kann eine Regierung eine Krise noch managen, wenn die Kanzlerin das eine | |
sagt, der Vizekanzler aber das Gegenteil? | |
Natürlich. In einer Koalition muss man immer um den richtigen Weg ringen. | |
Entscheidend ist, dass man am Ende zu einer gemeinsamen Linie findet. Nur | |
ist dieser Zeitpunkt eben noch nicht erreicht. | |
Merkel sieht die Rettung überschuldeter Länder als existenziell für den | |
Euro an. Warum liegt sie falsch? | |
Der Rettungsschirm hat wie Brandbeschleuniger gewirkt. Er nimmt den Druck | |
von Staaten wie Spanien oder Griechenland, ihre Haushalte zu konsolidieren. | |
Außerdem boxt man die Gläubiger, also etwa Banken, heraus. Sie haben von | |
hohen Renditen profitiert, die Rettungsschirme nehmen ihnen jetzt Verluste | |
ab und legen sie auf die Allgemeinheit um. Das tut mir zutiefst weh, gerade | |
weil ich ein Anhänger der Marktwirtschaft bin. | |
So einfach ist es doch nicht: Wenn die EU Griechenland unkontrolliert | |
pleite gehen ließe, müssten die Banken immense Summen abschreiben - was zu | |
einem Bankencrash führen könnte. | |
Es gibt keine preiswerte Lösung mehr, nur noch eine sehr teure, oder eine | |
katastrophale. Dass es bei einer Insolvenz erhebliche finanzielle | |
Einschnitte in Griechenland und bei Banken gäbe, bestreite ich nicht. Aber | |
ich finde richtig, ein Prinzip wirken zu lassen: Wer ein Risiko eingeht, | |
muss auch haften. Wenn man das nicht tut, sondern auf immer neue | |
Rettungsaktionen setzt, machen die Marktteilnehmer daraus ein | |
Geschäftsmodell. Dagegen kommen wir selbst mit immer größeren | |
Rettungspaketen nicht an. | |
Eine Griechenland-Pleite könnte andere Staaten mitreißen - weil | |
verängstigte Anleger sofort Riskoaufschläge für spanische oder andere | |
Staatsanleihen verlangen würden. | |
Ich glaube nicht an diese oft geäußerte Prognose. Als der US-Investor | |
George Soros in den 90ern massiv gegen das britische Pfund spekulierte, | |
hatte das kaum Auswirkungen auf andere Währungen in Europa, und Investoren | |
machten am Ende Verluste - was richtig ist. Anschließend fand ein | |
Lernprozess bei den Anlegern statt. Genauso würde es heute auch laufen. | |
14 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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