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# taz.de -- Steuerabkommen mit der Schweiz: Statt Kapitulation ginge auch Attac…
> In den USA war man mit juristischem Druck auf Banken erfolgreich.
> Deutschland aber verzichtet im Abkommen mit der Schweiz für geringe
> Nachzahlungen auf Strafverfolgung.
Bild: Unzufrieden mit Schwarz-Gelb wegen der Steuerpolitik.
BERLIN taz | Die Bundesregierung lässt sich nicht beirren: Ungeachtet der
Kritik von Opposition, Verbänden, Finanzbeamten und Strafverfolgern hat das
Kabinett am Mittwochmorgen das umstrittene Steueramnestie-Abkommen mit der
Schweiz gebilligt; am späten Nachmittag wurde der Text im Finanzministerium
unterzeichnet und dann veröffentlicht.
Deutschland verzichtet darin gegen eine einmalige Nachversteuerung und eine
künftige anonyme Quellensteuer auf Strafverfolgung - sowohl von
Steuerflüchtigen als auch von Banken, die Beihilfe leisten. Gerechtfertigt
wird diese Sonderbehandlung damit, dass die Schweiz zu weiteren
Zugeständnissen nicht bereit war - und geringe, anonyme Steuerzahlungen
doch besser seien als nichts.
In den USA stößt diese Argumentation auf Verwunderung. "Ich kann nicht
verstehen, dass Deutschland vor der Schweiz kapituliert, statt zu kämpfen",
sagt Jack Blum der taz. Der Finanzanwalt, der die US-Regierung ebenso berät
wie die Vereinten Nationen und das Tax Justice Network, verweist zur
Begründung auf die scharfen Maßnahmen, mit denen die Vereinigten Staaten
gegen Steuerflucht vorgehen.
Das sind zum einen neue Gesetze: Mit dem "Foreign Account Tax Compliance
Act", kurz Fatca, werden Finanzinstitutionen auf der ganzen Welt gezwungen,
der amerikanischen Steuerbehörde die Konten sämtlicher US-Bürger
mitzuteilen, um Schwarzgeld aufspüren zu können. Eine Weigerung wird für
die Banken teuer: Sie müssen dann von sämtlichen Erlösen aus den USA 30
Prozent Steuern abführen. Verabschiedet wurde Fatca im letzten Jahr, gültig
ist es von 2013 an. "Die großen Banken werden sich dem beugen müssen", sagt
Blum. Bereits jetzt arbeiten sie weltweit an der Umsetzung, um die hohen
Strafzahlungen zu verhindern.
## Ungültige Kreditkarten
Ein weiteres Gesetz, das im Juli in den Kongress eingebracht wurde, würde
den Druck noch weiter erhöhen. Der "Stop Tax Haven Abuse Act" sieht strenge
Strafen für Staaten und Institutionen vor, die nicht mit der
US-Steuerverwaltung kooperieren. So könnte es US-Banken verboten werden,
Geschäfte mit unkooperativen Staaten zu machen; selbst Kreditkarten aus
diesen Ländern wären dann in den USA wertlos. Zudem würde die
Unschuldsvermutung umgekehrt: Alle Gelder, die von den USA in solche
unkooperativen Steueroasen fließen, würden bis zum Beweis des Gegenteils
demjenigen als zu versteuerndes Vermögen zugerechnet, der sie dorthin
transferiert hat. "Der Missbrauch von Steueroasen untergräbt nicht nur das
Vertrauen in unser Steuersystem, er erhöht auch die Steuerlast der
Mittelschicht", sagte der demokratische US-Senator Carl Levin zur
Begründung für die weitreichenden Pläne. "Die Menschen haben genug von
solchen Tricksereien."
Neben neuen Gesetzen setzen die USA zum anderen auf die konsequente
Anwendung der bestehenden. Großes Aufsehen erregte 2008 ein Verfahren gegen
die Schweizer Großbank UBS, bei dem Mitarbeiter der Bank wegen Beihilfe zur
Steuerhinterziehung angeklagt wurden. Um die Verfahren abzuwehren, stimmte
die Bank 2009 einer Strafzahlung von 780 Millionen Euro zu - und übergab
den US-Behörden die Kontodaten von 4.000 Steuerflüchtigen.
## Schweizer Bankgeheimnis erstmals geknackt
Damit war das Bankgeheimnis der Schweiz erstmals offiziell geknackt, und
die USA konnten Nach- und Strafzahlungen von mehreren Milliarden Dollar
eintreiben. Ähnliche Ermittlungen laufen derzeit gegen Mitarbeiter der
Großbank Credit Suisse. "Der unmittelbare Druck der USA auf die Banken ist
eine sehr erfolgreiche Strategie", urteilt der Brite Nicholas Shaxson,
Mitarbeiter des Tax Justice Network und Autor des aktuellen
Steueroasen-Buchs "Schatzinseln".
In Deutschland haben die Schweizer Banken hingegen von den Gerichten nichts
befürchten. Gegen Credit Suisse wurde zwar auch hier wegen Beihilfe zur
Steuerhinterziehung ermittelt. In dieser Woche konnte die Bank jedoch
aufatmen - sie hat einen Deal mit der Staatsanwaltschaft Düsseldorf
erreicht. Gegen eine Zahlung von 150 Millionen Euro wird das Verfahren
eingestellt; Kontendaten müssen nicht offengelegt werden.
In Zukunft wären entsprechende Verfahren ohnehin nicht mehr möglich: Das
Abkommen mit der Schweiz sieht ausdrücklich Straffreiheit für Banken vor.
"Deutschland will sich offenbar nicht mit den Banken und den reichen
Steuerflüchtlingen anlegen", stellt US-Berater Jack Blum verwundert fest.
"Das ist eine politische Entscheidung."
21 Sep 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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