# taz.de -- Darf Griechenland bankrott gehen?: Rette sie, wer kann! | |
> Ein Bankrott Griechenlands birgt Risiken, Eurobonds sind aufwändig. Lohnt | |
> das ganze Tamtam? Ja, denn sonst wäre nicht nur Geld weg, sondern eine | |
> grandiose Idee. | |
Bild: Sieht bald ganz Griechenland so aus wie das Pantheon auf der Akropolis in… | |
Sieht ganz Athen im Jahre 2020 aus wie die Akropolis? Wer zu lange | |
Wirtschaftsnachrichten verfolgt, könnte glauben, dass Griechenland | |
zivilisatorisch kurz vor dem Abgrund steht. Und Deutschland gleich mit! | |
Wenn wir nämlich den Pleitestaat nicht bald aus der Schicksalsgemeinschaft | |
"Euro" werfen, wäre das Brandenburger Tor bald eine Ruine. | |
In den Straßen, durch die jetzt noch Touristen mit Rikschas unterwegs sind, | |
lägen als letzte Zeugen unserer Hochkultur Tausende Plastikdeckel von | |
"Dunkin Donuts"-Coffee-to-go-Bechern, ab und an stünde vielleicht ein | |
abgefackelter Server am Wegesrand, auf dem supersupergeheime Informationen | |
lagern, die aber niemanden mehr interessieren. Alle wären viel zu sehr | |
damit beschäftigt, eine Miracoli-Packung für das nächste Mahl aufzutreiben. | |
Die einzige Lösung gegen dieses Horrorszenario - da sind sich viele | |
Deutsche einig: Griechenland aus der Eurozone entfernen, pleitegehen | |
lassen. Die Griechen hätten versagt, seien verschuldet und schaffen es | |
nicht, ihren Haushalt zu konsolidieren. Die Verwaltung ist so marode, dass | |
die neue Immobiliensteuer nun mit der Stromrechnung eingezogen wird, und | |
über diese famose Idee, Inseln zu verkaufen, redet auch keiner mehr. | |
Als Happy End für das Griechen-Drama werden nun Eurobonds diskutiert, eine | |
gemeinsame Staatsanleihe aller Länder der Eurozone. Letztendlich wäre eine | |
Entscheidung für sie ein "Ja!" zur Transferunion, in der ein Staat für die | |
Schulden der anderen einsteht. Möchte man das? | |
Wir sind nicht am Anfang der Geschichte und wir stehen auch nicht am Ende. | |
Die Errungenschaft von Frieden in Europa ist gut und richtig. Wie wenig | |
selbstverständlich sie ist, wird allein schon deutlich, wenn man an die | |
Ängste Frankreichs und Großbritanniens im Angesicht der deutschen Einheit | |
denkt. | |
Aus reiner Friedensliebe wäre eine weitergehende Union zu befürworten, die | |
sogleich einen Konstruktionsfehler des Euro behebt. Schon vor seiner | |
Einführung wurde diskutiert, ob eine monetäre Einheit ohne eine fiskalische | |
gut gehen kann. In einfachen Worten: Können wir eine gemeinsame Währung | |
haben, wenn wir nicht die Steuerpolitik miteinander abstimmen? | |
## Die schlechteste aller Lösungen | |
Eine Europäische Zentralbank und eine Schuldenobergrenze, so mutmaßte man | |
schon Ende der 90er - im europhorischen Hoch - genügt nicht. Tat es auch | |
nicht. | |
Eurobonds kämen also als langfristige, friedenssichernde Rettungsmaßnahme | |
in Betracht, drängen sich gar auf, sind jedoch keine Lösung, die rasch | |
wirksam wird. Schließlich gäben die Euroländer, um diese Anleihen | |
einzuführen, ihr Recht auf, eigene zu emittieren. Ein solch gewaltiges | |
Vorhaben wäre nur dann zu verantworten, wenn solide Kontrollen getestet und | |
eingeführt würden - als wichtigste Lehre aus der Euroeinführung. | |
Bis die aber stehen, wäre Griechenland schon längst pleite. Die | |
Rettungsgelder werden jetzt gebraucht, denn ein Staatsbankrott wäre die | |
schlechteste aller Lösungen: Weil das Geld weg ist, aber auch, weil es | |
keine Vorgaben und keinen erprobten Pfad für einen solchen Bankrott gibt. | |
Staatspleiten hat es zwar gegeben und sie sind wie beispielweise in | |
Argentinien auch überlebt worden. | |
Aber wir haben uns nicht für ein gemeinsames Europa entscheiden, um ein | |
Land fallen zu lassen, wenn es schwierig wird. Es gibt die Wirtschaftsunion | |
nicht, um sich gegenseitig auszuspielen. Das ist der Unterschied zu | |
Argentinien, das nach Silber benannt wurde und trotzdem keines mehr hatte. | |
Man muss das Getöse aus dem, was die Kanzlerin sagt, was der Minister sagt, | |
was der sagt, der gerne Kanzler wäre, beiseite schieben und erkennen dass | |
wir jetzt eine Entscheidung treffen müssen: Glauben wir noch an die Idee | |
eines irgendwie vereinten Kontinents oder nicht? | |
Die Folgen eines Staatsbankrotts oder eines höchst illegalen Rauswurfs aus | |
der Eurozone wären unkalkulierbar. Griechenland vom Ergebnis der einen oder | |
anderen Rechnung abhängig zu machen, wird der großen europäischen Sache | |
nicht gerecht. Das Land muss gerettet werden. Um jeden Preis. Für die | |
Touristen, für den Coffee to go und die Welt, wie wir sie kennen. | |
13 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Natalie Tenberg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Euro-Krise: Ein Euro, drei Krisen | |
Was genau treibt die EU in den Abgrund? Wer die Verwerfungen analytisch | |
auseinanderhält, erkennt: Den Euro kann jetzt nur noch ein Wunder retten. | |
Frank Schäffler über EU-Hilfen für Athen: "Wir werden siegen" | |
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler will den Euro-Rettungsschirm | |
loswerden. Dafür kämpft er. An einen Zerfall der schwarz-gelben Regierung | |
glaubt er aber nicht. | |
Krise in Griechenland: 20.000 Staatsdiener sollen gehen | |
Griechenlands Staatsbetriebe müssen Federn lassen: Athen hat angeordnet, | |
dass sich mehr als 150 Unternehmen binnen eines Jahres von zehn Prozent | |
ihrer Angestellten trennen müssen. | |
Schuldenkrise Griechenland: "Es geht um viel" | |
Die Kanzlerin hat Spekulationen über eine mögliche Insolvenz Griechenlands | |
strikt zurückgewiesen. Damit geht sie auf Konkfrontationskurs zu | |
Vizekanzler Rösler. | |
Neues Zwejahrestief an der Börse: Griechenland zieht Dax runter | |
Der Deutsche Aktienindex rutscht wegen der Griechenland-Sorgen auf ein | |
neues Zwei-Jahres-Tief. Finanzpolitiker diskutieren angeblich Planspiele | |
für eine Pleite Griechenlands. | |
Kommentar Griechenland: Papandreou heizt den Protest an | |
Mit eine Kopfsteuer nach osmanischem Vorbild will Ministerpräsident | |
Papandreou weiter sparen. Dabei steckt das größte Sparpotential anderswo. | |
Griechische Schuldenkrise: Eigentum abkassiert | |
Im Kampf gegen die Schulden verhängt der griechische Premier eine neue | |
Immobiliensteuer. Davon verspricht sich die Regierung sofortige Einnahmen | |
von zwei Milliarden Euro. | |
EU-Politiker über Wirtschaftspolitik: "Die EU-Bürger wollen den Euro" | |
Die Europäische Union braucht eine Wirtschaftsregierung, die auch | |
Sanktionen verhängen kann. Das meint zumindest der EU-Politiker Guy | |
Verhofstadt. | |
Schlechte griechische Wirtschaftsprognose: Papandreous Durchhalteparolen | |
Angesichts einer schlechten Wirtschaftsprognose zeigt Griechenlands | |
Ministerpräsident Kampfgeist. Gekämpft wird auch auf der Straße. Und einer | |
wappnet sich bereits für die Pleite. |