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# taz.de -- Korruption in Frankreich: Für Sarkozy wird es jetzt eng
> Staatspräsident in arger Bedrängnis: In einer Unterschlagungs- und
> Schmiergeldaffäre wird nun gegen zwei enge Vertraute Sarkozys ermittelt.
Bild: Unter Druck: Staatschef Nicolas Sarkozy.
PARIS taz | Gegen zwei enge Vertraute des französischen Präsidenten,
Thierry Gaubert und Nicolas Bazire, wird seit vier Tagen in einer
hochbrisanten Unterschlagungs- und Schmiergelderaffäre ermittelt, die in
Frankreich als "Karatschigate" bekannt ist.
Für Nicolas Sarkozy wäre diese Untersuchung schon brenzlig genug. Jetzt
wurde zudem bekannt, dass der frühere Innenminister Brice Hortefeux der
Justiz offenbar zuvorkommen wollte. Er hat Sarkozys langjährigen
Mitarbeiter Thierry Gaubert mehrere Tage vor dessen Befragung in
Polizeihaft gewarnt, dass gegen ihn sehr belastende Aussagen vorlägen. Weil
Gauberts Telefongespräche vor seiner Festnahme von der Polizei abgehört
wurden, hat Hortefeux seinen Jugendfreund Sarkozy mit seiner unvorsichtigen
Einmischung in Erklärungsnöte gebracht.
Denn die Medien wollen wissen: Wie kamen Hortefeux und die Staatsführung zu
vertraulichen Informationen aus den Ermittlungsakten? "Dass diese Affäre im
Élysée-Palast Panik auslöst, ist schon fast ein Euphemismus", meint das
Provinzblatt La Charente Libre.
Ursprünglich geht es um Schmiergelder, die die staatliche Rüstungswerft DCN
Mitte der 90er Jahre bei Rüstungsgeschäften mit Pakistan und Saudi-Arabien
bezahlte. Dank der Vermittlung des französisch-libanesischen Waffenhändlers
Ziad Takieddine sollen aber wesentliche Teile der Korruptionssummen nach
Frankreich zurückgeflossen und der illegalen Finanzierung der
Präsidentschaftskampagne des Gaullisten Edouard Balladur gedient haben.
Zwei Frauen ist es zu verdanken, dass die Ermittlungen nun die Staatsspitze
in Bedrängnis bringen. Wie schon Takieddines Exgattin Nicola hat vor allem
Gauberts Nochehefrau, Helene von Jugoslawien, vor dem Untersuchungsrichter
gesungen: Ihr Mann sei in jenen Tagen jeweils mit Takieddine in die Schweiz
gereist und mit Taschen voller Bargeld zurückgekommen, das er dann
Balladurs Kabinettschef und Wahlkampfleiter Bazire übergeben habe. Bazire
ist auch ein enger Freund von Sarkozy.
## Exgastgeber könnte plaudern
Der heutige Präsident war Balladurs Kampagnensprecher und zugleich
Haushaltsminister. In dieser Regierungsfunktion musste er die Zahlung der
damals noch nicht verbotenen "Exportkommissionen" (Korruption) bewilligen.
Er gründete dazu mit Bazire laut Polizeibericht in Luxemburg die Holding
Heine, deren Zweck es war, die Schmiergelder an ihre Empfänger zu
transferieren. Wozu hat die Holding aber noch bis vor wenigen Jahren weiter
existiert?
Der 1995 gewählte Präsident Jacques Chirac ließ die Zahlung noch
ausstehender Bakschisch-Beträge an pakistanische Militärs stoppen. Das soll
das Motiv für einen Anschlag in Karatschi (Pakistan) gewesen sein. Elf
Ingenieure der DCN und drei Pakistaner starben in Mai 2002 bei einem
Bombenattentat auf einen Bus. Diese Blutspur nach Pakistan brachte die
Medien auf den Namen "Karatschigate".
Weitere Erkenntnisse erhofft sich der unabhängige Untersuchungsrichter Van
Ruymbeke nun von neuen Befragungen der Schlüsselfigur Takieddine, gegen den
er bereits vor der Festnahme von Gaubert und Bazire ein Verfahren eröffnet
hatte. Dieser Milliardär spielte nicht nur bei der Verteilung der
Schmiergelder bei den Rüstungsverträgen mit Pakistan und Saudi-Arabien eine
zentrale Rolle.
Er trat später auch im Schatten des heutigen Staatschefs bei Kontakten mit
Baschar al-Assads Syrien und bei geheimen Verhandlungen über Erdölverträge
mit Gaddafi oder unlängst noch bei der angeblichen Lieferung eines speziell
ausgerüsteten Fluchtfahrzeugs an den libyschen Staat in Erscheinung.
Takieddine war stets ein guter Freund der Regierungspartei UMP. Auf den vom
Onlinemagazine "Mediapart" publizierten Fotos vom gemeinsamen Urlaub
posiert Takieddine vor dem Pool mit Hortefeux und Parteichef Copé. Jetzt
haben diese nur eine Angst: dass ihr generöser Exgastgeber plaudert.
25 Sep 2011
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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